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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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gehört, nix gesehen, Gott ist mein Zeuge.« Pretorius rieb sich den Hals. »Bei allen Engeln, Sie haben kräftige Hände, verehrtes Fräulein Teresa, sehr kräftige Hände.«
    »Ich glaube, wir gehen alle wieder ins Bett. Aufregung hatten wir für heute genug.« Baltasar gähnte. »Pater Pretorius, sollen wir Ihnen helfen?«
    »Geht schon. Ich bleib noch einen Moment sitzen, um mich zu sammeln. Das war heute zu viel für mich. Gute Nacht, Fräulein Teresa, schlafen Sie gut.«
    Baltasar schleppte sich zurück ins Schlafzimmer, ließ sich aufs Bett fallen und rollte sich in die Zudecke. Endlich Ruhe. Er klopfte das Kissen zurecht. Ruhe. Schlafen. Träumen.
    Es konnten höchstens ein paar Minuten gewesen sein, die er weggedöst war. Plötzlich ein Krachen. Kurz darauf ein Schrei.
    Nicht schon wieder, dachte er. Lieber Gott, mach, dass es nur ein Traum ist, ein schlechter Traum. Baltasar hob den Kopf. Leider war es kein Traum, sondern Wirklichkeit. Geräusche auf dem Gang, unüberhörbar. Er seufzte, suchte sich seine Hose. Ärger kroch in ihm hoch. Konnte man denn nicht mal eine Nacht durchschlafen? Schlaftrunken torkelte er aus dem Zimmer und schaltete das Licht ein.
    Auf dem Boden im Flur saß Teresa. Sie weinte. Der Pater lag ausgestreckt vor ihr, Teresa hielt seine Hand. Baltasar ging näher heran.
    Pretorius hatte die Augen geschlossen, er lag da wie tot. Und überall auf dem weißen Nachthemd waren rote Flecken, die feucht glänzten. Es war Blut. Überall Blut.
    32
    D as sieht übel aus.« Der Arzt beugte sich über den ohnmächtigen Pretorius. »Eine offene Wunde am Hinterkopf, blutend. Puls ist schwach, aber fühlbar. Immerhin etwas. Ich kann nur die Notversorgung machen. Wir brauchen einen Krankenwagen.« Er rief die Notzentrale an. »Übrigens, Herr Pfarrer, ich werde gleich auch die Polizei verständigen.«
    Baltasar nickte. Er hatte Doktor Knoll, den Hausarzt, aus dem Bett geklingelt. Dem Himmel sei Dank – innerhalb weniger Minuten war der Mediziner ins Pfarrhaus gekommen. Baltasar hatte bis dahin die Wunde mit einer Mullkompresse abgedeckt, die er im Verbandskasten gefunden hatte. Das Blut war überall, am Nachthemd, auf dem Boden, im Gesicht von Pater Pretorius.
    Teresa saß am Küchentisch und hielt eine Tasse in der Hand. Ihr Kaffee musste längst kalt sein. »Wie konnte nur passieren?« Sie schüttelte den Kopf. »Wie konnte passieren? Ist Herr Pretorius ausgerutscht? Er hätte nicht so viel trinken sollen.«
    Baltasar versuchte sie abzulenken. »Die Polizei wird gleich da sein. Vielleicht setzen Sie frischen Kaffee auf?«
    Die Haushälterin stand auf. »Ja, richtig, wir bekommen Gäste. Warum die Polizei?«
    »Reine Routine. Weil der Unfallvorgang unklar ist.« Er wollte Teresa nicht noch mehr aufregen. Ihm war klar, dass das kein Unfall war. Pretorius war niedergeschlagen worden. Eine beunruhigende Erkenntnis.
    Der Krankenwagen fuhr vor. Doktor Knoll gab den Sanitätern Anweisungen, besprach Details der Verletzung und worauf beim Transport zu achten sei. Obwohl es erst dämmerte, waren in der Nachbarschaft einige Lichter angegangen. Die ungewohnte Aktivität im Pfarrhaus lockte Neugierige ans Fenster.
    »Ich kann jetzt nichts mehr tun.« Knoll packte seine Arzttasche. »Im Laufe des Vormittags wissen wir mehr. Kommen Sie einfach in meine Praxis, ich werde mir die Informationen vom Krankenhaus besorgen und halte Sie auf dem Laufenden, Herr Pfarrer.«
    »Danke, dass Sie so schnell da waren.« Baltasar verabschiedete sich. »Also, bis später.«
    Nachdem die Sanitäter und der Arzt gegangen waren, sah er sich auf dem Flur um. Dunkle Flecken markierten die Stelle, an der Pretorius gelegen hatte. Was war vorgefallen? Auf dem Gang waren keine Spuren eines Kampfes zu erkennen. Er hatte zu dem Zeitpunkt im Bett gelegen, die Haushälterin war in ihrem Zimmer gewesen. Er warf einen Blick in die Toilette. Alles sah aus wie sonst auch.
    Das Arbeitszimmer, durchfuhr es Baltasar. Es lag schräg gegenüber des Gästezimmers. Er öffnete die Tür zu seinem Büro – und zuckte zurück. Schubladen waren aufgerissen, der Schrank stand offen, auf dem Schreibtisch herrschte ein einziges Durcheinander von Blättern, Akten und Schreibutensilien. Kein Zweifel: Jemand hatte diesen Raum durchsucht. Baltasar schloss das Zimmer ab. Das war ein Fall für Spezialisten. Er ging bis zum Ende des Gangs, wo er einen Knick nach links machte, und wusste nun, wie der Einbrecher eingedrungen war: Das Glasfenster der Tür zum Hinterhof

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