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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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Holzbretter, die lange rechteckige Beete einfassten, reifgerahmt, und Eiszapfen hingen von den nebelumwaberten Bäumen. Es handelte sich um die Ostseite des Gebäudekomplexes, und traumgleich fragte ich mich, wie in aller Welt ich hierher gekommen war.
    Gleich hinter der Frage lauerte die Panik, die wie ein zweites Herz in mir schlug. Und die Angst, die meinen gesamten Körper flutete. Irgendetwas Schlimmes würde geschehen, dessen war ich mir jetzt sicher. Ich konnte nur hoffen, dass ich die Warnung beizeiten erhalten hatte und imstande wäre, schnell genug wegzukommen.
    Hinter den Gärten fiel das Land sanft hügelabwärts zum Fluss. Ein Pfad schlängelte sich bis zu einem Schuppen hinunter, dem Bootshaus, gleich an dem mondsilbrigen Wasser. Der Mond war halbvoll, warf sein Licht über graue und weiße Landschaft, die genau wie eine Eisskulptur aussah, mit Fäden von ölgetränkter Watte, die an allen scharfen Kanten hing.
    Der Nebel schloss sich gierigen Fingern gleich um die Schola.
    Auf halbem Weg den Pfad hügelabwärts begannen Setzlinge und Büsche, aus dem Boden zu sprießen, die Verlängerungen des Waldes. Dahinter stiegen die Bäume auf, dicht und schwarz, obwohl sie kahl und mit Eisklumpen behangen waren. Die Eule stieg auf, kam wieder und umkreiste mich, als ich lief. Dann schoss sie voraus, den Hügel hinab, ließ den Kiespfad hinter sich und flog zu dem schmierig tintigen Dunkel der Bäume hinüber.
    Vor lauter Anstrengung klang es wie ein abgehacktes Kläffen, wie ich atmete. Ich rannte, und die Eule kehrte zurück, als wollte sie mich zur Eile antreiben. Wieder kreiste sie über meinem Kopf, und ich bildete mir ein, Grans Stimme zu hören. Das ist ja mal ein schlaues Tier, das so die Flügel rauschen lässt, dass auch ja jede Maus es hören kann, Dru! Richtig schlau ist doch wohl nur ein Viech, das auch dann noch still ist, wenn’s sich versteckt, was? Du weißt nie, was auf dich einprasselt, solange du nur von oben herabguckst.
    Das erste Mal hatte ich die Eule auf dem Fenstersims vor Grans Krankenhauszimmer gesehen, in der Nacht, in der sie starb. Ich hatte nie davon erzählt. Nur Dad wusste es, und er war …
    Hör auf zu denken und lauf! Diesmal war es Dads Stimme, ruhig und eindringlich. Ihre Stimmen hatten keinen anderen Ort mehr als meinen Kopf. Was immer noch besser war, als allein zu sein, und doch war es so … so furchtbar einsam.
    Ich versuchte, schneller zu laufen, aber der dicke klare Brei, der über der Welt lag, wurde härter. Mein Herz rammte mir gegen die Rippen, pulsierte in meinem Hals, meinen Handgelenken und meinen Augen, und das so fest, als wollte es aus mir herausplatzen.
    Dann war da wieder dieses Gummischnippen, mit dem alles in die Ursprungsgeschwindigkeit zurückploppte, und ich wurde nach vorn geschleudert, als hätte eine gigantische warme Hand heruntergegriffen und mich angestubst wie eine Billardkugel. Fast wäre ich gestürzt, konnte mich aber noch fangen und sprang zum letzten Gartenschuppen hinüber, den ich um einen guten Meter verfehlte.
    Alle Geräusche kamen wieder: knackendes Eis, fliegende Kiesel, meine eigenen Schritte wie donnernde Stempel auf gefrorenem Boden, der abgehackte Rhythmus meines Atmens …
    … und hinter mir gedämpfte Schritte, begleitet von einem hohen scheußlichen Heulen, das von dem seltsam schimmernden Nebel verzerrt wurde. Wieder einmal hatte ich einen Orangenbelag auf der Zunge. Ich konnte nicht ausspucken, um ihn loszuwerden, was ich auch sowieso nicht getan hätte. Schließlich waren es nicht bloß Wachsorangen. Inzwischen wusste ich genau, was dieser Geschmack bedeutete: Etwas durch und durch Übles nahte.
    Ich rannte zu den Bäumen, als gelte es mein Leben. Denn tief in meinem Innern ahnte ich, dass dem so war.

Kapitel 8
    Z weige peitschten mir ins Gesicht und an die Hände. Ich sprang über einen umgestürzten Baum, landete in einem Laubhaufen und fiel. Schmierig-modriger Blättermatsch quoll zwischen meinen Fingern hindurch. Die Dunkelheit wurde von winzigen Mondlichtpunkten durchlöchert, scharfkantig gefrorenen Spiegelungen. Ich rappelte mich auf und lief weiter, geduckt unter einer kriechenden Nebelschwade. Das Medaillon hatte sich in einen Eisklumpen an meiner Brust verwandelt.
    Hinter mir stieg noch ein Heulen in den kalten Himmel auf. Diesmal war es scharf wie Glasscherben und Rasierklingen, bohrte sich in meinen Kopf und schabte von innen an meinem Schädel.
    Sie hatten meine Fährte aufgenommen. Ich hatte keine

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