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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kämmte das Gelände ab. Wie aufgestöberte Füchse lagen Tartuchin und Mischa hinter ihrem Schneehaufen, flach wie ein Stück der verschneiten Erde. Aber die Kugeln pfiffen weit weg und hoch über ihnen durch die Luft. Sie begannen wieder zu schießen.
    Schwanecke robbte flach, mit schlangenhaften Bewegungen, zu Peter Hefe. Sein Gesicht war verzerrt. »Der Draht war durchgeschnitten!« sagte er.
    »Wir wären alle im Eimer ohne dich.« Unteroffizier Hefe hob den Kopf etwas an und preßte ihn sofort wieder in den Schnee, als knapp über ihn eine Garbe zischte und sofort danach eine zweite den Schnee vor ihnen aufwirbelte. Ohne zu zielen, drückte er den Abzugshahn durch und jagte einen langen Feuerstoß gegen das Gebüsch.
    »Mensch – gib her, so kann man das nicht!« sagte Schwanecke ärgerlich. Er war bereits dreimal in Rußland gewesen, er kannte die Gegner, er kannte sie so gut, wie er sich selber kannte.
    Peter Hefe gab ihm die Maschinenpistole, als wäre er froh, sie loszuwerden. Als Schwanecke das kalte Metall berührte, ging mit ihm eine plötzliche wunderliche Veränderung vor. Er wurde eins mit der Waffe, als wäre diese zu seinem verlängerten, gefährlichen Arm geworden, mit dem er umzugehen verstand, als wäre er mit einer Maschinenpistole in der Hand geboren worden. Während die anderen zur Mitte sammelten – Wiedeck zog den verwundeten Hugo hinter sich her –, rollte Schwanecke in seine Schneeverwehung und wühlte sich hinein wie ein Schneehuhn, das Gefahr wittert. Sicher und ohne lange zu zielen, schoß er Punktfeuer auf jeden Busch, wechselte das Magazin, schoß wieder. Wie Tartuchin und Mischa war auch er jetzt in seinem Element. Seine Sinne reagierten mit dem Instinkt eines Tieres, blitzschnell, völlig sicher. Er dachte nicht an die Gefahr, die ihm von seinem Gegner drohte. Er wollte nur noch töten.
    Er hörte auf zu schießen. Es hatte keinen Zweck, wenn er kein Ziel sah. Still, als sei nichts geschehen, lag die schneeverwehte Straße in der weiten russischen Ebene. Am Horizont stand wie eine schwarze Wand, drohend und geheimnisvoll, der Wald.
    Unbeweglich warteten sie: Tartuchin und Mischa hinter ihrem Schneehaufen, Schwanecke in seiner Verwehung. Sie belauerten sich, sie atmeten kaum. Tartuchins gelbes Gesicht war starr. Er drehte den Kopf zu Mischa. Die unheimlich nahe liegenden Garben, die knapp über sie gepeitscht waren und in den Schnee vor sie einschlugen, hatten ihn vorsichtig gemacht. Das war nicht der Mann, der zuerst geschossen hatte. »Er hat schon gegen uns gekämpft!« flüsterte er, mit dem Instinkt des Naturmenschen die Gefahr erkennend, die ihm vom unbekannten, unsichtbaren Gegner drohte. »Sie werden Verstärkung bekommen, gehen wir zurück!«
    In die Stille der Nacht klingelte schrill das Telefon und unterbrach den Bann der fast unerträglich gewordenen Spannung. Ein Zeichen aus einer anderen Welt. Tartuchin hob den Kopf und spähte in die Richtung des schnarrenden Geräusches.
    Erich Wiedeck, der neben dem Apparat lag, streckte den Arm aus und nahm den Hörer ab.
    »Ruhe!« zischte er.
    Aus dem Hörer kam Krülls wütende Stimme: »Idioten! Wo bleibt die Verbindung zur ersten Kompanie ? «
    »Im Himmel! Wir werden beschossen. Partisanen! Schütze Siemsburg – verwundet …«
    Tartuchins Maschinenpistole ballerte los. Er schoß in die Richtung, aus der das Klingeln gekommen war. Wiedeck legte den Hörer in den Schnee und preßte sich, so tief er konnte, in seine Mulde.
    Mit starren Augen saß Oberfeldwebel Krüll am anderen Ende der Leitung auf seiner Blechkiste. Er konnte nicht begreifen, was geschehen war. Und langsam, langsam dämmerte ihm die Erkenntnis herauf, daß er nun tatsächlich in diesem verfluchten Land war, vor dem er sich mehr fürchtete als vor der Hölle. Eine Erkenntnis, die er die ganze Zeit bis jetzt von sich weggeschoben hatte, an die er nicht glauben wollte, um nicht zu einem hilflos zitternden, von Angst gepeinigten Bündel Mensch zu werden. »Sie schießen!« stammelte er. Er hörte deutlich die Abschüsse, dann krachte es im Apparat, und die Verbindung riß ab. »Getroffen!« Krüll warf den Hörer hin, als könnte ein Schuß durch die Leitung sein Ohr treffen. Er war bleich und merkte nicht, daß er zitterte. »Die Partisanen beschießen sie … Siemsburg ist verwundet …«
    »Es ist eben Krieg, Oberfeldwebel!« Obermeier winkte Unteroffizier Kentrop zu. »Mit zwölf Mann ab! Machen Sie schnell, Kentrop! Seien Sie vorsichtig, keine unnötigen

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