Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
herumliefen.
Oh, bitte! Bitte, Gott, hilf mir hier mal kurz aus, ja? Bitte!
Noch eine Form erschien aus dem Helldunkel von Mond und Bäumen, die der Nebel wie ein Umhang aus schmieriger Baumwolle umgab. Sie war eher menschenähnlich, groß und breitschultrig. Das Mondlicht erhellte einen weißen Gesichtsflecken und zwei weiße Hände. Der Rest ging im Schatten unter.
»Ist das nicht hübsch? «, zischte der Neuankömmling, was in der Stille des Waldes einem Affront gleichkam. Das Raspeln in seinem Unterton rieb wie eine Drahtbürste über meine Haut. Schon wieder! Ich versuchte, nicht zusammenzufahren. »Wo steckt die kleine Schlampe? Ich kann sie riechen.«
Ash knurrte. Auch wenn darin nicht einmal die Andeutung von Worten auszumachen war, konnte man die klare Warnung erkennen. Sein Pelz zuckte, und der weiße Streifen an seinem Kopf glühte.
»Halt’s Maul und such sie!« Ich wusste, woher das leichte Lispeln kam.
Die Zunge schlug an den Reißzähnen an. Das hier war ein Blutsauger, ein Nosferat, was ich an der Art merkte, wie seine Stimme an der Welt sog, ölig und kalt.
Und es hörte sich an, als wäre er hinter mir her.
Na klasse, Dru! Ganz super! Bleib ja ruhig! Das fiese Kitzeln wurde stärker. Jetzt fühlte es sich an, als würde sich ein scharfer Stock in meinen Hals bohren. Automatisch stiegen mir heiße brennende Tränen in die Augen. Ein dünner Nebelstreifen kroch näher und näher an meine Füße, und ich wusste, dass er mich gleich berührte, und dann wüsste der Blutsauger, wo ich war, und …
Das Werwolfknurren veränderte sich.
»Wag es ja nicht, mich anzukläffen, du Vieh! Der Meister will …«
Ich erfuhr nicht mehr, was der Meister wollte, denn der Werwolf sprang – weg von mir.
Er rammte mit Karacho in den Blutsauger hinein, und das Knacken hallte durch die nebelverhangenen Bäume. Der Blutsauger stieß ein verblüfftes Heulen aus, das mir eine Gänsehaut bescherte. Die beiden rollten herum, krachten gegen Baumstämme. Knochen und Zähne brachen.
Los, los, los!, brüllte Dads Stimme in meinem Kopf, als würde ich wieder auf den schweren Sandsack einprügeln, schwitzend und fest entschlossen, Dad stolz auf mich zu machen. Oder als hätten wir es wieder mit diesen Kakerlakengeistern zu tun, und ich musste ihm mit zitternden Händen Munition durch das Fenster reichen und …
Ich rappelte mich auf, wobei die Dornen mir sämtliche unbedeckten Hautstellen zerkratzten und an meinem Pullover rissen, als wollten sie mir sagen, ich sollte unten bleiben. Doch ich rannte los, sprang über die Dampfschwaden, die über den Boden krochen, als wäre ich beim Fußballtraining oder so. Ich wich ihnen zu rasch aus, um das Gleichgewicht zu halten, und mir war egal, wohin ich rannte, Hauptsache fort.
Der Wald wurde dichter und dunkler, und ich kämpfte mich zwischen den Bäumen hindurch. Äste rauschten an mir vorbei, peitschen auf mich ein. Standen sie auf der Seite des Blutsaugers und wollten mich ausbremsen? Noch mehr Dornengestrüpp rankte sich über den Weg, aber der Nebel war verschwunden. Ich trampelte durch das Unterholz, was einen Höllenlärm machte, und hörte ein hohes scheußliches Heulen hinter mir.
Ich hatte gedacht, Wolfsgeheul wäre fies, als ich es in meiner eigenen Garage hörte. Aber der hohe klirrende Schrei nachts mitten im Wald war unendlich viel gruseliger, denn er klang, als könnte man Worte heraushören, wenn man nur aufmerksam genug lauschte. Und das Scheußlichste war, dass es direkt einen verborgenen Teil tief in einem ansprach: die blinde animalische Ader.
Jenen Teil, der wusste, dass man von jetzt an Beute war.
Was das Allerschrecklichste war?
Es unmittelbar hinter sich zu hören, gleichzeitig von etwas getroffen zu werden und in noch ein dichtes Dornengestrüpp zu stürzen, worauf Laubmodder und Schmutz in die Nase drangen und sich einem eine riesige, heiße, haarige Hand ins Haar wickelte.
Kapitel 9
I ch wollte schreien, aber die andere Pfotenhand patschte mir auf den Mund, ehe ich auch nur Luft holen konnte. Heißer Atem blies auf meinen Kopf, während wir beide eine Sekunde lang dalagen, ich vollkommen gelähmt, ratlos und mit zig neuen Kratzern übersät.
Verdammt, Mädchen, mach endlich was!, brüllte Dads Stimme mich an. Zeig mal ein bisschen Action!
Dasselbe hatte er mir früher beim Training am Sandsack zugebrüllt, wenn mir vor Erschöpfung fast die Arme abfielen. Es hieß, dass ich mehr tun musste, mich noch mehr anstrengen, um ihm eine Hilfe zu
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