Sträflingskarneval
er Raoul zu sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr, worauf dieser besorgt die Stirn runzelte. Gillean schenkte er dabei ein besänftigendes Lächeln und setzte sich anschließend ganz in seine Nähe.
Trotz der höflichen Worte konnten Ryan und seine Freunde die plötzlich klamme, unerklärliche Atmosphäre, welche sich im Raum ausgebreitet hatte, nicht vertreiben. Ryan spürte sie bis unter die Haut, obgleich er sie nicht einzuordnen vermochte. Es war eine Mischung aus gegenseitiger Neugier, Skepsis und Furcht. Selbst ein Hauch von Gefahr lag in der Luft. Aus den Augenwinkeln beobachtete er den alten Mann und Raoul, die sich leise auf Spanisch unterhielten. Das Gespräch ging offensichtlich um ihn und seine Freunde, aber ob positiv oder negativ war nicht herauszuhören, umso unangenehmer empfand er es, nicht zu wissen, über was sie sprachen. Ein flüchtiger Blick zu Aidan sagte ihm, dass er genauso empfand.
„Entschuldigt bitte“, bedeutete Raoul einige Momente später. „Es haben sich seit eurer Ankunft ein paar Dinge ergeben, die leider nur auf eines schließen lassen: Ihr seid nicht alleine nach Spanien gekommen.“
„Hinthrone?“, rief Ryan entsetzt und erntete darauf ein Kopfnicken von Raoul und dem alten Mann.
„Aber… wie ist das möglich?“ Kimberly wollte es nicht glauben.
„Woher weiß er denn, wo wir sind?“ Gillean begann nervös auf dem Stuhl herumzurutschen.
Diese neue Tatsache trug keinesfalls zur Beruhigung der Allgemeinheit bei, daher war es umso erstaunlicher, wie gelassen Raoul und der alte Mann blieben.
„Alles zu seiner Zeit. Ich möchte mich erst einmal vorstellen. Mein Name lautet Álvaro Luengo“, sagte er freundlich. „Ich bin gegenwärtig das höchste Clanmitglied der Djed und war eng mit Colin Donnan befreundet. Raoul kennt Ihr bereits. Raoul ist mein Großneffe.“ Er hielt einen Moment inne und ließ seinen Blick über die Anwesenden wandern, bis er Gillean direkt in die dunklen Augen sah. „Du bist also Raouls Sohn Gillean. Ich kannte deine Mutter und es tut mir sehr leid für dich, dass sie bereits so früh von uns gehen musste.“ Dann wandte er sich an die andere Seite des Tisches. „Und du musst Colins Urenkel sein?“, fragte er Ryan, der Gillean gegenübersaß.
„Ja, mein Name ist Ryan Tavish“, antwortete er und wusste nicht, was er von diesem Mann halten sollte. Zumindest war er höflich.
„Demnach sind Sie Lawren McGrath“, schlussfolgerte Álvaro Luengo und fixierte den Angesprochenen. „Sie waren früher Colins Spion, wenn Raoul mir das eben richtig erklärt hat.“
„So ist es“, bestätigte Lawren und entspannte sich ein wenig. „Und das hier ist Kimberly, Gilleans Freundin“, stellte er nun seinerseits die übrig gebliebenen vor. „Und dieser junge Mann hier ist mein Sohn Aidan.“
„Es freut mich aufrichtig, Euch begrüßen zu dürfen“, entgegnete Álvaro und schien es auch so zu meinen. „Leider haben wir nicht genügend Zeit den gesamten Rat zusammenzutrommeln, doch ich als der Oberste kann Euch hoffentlich weiterhelfen. Normalerweise ist es Außenstehenden nicht gestattet unser Hauptquartier zu betreten, müsst Ihr wissen. Außer Colin und Cecilia durfte es bisher noch kein anderer. Doch Raoul hat mir vorhin schon am Telefon die Dringlichkeit geschildert und Ihr seid Freunde der Djed , was unseren Standpunkt natürlich verändert. Es tut mir leid, dass ich so gnadenlos ehrlich bin, aber unsere Regeln sind nicht nur Jahrtausende Jahre alt, sondern haben uns bis heute auch das Überleben gesichert.“
„Umso mehr fühlen wir uns geehrt, dass Sie uns empfangen“, antwortete Lawren aufrichtig. „Wir wären auch niemals Hals über Kopf nach Spanien gereist, wenn die Situation es nicht erfordert hätte. Denn der Schatten, der uns folgt, ist hinter dem gehüteten Schatz her.“
Daraufhin bat Álvaro Luengo darum, alles erfahren zu dürfen und Lawren berichtete ihm, was geschehen war. Er erzählte von seiner Spionage bei den Formori, von Bartholemeus Hinthrones Verrat am Druidenorden, vom Überfall auf Omey Island und seine Rolle darin. Anschließend von seiner und Aidans Inhaftierung, der Wiedereinführung des alten Gesetzes, Hinthrones Erpressungsversuchen und was sie bisher alles unternommen hatten, um den Schatz vor falschen Händen zu schützen. Am Ende zog er den Brief von Colin aus der Hosentasche und reichte ihn an Álvaro weiter.
Dieser las ihn höchst konzentriert und schmunzelte abschließend. „Colin liebte Rätsel
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