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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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stecken und uns in diesen Dunstvorhang gehüllt haben mochte.
    Wäre ich nicht so müde und ausgelaugt gewesen, hätte ich es wohl früher gesehen. Die Leere in mir begann, sich wieder ein wenig normaler anzufühlen, die Welt wurde wieder dreidimensionaler, und ich konnte Gesichter in dem dichten weißen Dampf ausmachen. Es waren hagere geschlechtslose Gesichter mit tiefliegenden Augen und Mündern, die gerade weit genug offen standen, dass man die Reißzähne erkennen konnte.
    Am späteren Vormittag wurde es reichlich fies. Egal, wie oft ich blinzelte, die Gesichter verschwanden nicht. Mittlerweile bewegte ich mich allein, wenn auch mehr schlingernd. Flüsternd wurde darüber diskutiert, was mit dem Sauerstoffkanister geschehen sollte. Ich hatte ihn einfach über meine Schulter gehängt und trug ihn mit mir. Keine Spuren hinterlassen, lautete die oberste Regel bei einer Flucht über feindliches Terrain.
    Einer der Jungen – Beau, der schmale, flinke Rotschopf – hatte ein Paket Beef-Jerky dabei, das wir bei einem kurzen Zwischenstopp gerecht aufteilten. Jeder nahm ein kleines Stück und kaute es im Gehen. Das Salz brannte in meinem rauhen Hals, aber ein paar der Jungen hatten Wasserflaschen, und wir alle bekamen ein oder zwei Schlucke. Damit verwandelte das Beef-Jerky sich in einen geschmacklosen Klumpen aus Salz und Fasern; trotzdem kaute ich weiter. Ich war viel zu ausgehungert, um zu verzichten.
    Graves hatte mich gestützt, bis ich sicher genug auf den Beinen stand. Danach schwankte ich leider noch derart bedenklich, dass er meine Hand nahm. In meinen kalten nassen Fingern fühlten seine sich herrlich warm an. Dass ich schwitzte und meine Hand dreckig war, bereitete mir ungefähr eine halbe Sekunde Kopfzerbrechen, dann geriet ich wieder ins Wanken. Ich fand schlicht keinen Halt in einer Welt, die so papierflach erschien. Und ich war hundemüde. Mein Kopf fühlte sich an wie ein Kürbis, den man auf einem Stab balancierte.
    Mit Graves, der meine Hand hielt, ging es gleich besser.
    Die Gesichter drängten wieder herbei. Je mehr ich mich erholte, umso normaler wurde die Welt und umso dichter scharten sich die Fratzen um uns, die mich mit offenem Mund anstarrten. Manche bewegten ihre Lippen, andere verschwanden in den ausdünnenden Dunst, als die Sonne am Himmel höher stieg.
    Ja. Total normal, klar! Wieso kam ich mir am normalsten vor, wenn der verrückteste Mist passierte?
    »Der Nebel klart sich auf«, bemerkte Peter.
    Das ließ Shanks aufhorchen. Er holte rasselnd Atem und hob seinen Kopf ein wenig. Zwar sah er aus wie eine aufgewärmte Leiche, aber sämtliche Blutungen waren gestillt, so dass er nur noch verkrustet war. Eindrucksvolle Blutergüsse blühten in seinem Gesicht auf. Sein eines Auge war fast vollständig zugeschwollen, doch man erkannte wieder seine Pupillen, nicht mehr bloß das glänzende Weiß wie vorhin. »Mittag. Die Sonne hat ihren Höchststand erreicht.«
    »Was heißt, dass Christophe uns wohl keine Deckung von dem Platz aus geben kann, an dem er sich tagsüber versteckt«, kombinierte Graves ruhig, als richtete er seine Worte einzig an mich.
    Ah. Ja, das leuchtet ein – in gewisser Weise. Mein Handgelenk pochte. Ich wollte den Verband nicht beiseiteschieben, nein, ich wollte nicht einmal hinsehen, denn der Gedanke, wie an allem in mir gezogen worden war, war zu entsetzlich. Mir brach sofort der Schweiß unter meinen vier Lagen Kleidung, dem Schmutz und der Nässe aus. Jeder Millimeter meiner Haut juckte elendig, was allemal besser war als eine Welt, der die dritte Dimension fehlte.
    »Ich wusste nicht, dass ein Djamphir das kann.« Dibs kratzte sich beidhändig die Wangen, auf denen ein zarter Pfirsichflaum wuchs. Ein Schmutzfleck wanderte über seine Stirn.
    »Kann er normalerweise auch nicht, und jetzt ist er bis Sonnenuntergang ziemlich weggetreten.« Peter hüpfte auf einen umgestürzten Baumstamm, in dessen Moos dicke Tautropfen glitzerten, und blickte sich zu mir um. »Wie viel hat er genommen?«
    Er meint mich. Wie viel von mir hat Christophe genommen? Eine Welle von Benommenheit durchfuhr mich, erreichte meine Füße und schoss mit solcher Wucht wieder nach oben, dass mir speiübel wurde. Die Reste des Beef-Jerky klebten an meiner Zunge.
    Darunter verbarg sich der eigentliche Gedanke.
    Er will wissen, wie viel von meinem Blut. »Weiß ich nicht«, antwortete ich, nachdem ich den Beef-Jerky-Matsch in meine eine Backe geschoben hatte. Nun sah ich sicher wie ein Bible-Belt-Farmer

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