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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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und rief: »Einer von euch bleibt draußen!« Er schnappte sich die Laterne, schwenkte sie suchend durch den Raum und sagte: »Wie eine verdammte Gruft!« Bolitho hielt den Atem an, als das Innere der Hütte sichtbar wurde.
    Selbst bei dieser dürftigen Beleuchtung sah er, daß sie vor Schmutz starrte. Alte Fässer und Kisten lagen unordentlich auf dem Boden herum, während Treibholz und anderes Strandgut an den Wänden und rund um den fast erloschenen Kamin wie eine Barrikade aufgeschichtet waren.
    Bolitho warf einen Blick auf das Mächen, das die Tür geöffnet hatte. Es trug kaum mehr als Lumpen und war trotz des kalten Fußbodens aus festgestampfter Erde barfuß. Ihm wurde fast übel.
    Sie mußte ungefähr in Nancys Alter sein, überlegte er.
    Ein Mann, der wohl Portlock sein mußte, stand an der hinteren Wand und sah genauso aus, wie Bolitho ihn sich vorgestellt hatte: brutal, grobgesichtig, einer, der für Geld alles tun würde.
    Der Kerl rief jetzt mit heiserer Stimme: »Ich hab’ nichts getan! Wer gibt euch das Recht, hier mitten in der Nacht einzudringen?«
    Als niemand antwortete, wurde er kühner und reckte sich hoch auf.
    »Was für ein Offizier sind Sie eigentlich?«
    Er starrte Bolitho so haßerfüllt an, daß dieser die Wut des Mannes fast körperlich zu spüren glaubte.
    »Das lasse ich mir nicht gefallen, nicht von so einem grünen Jungen!«
    Pyke huschte hinüber wie ein Schatten. Sein erster Schlag warf Portlock keuchend auf die Knie, der zweite schleuderte ihn zu Boden, wo er auf der Seite liegenblieb. Ein roter Blutfaden lief über sein Kinn.
    Pyke war nicht einmal außer Atem. »Nur damit wir uns richtig verstehen!« Er trat zurück und balancierte auf den Fußballen, während Portlock sich stöhnend vom Boden erhob. »In Zukunft wirst du einen Offizier des Königs mit Respekt behandeln, gleichgültig, wie alt er ist, verstanden?«
    Bolitho hatte das Gefühl, daß ihm die Führung entglitt. »Sie wissen genau, warum wir hier sind.« Er sah, wie sich der Blick des Mannes in Sekundenschnelle von Wut in Unterwürfigkeit wandelte.
    »Ich mußte doch ganz sichergehen, junger Herr.«
    Bolitho wandte sich angeekelt ab. »Oh, stellen Sie ihm in Gottes Namen schon Ihre Fragen«, sagte er zu Pyke.
    Er blickte nach unten, weil eine Hand seinen Arm berührte. Es war das Mädchen, das seinen durchnäßten Rock befühlte, wobei es leise vor sich hinsummte wie eine Mutter, die ihr Kind im Arm hält.
    »Zurück, Mädchen!« rief ein Seemann scharf. Zu Bolitho gewandt, sagte er heftig: »Diesen Blick kenne ich, Sir. So gierig, wie wenn sie die Gehenkten noch am Galgen fleddern!«
    Pyke fügte hinzu: »Oder die Unglücklichen, die das Pech hatten, hier zu stranden!«
    Portlock sagte: »Von alldem weiß ich nichts, Sir!«
    »Wir werden ja sehen.« Pyke betrachtete ihn kalt. »Ist die Ladung noch hier?«
    Portlock nickte, wobei er den Bootsmann wie ein verängstigtes Kaninchen anstarrte. »Aye.«
    »Gut. Und wann soll sie abgeholt werden?« Sein Ton wurde schärfer. »Lüg’ nicht!«
    »Morgen früh, bei Niedrigwasser.«
    Pyke blickte Bolitho an. »Ich glaube ihm. Bei Niedrigwasser ist es leichter, die Ware auf den Haken zu bekommen.« Er zog eine Grimasse. »Außerdem sind die Zollboote dann gezwungen, im tieferen Wasser zu bleiben.«
    Bolitho sagte: »Dann rufen wir wohl besser die Leute wieder zusammen.«
    Pyke aber beobachtete Portlock noch immer. Schließlich sagte er: »Du bleibst hier.«
    Portlock protestierte. »Aber mein Geld! Man hat mir versprochen…«
    »Verdammt sei dein Geld!« Bolitho konnte sich nicht beherrschen, obwohl er merkte, daß Pyke ihn amüsiert betrachtete.
    »Wenn du uns verrätst, geht es dir genauso dreckig wie denen, die du jetzt an uns verraten hast!«
    Er blickte das Mädchen an, sah den blauen Fleck auf seiner Wange, den Ausschlag um den Mund. Als er aber die Hand tröstend ausstreckte, schreckte sie zurück und hätte ihn wohl angespuckt, wäre nicht ein stämmiger Seemann dazwischengetreten.
    Pyke verließ die Hütte und wischte sich dabei das Gesicht ab.
    »Sparen Sie sich Ihr Mitleid, Mr. Bolitho. Abschaum zeugt Abschaum.«
    Bolitho fiel neben Pyke in Schritt. Die funkelnden Geschütze und hellen Segelpyramiden eines Linienschiffes schienen ihm weiter entfernt denn je. Dies hier war Verkommenheit auf ihrer untersten Stufe, wo selbst die kleinste Regung von Anstand als Schwäche ausgelegt wurde.
    Er hörte sich selbst sagen: »Dann bringen wir’s schnell hinter uns. Ich habe

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