Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Kochgeschirrdeckel mit Wasser, kam zurück und begann die Brust des Professors zu massieren. Deutschmann klopfte mit der flachen Hand die Herzgegend ab.
    »Gib ihm doch ein Herzmittel!« sagte Schwanecke.
    »Ich habe nichts hier, nur Sympathol!«
    »Dann gib's ihm doch!«
    »Das hilft nicht.«
    »Das ist doch wurscht. Vielleicht hilft's doch. Wir müssen den Kerl durchkriegen. Er ist in Ordnung. Krüll – dieses Schwein – dieses verfluchte Schwein!«
    Deutschmann nahm aus einer Sanitätstasche ein kleines Fläschchen heraus und träufelte fünfzehn Tropfen auf einen Löffel. Schwanecke schob seinen dicken Zeigefinger zwischen die verkrampften Lippen des Ohnmächtigen und drückte den Mund auf. Vorsichtig schüttete Deutschmann die Tropfen hinein. Dann massierten sie wieder die Brust und die Herzgegend.
    »Soll ich Schnaps besorgen?« fragte Schwanecke.
    »Nein, das hat keinen Zweck.«
    »Er muß durchkommen«, sagte Schwanecke wieder, »Krüll, dieses Schwein, dieses verfluchte Schwein! Wenn ich den einmal erwische …«
    »Er wird durchkommen – jedenfalls scheint es mir so«, sagte Deutschmann schwitzend, als der Professor regelmäßiger zu atmen und leise zu stöhnen begann. Aber er war immer noch ohnmächtig.
    »Na, kommst du nun mit oder nicht?« fragte Schwanecke.
    Deutschmann schwieg.
    »Willst du wirklich hier verrecken? So wie der da? Auch wenn er durchkommt, wird er irgendwann verrecken – spätestens dann, wenn ihn die Russen umlegen!«
    »Halt den Mund!« sagte Deutschmann.
    »Jaja, ist schon gut. Meinetwegen verrecke. Mir ist's gleich.«
    Sie arbeiteten schweigend weiter. Als es den Anschein hatte, daß es nichts mehr zu tun gab, deckten sie den Professor mit zwei Decken zu. Dann setzten sie sich zu beiden Seiten des Schlafenden und stierten vor sich hin auf den Boden. Sie hatten sich nichts mehr zu sagen. Oder doch? Hatte Schwanecke am Ende doch recht, fragte sich Deutschmann. War es wirklich so, wie er sagte? Was hielt ihn noch hier zurück? Warum griff er nicht mit beiden Händen zu? Denn es war eine Chance durchzukommen, während hier?
    Als Obermeier plötzlich eintrat, erhoben sie sich nicht. Sie bemerkten ihn erst, als er am Bett stand.
    »Krüll?« fragte der Oberleutnant.
    Deutschmann nickte. »Irgend etwas muß er ja tun.«
    Wortlos, mit einem bleichen, böse-verbissenen Gesicht verließ Obermeier das Revier.
    In der darauffolgenden Nacht tobte Krüll wie ein wildgewordener Stier im Dorf herum – und dann wieder schlich er bedrückt durch die Straße von Haus zu Haus, aus einer Unterkunft in die andere. Oberleutnant Obermeier hatte ihm wegen des Professors eine fürchterliche Zigarre verpaßt. Aber die Zigarre allein wäre nicht so schlimm gewesen: In seiner langjährigen militärischen Laufbahn hatte er gelernt, die Maßregelungen der Vorgesetzten gleichgültig von sich abzuschütteln wie ein nasser Hund das Wasser. Doch weitaus unangenehmer war die Tatsache, daß ihm Obermeier befohlen hatte, wieder hinaus in die Gräben zu gehen, um die Arbeit dort zu beaufsichtigen und vor allem die fertiggestellten Grabenstücke auszumessen.
    »Sie haben sich ja zu einem Fachmann im Messen entwickelt, Oberfeldwebel«, hatte Obermeier zu ihm gesagt. »Oder stimmt es nicht?« Krüll hatte die Hacken zusammengeschlagen und heiser bestätigt:
    »Jawohl, Herr Oberleutnant.«
    Und dieses stumpfsinnige Jawohl tat ihm innerlich so weh, daß er aus einer Stimmung in die andere fiel, aus wütendem Toben in verbissenes, ahnungsvolles Schweigen.

Am gleichen Abend erhielt Hauptmann Barth in Orscha den Einsatzbefehl der Division.
    Was Wiedeck geahnt hatte, als er die Sonderzuteilungen an Schnaps beim Furier sah, was Krüll und die anderen befürchteten, ohne zu wissen, was es eigentlich war, wovor sie Angst hatten, war mit einem kurzen Schreiben und einem Telefonanruf Wahrheit geworden. Hauptmann Barth las den Einsatzbefehl durch, las ihn zum zweitenmal, blieb eine Weile regungslos sitzen und kurbelte dann die Division an. Er verlangte den Adjutanten, einen Hauptmann, der sich sofort meldete.
    »Ach, Barth – Sie sind es«, sagte er jovial. »Ich habe eben an Sie gedacht – und wenn ich ehrlich sein soll, habe ich auch Ihren Anruf erwartet.«
    »Dann wissen Sie, worüber ich mit Ihnen sprechen will?«
    »Aber klar.«
    »Wie haben Sie sich das eigentlich vorgestellt? Warum müssen das gerade wir machen?«
    »Da fragen Sie noch? Es ist zwar nicht die Regel, daß eine Einheit, wie Ihre solche heiklen Unternehmen

Weitere Kostenlose Bücher