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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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heißt, ganz dunkel wird es hier sowieso nie.«
    »Bei Feindeinsicht?« fragte Bevern zögernd.
    »Warum nicht? Wenn meine Leute da arbeiten müssen, können wir ruhig zugucken!« sagte Wernher.
    »Vergessen Sie nicht, daß diese – Leute – rechtmäßig verurteilt worden sind.«
    »Und wir sind ihre Offiziere, die Vorbilder zu sein haben!« sagte Wernher ruhig. Bevern sah auf seine Hände.
    »Bitte! Gehen wir.«
    Später standen sie etwas außerhalb Babinitschis und sahen mit den Nachtgläsern hinüber zur HKL und zu dem Arbeitstrupp. Die Männer waren mit russischen Mänteln und Feldmützen bekleidet, die sie gefallenen Sowjets abgenommen hatten. Die erdbraunen Mäntel waren bei ihnen sehr begehrt, weil sie warmhielten und sie vor dem beißenden Schneewind und der klirrenden Kälte schützten. Wernher war nicht bis zu den Auffanggräben gefahren. Er wollte vermeiden, daß die russische Artillerie auf sie aufmerksam würde und neue Ausfälle in der Kompanie verursachte. Soviel war ihm Bevern nicht wert.
    »Tagesleistung?« fragte Bevern und setzte das Glas ab.
    »Wie vorgesehen.« Oberleutnant Wernher schlug den Kragen seines Mantels hoch. Er zitterte; die Kälte schnitt durch den Stoff und jagte eisige Schauer über seine Haut.
    »Und bei Obermeier?«
    »Ich nehme an, das gleiche. Er ist noch schlimmer dran als ich. Er hat eine Granatwerferkompanie der Russen gegenüber und liegt außerdem im Schußbereich eines russischen Feldartilleriebataillons. Die verpassen keine Gelegenheit, ihn ordentlich zu beharken …«
    Oberleutnant Bevern überblickte zufrieden das endlose Schneefeld vor sich. Das war die Front! Welch ein erhabenes Gefühl, an der Front zu sein! Soldat des Führers! Beschützer Großdeutschlands vor dem asiatischen Sturm!
    Der junge, dumme, begeisterte Offizier konnte nicht wissen, daß er nur noch einige Tage Soldat des Führers sein sollte. Und er wußte nicht, daß er in den letzten Minuten seines Lebens nicht nach dem Führer, nicht nach Deutschland, nicht nach dem Ruhm und nicht nach den Auszeichnungen flehen würde, sondern nach seiner Mutter – nach der Frau, die ihm altmodisch und kleinbürgerlich vorkam und die zu seinem großen Kummer und Zorn wenig von den Idealen ihres Mannes und ihres Sohnes zu halten schien …
    Julia Deutschmann schrieb:
    »Mein lieber Ernsti, das ist der fünfte Brief, den ich Dir schreibe. Der fünfte in der Reihe der Briefe, die ich nie abschicken werde. Junge Mädchen schreiben schwärmerische Tagebücher. Wenn man sie danach fragt, warum sie Tagebücher schreiben, behaupten sie, sie täten es für sich selbst, weil es ihnen einfach Spaß macht. Wenn sie einigermaßen intelligent sind, sagen sie, sie täten es, um Klarheit in ihre verworrenen Gedanken zu bringen. Doch bei allen sollen die Tagebücher ein Selbstzweck sein. Aber das sind sie nicht; jede Zeile, die sie schreiben, ist jemandem gewidmet. Es muß nicht ein bestimmter Mann sein – es ist der Prinz, auf den sie warten, der eines Tages kommen würde, um sie irgendwohin zu führen, wo es ein Meer von Liebe gibt.
    Ich bin kein junges Mädchen mehr, und ich warte nicht mehr auf einen Prinzen, den es so, wie man sich ihn mit 16 oder 17 Jahren vorstellt, nirgendwo gibt. Aber eines habe ich doch noch mit der 17jährigen Julia gemein: Mein Herz ist voller Erwartung und voller Liebe. Mein Prinz bist Du, und mein Tagebuch sind diese Briefe an Dich. Zugegeben, oft warst Du ein recht nachlässiger und zerstreuter Prinz, manchmal auch ein schlecht gelaunter, nörgelnder und kratzbürstiger – und ich glaube kaum, daß Du Dich je ändern wirst. Aber was wäre eine Liebe wert, die sich davon beeinflussen ließe?
    Schluß damit. Ich habe Angst, weiter so zu schreiben; denn ich will nicht wieder weinen. Ich habe zu oft geweint in den letzten Wochen, auch dann, wenn ich eigentlich keine Zeit dazu hatte. Du hast mich immer für eine selbstbewußte, energische Frau gehalten. Manchmal sogar, fürchte ich, für einen Blaustrumpf. Vielleicht war ich es auch. Aber jetzt, jetzt bin ich es nicht mehr. Jetzt bin ich nur noch hilflos und voller Sehnsucht, und fast immer voller Angst und Furcht vor heute, vor der Stunde, in der ich gerade lebe und vor der nächsten und übernächsten …
    Vor einigen Tagen hat mich Dr. Kukill eingeladen: Der Mann, der den Stab über Dich gebrochen hat. Ich glaube, er weiß, daß ich ihn hasse und verabscheue. Aber er stellt sich blind und tut so, als ob nichts vorgefallen sei. Und doch bin ich fast

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