Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)
biss die Zähne zusammen, um nicht vor Angst zu wimmern. Der Nebel kroch näher, immer näher. Dünne Fäden glitten unter Blätter und sahen aus wie Krallen, die am Waldboden zerrten.
Etwas drang in mein Sichtfeld. Kaum bemerkte ich es, nahm alles schärfere Konturen an. Nachts sah man Dinge leichter, die sich bewegten. Unangenehm wurde es, wenn das, was immer es sein mochte, innehielt und sich nicht mehr regte, aber an dieser Gestalt erkannte ich nun oben einen schmutzigen weißen Flecken. Sie bewegte sich mit der natürlichen Eleganz eines Wolfs. Das Fell ließ die Umrisse verschwimmen, als die Gestalt einem langen weißen Nebelband auswich.
Ich kannte nur einen einzigen Werwolf mit hellen Streifen am Kopf, und mit dem hatte ich schon einmal kämpfen müssen. Ich hatte ihm in den Kiefer geschossen, nur leider erst, nachdem er Graves gebissen hatte. Christophe hatte ebenfalls auf ihn geschossen, gleich vor Dads Truck. Sergejs Haustier, ein Wolf, den er gebrochen hatte, damit er ihm diente.
Er dürfte wohl kaum hier sein, um mir Kekse anzubieten.
Oh, Scheiße! Das ist Ash. Ich holte zaghaft Luft. Meine Lunge brüllte nach Sauerstoff. Vollkommen ruhig lag ich da, und ein Husten kitzelte hinten in meinem Hals. Das passierte immer, wenn man sich versteckte: Man musste husten oder niesen oder sonst was. Schön blöd, dass der Körper sich entschloss, einen in die Pfanne zu hauen, obwohl er wusste, dass er damit seine Überlebenschance drastisch schmälerte!
Ash blieb stehen, reckte den Kopf und schnüffelte. Das Kribbeln wurde schlimmer. Der Wolf duckte sich ein wenig und streckte seine schmale Nase vor, um die Luft zu prüfen. Dann schritt er vollkommen lautlos zur Seite und blieb wieder stehen. Der Nebel wich vor ihm zurück.
Geh weiter! Oh Gott, mach, dass er weitergeht!
Ein weiterer Ruf von Grans Eule zerriss die Stille, doch ich konnte sie nicht sehen. Das Knarren und Knacken hatte aufgehört. Alles war still, sogar die Flecken und Strahlen des Mondlichts hielten den Atem an, gefangen in den reflektierenden Schleiern von weißem Dampf.
Zu spät erinnerte ich mich an das Messer in meiner Gesäßtasche. Hätte ich daran gedacht, es herauszuholen, wäre ich jetzt bewaffnet statt hilflos in einem Dornengestrüpp verfangen.
Der gestreifte Werwolf machte noch drei schnelle, unheimlich elegante Seitwärtsschritte. Dann drehte er seinen Kopf, und das irre Funkeln in seinen Augen durchbohrte die Dunkelheit und brannte sich in meine Haut.
Hat er mich gesehen? Gott, oh Gott! Hat er? Meine Hand zuckte, wollte nach dem Messer greifen. Aber wenn ich das tat, müsste ich mich herumrollen, was wiederum Geräusche verursachte. Und ich musste schon sehr viel Glück haben, sollte ich das Messer rechtzeitig aus der Jeans bekommen, um etwas gegen den Werwolf zu unternehmen.
Verdammt, ich wünschte, ich hätte eine Waffe! Irgendeine Waffe, und wäre es bloß eine Zweiundzwanziger. Eine Neunmillimeter wäre besser gewesen, eine Fünfundvierziger oder ein Sturmgewehr am besten. Und jemand, der die Waffe bedienen konnte und das Ding ins Visier nahm, wäre schrecklich nett gewesen.
Wo ich schon mal träume, sollte ich auch gleich sagen, dass ich total gern ein Pony hätte. Mein Herz hämmerte, pochte und wollte mich unbedingt dazu bringen, einen Laut auszustoßen. Ich durfte auf keinen Fall meine Hand in Richtung Hosentasche bewegen. Wenn ich Bewegungen im Dunkeln wahrnahm, konnte es ein Wolf allemal – sofern er mich nicht ohnehin roch.
Wieso zögerte er?
Die Spannung dehnte sich, Sekunde um unerträgliche Sekunde, und der Geschmack von Wachs und gammeligen Orangen explodierte auf meiner Zunge, dass ich beinahe würgen musste.
Ich hasste das! Meine Augen verdrehten sich, als ich versuchte, nicht zu schlucken. Mein Mund war voller Speichel – oh Mann, jetzt würde ich auch noch anfangen zu sabbern! Ich wusste, dass der Geschmack nicht real war, dass ich nichts in meinem Mund hatte, aber ich würde einen Teufel tun, das zu schlucken.
Der gestreifte Werwolf klappte zusammen wie ein Spielzeug, langsam und fließend. Seine Gestalt kräuselte sich und nahm eine animalischere Form mit gekrümmten Schultern an. Während das vage Menschliche schwand, wurde der weiße Streifen heller, aber das konnte auch am Mondschein liegen, der ihm auf den Pelz leuchtete. Gleichzeitig gab er einen keuchenden, blasenden Laut von sich. Er hatte den Kopf von mir abgewandt, und ich fragte mich, ob inzwischen Lehrer von der Schola im Wald
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