Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
noch bei keinem Arbeitskommando einen Finger krumm gemacht. Also werden Sie's hier auch kaum tun. Sparen sie sich Ihre große Fresse!«
    Nachts zog ein Trupp von fünfundzwanzig Mann unter der Führung der Unteroffiziere Kentrop und Bortke mit drei Schlitten nach Babinitschi, um die Schanzgeräte abzuholen, die von einer Transporteinheit in Orscha dorthin gebracht worden waren.
    Auf dem ersten Schlitten hockte Schwanecke hinter dem MG 42 und suchte mit wachsamen, zusammengekniffenen Augen die buschbewachsenen Schneefelder nach einer Bewegung ab. Sie fuhren an Oberleutnant Sergej Denkow vorbei, der unsichtbar, auch für Schwaneckes scharfen, spähenden Blick, tief in einem Gebüsch saß. Neben ihm hockte Tartuchin. Die dickverbundene, zerschossene Hand lag in einer Armbinde.
    Ungehindert erreichten die drei Schlitten Babinitschi, wo die 1. Kompanie einem Holzfällerlager glich. Gefällte, vollbezweigte Tannenbäume lagen am Straßenrand aufgestapelt und wurden mit Motorschlitten durch den Schnee geschleift. Fünf bis acht Mann richteten sie dann auf und stemmten sie in den Schnee und in die Löcher, die vorher mit Spitzhacken in den eisenharten Boden geschlagen wurden. Tanne an Tanne, dazwischen aufgeschichtete quergelegte Bäume … ein grüner Wall gegen den Schneesturm und die Verwehungen, die in kürzester Zeit eine freigeschaufelte Straße wieder einebneten.
    Der Chef der 1. Kompanie, Oberleutnant Wernher, saß mißmutig in seinem warmgeheizten Bauernhaus und schrieb die Verlustlisten der vergangenen Nacht. An einige Hinterbliebene schrieb er sogar persönlich. Er glaubte, das der Höflichkeit schuldig zu sein. Unter den Gefallenen waren ein ehemaliger Major, zwei bekannte Juristen und ein Schriftsteller, dessen Bücher auf der Goebbelsschen Verbotsliste standen. Nur als er schrieb: ›Gefallen für Großdeutschland‹, zögerte selbst Wernher und kam sich reichlich dumm vor. »Sie taten bis zuletzt ihre Pflicht«, schrieb er am Ende und »Ihr Tod war gnädig, das mag ein Trost sein.« Das war richtig so. Ein Trost. Sie haben es überstanden, dachte Wernher.
    Die Übernahme der Schanzgeräte und der Pioniersprengladungen für besonders harten Boden vollzog sich reibungslos. Dann fuhren die Schlitten die Straße zurück nach Gorki. Sie ratterten wie Gespenster mit langen Schneefahnen hinter sich an Sergej und Tartuchin vorbei, die in ihrem Gebüsch kauerten.
    »Jetzt!« sagte Tartuchin und grinste hart.
    Sie starrten auf eine Stelle auf der Straße. Der erste Schlitten – der zweite … »Verflucht!« zischte Tartuchin. Sergej biß die Zähne zusammen, daß die Muskelstränge aus seinen eingefallenen Wangen traten. Der dritte Schlitten … Nichts!
    Tartuchin schlug mit der rechten Faust in den Schnee. Sein gelbes Gesicht war vor Wut verzerrt.
    Da –! Schon ziemlich weit hinter dem dritten Schlitten zischte eine grelle Flamme aus dem Schnee, eine krachende Detonation erschütterte die Nacht, ein Teil der Straße schoß in den Himmel und prasselte in schmutzigen Kaskaden wieder zurück.
    »Spätzünder!« sagte Sergej bedauernd und spuckte wütend aus.
    Es war, als ob für einen Augenblick die Erde die Hölle ausgespuckt hätte, und dann träumte die Landschaft wieder im tiefsten Frieden, als verschluckten Schnee und Frost jeden Laut. Der letzte Schlitten, auf dem Kentrop saß, bekam einige niederprasselnde Erdbrocken ab und machte einen Satz nach vorn.
    Wie huschende Schatten sprangen die Männer von dem Fahrzeug, am weitesten Schwanecke mit seinem MG. Fünfundzwanzig Soldaten lagen flach im Schnee, um dem unsichtbaren Feind kein Ziel mehr zu bieten. Unteroffizier Bortke robbte zu Schwanecke und schob den Stahlhelm aus dem Gesicht, der ihm über seine Augen gerutscht war.
    »Eine Mine«, sagte er.
    »Und was für eine!«
    Sie suchten die Gegend ab. Die Büsche, die vereinzelten Baumgruppen, die Senken, die sich bis zum Wald von Gorki hinzogen.
    »Abwarten.« Schwanecke überblickte nachdenklich die Buschgruppen. Er witterte Gefahr wie ein gehetztes Wild. Irgend etwas sagte ihm, daß die Menschen, die die Mine gelegt hatten, noch nicht weg waren. Langsam zog er den Kolben des MGs an seine Schulter und streute eine schnelle, rasselnde Garbe über die Büsche hinweg, ging dann etwas tiefer und kämmte kurz über dem Boden die Zweige durch. Das helle, rasend schnelle Knattern des MGs war wie eine Erlösung. Hier und da tauchte ein dunkler Kopf aus dem Schnee auf, schoben sich kriechende Körper zu Gruppen

Weitere Kostenlose Bücher