Sträflingskarneval

über alles, und er hat die Hinweise sehr gut in Worte gekleidet. Einem Unwissenden wäre es nicht möglich zu erfahren, was sich dahinter verbirgt. Das heißt aber auch, dass Colin Sie als Wächter sehr gut unterrichtete, Mr. McGrath.“
    „Das hat er“, lächelte Lawren. „Er hat mir die gesamte Geschichte erzählt. Nur leider konnte Colin seinen Urenkel vor seinem Tod nicht mehr über das geheime Wissen in Kenntnis setzen. Ich bedauere sehr, dass Ryan es auf diese Art und Weise erfahren muss.“
    „Wohl war“, stimmte ihm Álvaro zu. „Da uns aber die Zeit davonläuft, ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, auch den letzten Unwissenden im Raum die volle Wahrheit zu offenbaren.“
    Dem widersprach niemand und alle Blicke waren auf Álvaro Luengo gerichtet.
    „Was ist das Wissen wirklich? Warum ist Hinthrone so versessen darauf?“, platzte Gillean heraus und ergriff unter dem Tisch Kimberlys Hand. Diese Berührung beruhigte sie beide.
    „Wer oder was sind denn eigentlich die Djed ?“, schloss sich Aidan an, der seinerseits vorsichtig nach Ryans Hand griff.
    „Dann hört gut zu und bildet euch anschließend Eure eigene Meinung“, verkündete Álvaro, der die Fragen durchaus verstand. So würde es jedem Unwissenden ergehen. „Zuerst solltet ihr wissen, wer die Djed überhaupt sind und woher unsere Urväter stammen. Die Djed sind die Ahnen der Assyrier und Ägypter. Es hört sich vielleicht jetzt im ersten Moment in euren Ohren seltsam an, doch wir … besser gesagt: unser archaischer Stamm … gehörte damals zu den ersten Hochkulturen des Altertums. Vergesst alles, was ihr bisher darüber gehört und gelernt habt, denn es ist falsch! Vormals lebten die Djed im heutigen Irak, dort begannen sie das erste Wissen der damaligen Zeit zu sammeln, das bis dahin von Generation zu Generation mündlich weitergegeben worden war. Wissen ist seit jeher eine unserer wichtigsten Lebensphilosophien. Unsere Vorfahren erforschten als Erste die Natur und lernten alles über die vier Elemente. Sie hinterfragten alles, zum Beispiel wie die Elemente entstanden und wozu sie genutzt werden konnten. Ihnen sind auch die ersten schriftlichen Aufzeichnungen der Geschichte zu verdanken, aus denen sich später das Altägyptische ableitete. Diese Schriften sind bis heute keinem Archäologen bekannt, denn sie werden von uns gesondert geschützt. Ihr Inhalt würde jeden modernen Wissenschaftler vor Neid erblassen lassen. Aber ich schweife ab … zur damaligen Zeit hatten sich auch andere, feindlich gesonnene Menschenstämme gebildet, die allerdings, statt Wissen zu sammeln und es nutzbringend einzusetzen, viel lieber Waffen schmiedeten und Kriege führten. So gerieten die Djed immer öfter zwischen die Fronten und in den ersten fünfhundert Jahren starben viele von uns bei blutigen Auseinandersetzungen. Daher wanderten die Überlebenden gemeinsam nach Ägypten aus. Dort vermischten sie sich mit den wenigen Menschen, die zu dieser Zeit im Nildelta lebten. Dabei entstand auch die ägyptische Schrift, die mittlerweile als Hieroglyphenschrift bekannt ist. Anders ausgedrückt, die gesamte Bildung der Ägypter basiert auf den Erkenntnissen der Djed , selbst die späteren Pyramiden … oder eher die Idee dazu und die unterschiedlichen Entwürfe, ebenso das mathematische Können, die Astronomie, die Heilkunde und die Mumifizierung.“
    Álvaro machte eine Pause und seufzte. Es schien, als sei er gedanklich in jene Zeitepoche eingetaucht, von der er so stolz sprach. „Aber wie uns die Geschichte erzählt“, fuhr er fort, „blieben weitere Eroberungskriege nicht aus. Die Perser versuchten ihr Reich zu vergrößern, die Römer ebenso. Viele der Djed sind in den kommenden Jahrhunderten immer weiter nach Norden ausgewandert, haben sich versteckt und versuchten immer wieder das niedergeschriebene Wissen und die bis dahin angesammelten Schätze der Antike zu schützen, während sie weiter forschten und noch mehr Wissen anhäuften. Einige von ihnen gerieten jedoch in die Hände der persischen Invasoren. Ihr Glück, dass sie das überlebten, war Alexander dem Großen zu verdanken. Auf seinem gewaltigen Eroberungsfeldzug, in dem er versuchte die Länder der Antike unter seinem großen Banner Makedoniens zu vereinen, lernte er bei der Befreiung Babylons die gefangenen Djed kennen. Er schloss mit ihnen ein Bündnis, das ihnen erlaubte, sich auf der Suche nach neuem Wissen frei zu bewegen. Kurz vor seinem Tod schloss er sich den Djed sogar an und gelobte mit