Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow

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sehen konnte, aber fühlte. Wenn Teenager mit den Augen rollen, macht das ein ganz eigenes lautloses Geräusch. »Logisch! Wieso zum Henker steigt er durch dein Fenster ein?«
    Wenn ich das wüsste … »Er brachte mir ein paar Sachen, wie die, die früher meiner Mutter gehört haben, und er hat mir einiges erzählt.«
    »Wie kommt er an Sachen, die deiner Mutter gehört haben?«
    So war unser Graves: Alles reduzierte er sofort auf das Wesentliche. »Es waren nicht ihre , sondern bloß so wie ihre. Und, na ja, ich schätze, er hat sie gekannt.« Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Er hatte sich wirklich angehört, als hätte er sie gekannt. Und jetzt, da ich es mir überlegte, hatte er ganz klar gesagt, dass die Holzschwerter nicht ihre gewesen wären. Ich öffnete den Mund, um fortzufahren.
    Doch ehe ich etwas sagen konnte, kam Graves mit der Vierundsechzigtausend-Dollar-Frage: »Wie alt ist er überhaupt? Und wer ist er?«
    »Keine Ahnung.« Ich glitt tiefer in das Nichtwasser, und eine Woge von Schmutz aus meinem Haar waberte durch das blubbernde Gelee-Zeug. Uärgs. In wie viel Dreck habe ich mich eigentlich gewälzt? »Mir macht mehr Sorgen, warum Ash mich nicht umgebracht hat. Er hatte die Chance, hatte die anderen Blutsauger erledigt und …«
    »Das hast du gesehen?«
    »Ich habe gesehen, wie er einen erledigt hat, da liegt nur nahe, dass die anderen beiden auch auf sein Konto gehen.« Ein Schauer lief mir über den Leib. »Oh Mann!« Ich hätte sterben können. Ich wäre nie aus dem Klassenraum rausgekommen, und drei Blutsauger … »Er war Nase an Nase mit mir, Graves. Nase an Nase!« Mein Verstand verhakte sich komisch bei dieser Erinnerung, spielte sie noch einmal ab und stockte wie ein abgewürgter Motor. »Und der Nebel …«
    Nein, an den Nebel wollte ich nicht denken. Gott sei Dank hatte er mich nicht berührt! Falls doch … Ich wusste nicht, was dann passiert wäre, aber es wäre garantiert übel ausgegangen. So viel wusste ich, spürte ich buchstäblich in meinen Knochen.
    Und gegen diese Art Gewissheit ließ sich wenig einwenden.
    Graves sorgte sich mehr um das Wesentliche. »Ein Wolf, der allein arbeitet, hat das getan? Und er tat einfach was? Rannte weg?«
    »Ich schätze, er hörte euch kommen.« Mein Geschlotter nahm zu. Es war kein Kältebibbern mehr. Vielmehr rebellierte mein Körper gegen alles. Ich wollte einen Cheeseburger, ich wollte mich zusammenrollen und schlafen, und ich wollte Dinge, die ich gar nicht benennen konnte. Vor allem aber wollte ich einfach die Augen schließen und diesen ganzen Irrsinn aussperren.
    Mein Kopf lag immer noch an Graves’ Schulter. Er hielt mich nach wie vor fest. Und er war immer noch vollständig bekleidet und hatte kein Wort darüber verloren. Wir schwiegen lange, während Dampf aufstieg und es drollig blubberte und gurgelte. Es zischte ein bisschen, als ich noch tiefer rutschte und weiterer Schmutz aus meinem Haar gespült wurde.
    »Ich weiß nicht, was ich machen soll«, flüsterte ich schließlich. Und das jagte mir weit größere Angst ein, als ich zugeben wollte. Ich war es gewohnt, in jeder Situation zu wissen, wie ich vorgehen sollte. Ich war es gewohnt, dass Dad wusste, was ich nicht wusste, und mir Befehle erteilte, wenn ich ins Schleudern geriet.
    Ich meine, Dad hatte mich nie hängengelassen, nicht so wie manche Eltern, die bloß dasaßen und zuguckten, wie ihre Kinder sich hilflos abstrampelten. Das sah ich oft, und für mich schien es jedes Mal, als wollten die Erwachsenen, dass ihre Kinder scheiterten. Vielleicht fühlten sie sich dann selbst besser oder so.
    Graves seufzte. »Okay.« Er hob die Schultern, so dass die eine sich in meine Wange grub. »Wir sollten dich jetzt abseifen. Und Dylan wird ausflippen.«
    »Wieso war er nicht da?« Kaum sprach ich es laut aus, bereute ich es auch schon. »Sonst kam immer jemand, um mich abzuholen, wenn der Alarm losging. Diesmal war niemand da.«
    »Ja.« Nichtwasser platschte, als er sich bewegte. »Das dachte ich mir auch. Gehen wir dich sauber machen.« Er löste sich von mir, und ich musste meinen Kopf heben. Das Brennen war in lindernde Hitze übergegangen. Mein Rücken schmerzte, allerdings nicht so schlimm, wie er gekonnt hätte.
    »Graves?«
    »Hmm?« Er drehte sich um, und zum zweiten Mal heute Nacht stand ich von Angesicht zu Angesicht mit einem Gestaltwandler. Nur dass dieser hier leuchtend grüne Augen hatte, sein schwarzgefärbtes Haar in feuchten Strähnen herunterhing