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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vernehmlich, langsam lauter werdend, und plötzlich ein verhaltener Ruf. Mischa Starobin griff nach hinten. In seiner Hand lag eine russische Maschinenpistole – »Kommen sie von Gorki oder Babinitschi?«
    »Ich sehe sie noch nicht.«
    »Hörst du sie?«
    »Ja, halt jetzt den Mund!« Tartuchin glitt in den Schnee und blieb dort liegen wie ein Bündel Lumpen. Mischa schob ihm die zweite Maschinenpistole zu.
    »Dort!« flüsterte Tartuchin. »Von Gorki!«
    »Wie viele sind es?«
    »Ich sehe sie noch nicht – ich sehe sie noch nicht«, flüsterte Tartuchin, als würde er mit sich selbst sprechen, als hätte er Mischa und die Kälte, den Wind, den Schnee, den dunklen, niedrigen Himmel vergessen, als gäbe es nichts mehr auf der Welt, als nur ihn allein und die fremden Laute, die von Menschen kamen, die er haßte, mehr als er je Menschen gehaßt hatte. Nur er allein war da mit ihnen und mit seiner Maschinenpistole und mit seinem Haß und dem übermächtigen Wunsch zu töten.
    Jetzt konnten sie bereits die Stimmen unterscheiden. Sie hörten den Unteroffizier Peter Hefe, der nach hinten rief:
    »Alles in Ordnung?«
    Und Hugo, am Ende des kleinen Trupps, meldete zurück:
    »Alles klar.«
    Über Tartuchins vereistes, starres Gesicht glitt ein verzerrtes, schiefes Lächeln und erstarrte zu einer Grimasse.
    Die Deutschen waren jetzt ganz nahe vor der Stelle, wo das Kabel zerrissen war. Starobin schob langsam und vorsichtig seine Maschinenpistole auf den kleinen Hügel zusammengescharrten und jetzt steif gefrorenen Schnees, drückte den Kolben an die Wange und visierte die kleine Gruppe an, die auf der Straße anhielt.
    »Unterbrechung entdeckt!« Der eine der Sucher hob die Hand. Schwanecke wuchtete die Kabelrolle von der Schulter und wischte sich über das Gesicht. Trotz der schneidenden Kälte schwitzte er.
    »Zerrissen?«
    »Anscheinend.«
    Lingmann stellte die Werkzeugtasche hin. Wiedeck kniete nieder, um das Kontrolltelefon anzuschließen.
    »Mach schnell, 's ist kalt«, sagte Hugo.
    »Mensch, ich hab' ganz klamme Finger«, sagte Wiedeck.
    »Los, beeilen Sie sich!« sagte Peter Hefe.
    Schwanecke schnüffelte wie ein witterndes Tier in der Luft. Irgend etwas stimmte nicht. Die Sache war ihm nicht geheuer. Verdammt noch mal, dachte er, wenn … »Was ist mit dem Draht los?« fragte er.
    »Gequetscht«, sagte Wiedeck. Er hatte jetzt das Kontrolltelefon angeschlossen. Er kurbelte und lauschte. Dann nickte er zufrieden. Am anderen Ende meldete sich Krülls Stimme.
    »Na, gefunden? Was war denn los, ihr Tränen?«
    »Der Draht war gequetscht«, sagte Wiedeck.
    Aus dem Hörer kam Krülls laute, quäkende, schimpfende Stimme. Unteroffizier Hefe nahm den Hörer aus Wiedecks Hand und nickte ihm grinsend zu.
    Tartuchin und Starobin sahen sich kurz an, und Tartuchin flüsterte:
    »Du von links nach rechts, ich von rechts nach links … dann haben wir sie doppelt …«
    Tartuchin drückte den Kolben der Maschinenpistole gegen die Schulter. »Halt in die Mitte, in ihre Bäuche!« flüsterte er. »Ich sage, wann …« Seine Stimme war fast zärtlich.
    Karl Schwanecke kniete neben Wiedeck, hob den Draht vor die Augen und glitt mit den Fingerspitzen langsam und prüfend darüber. Und plötzlich fuhr er herum, warf die Arme hoch, sprang mit einem Satz in eine Schneeverwehung und schrie:
    »Deckung!«
    Wie auf ein Zauberwort lagen die anderen auf der Straße. Im gleichen Augenblick tackten die beiden Maschinenpistolen los. Die Schüsse und die hellzischenden Geschosse kamen irgendwo aus der Nacht – nein, aus dem Gebüsch nicht weit von der Straße entfernt. Im Fallen noch durchjagte Hugo ein dumpfer Schlag gegen seinen Körper, er spürte, wie seine linke Schulter gefühllos wurde. Überrascht fragte er sich, was geschehen war. Schmerzen fühlte er nicht. Doch dann merkte er, wie es warm und naß über seinen Rücken rann. Jetzt erst wußte er, daß er verwundet worden war. »Mich hat's erwischt, verdammt«, stöhnte er, und in seiner Stimme schwang immer noch die Überraschung mit.
    Wiedeck lag neben ihm, den Kopf in den Schnee gedrückt. Er drehte ihn auf die andere Seite. »Wo?«
    »In die Schulter.«
    »Teufel noch mal – wir können nicht zurückschießen, was sollen wir tun, wir können nicht zurückschießen«, stammelte Wiedeck verzweifelt.
    Die Gruppe hatte eine einzige Maschinenpistole, die von Unteroffizier Hefe, der in einer Mulde lag und in die Nacht hineinballerte, in die Richtung, aus der die Schüsse gekommen waren. Er

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