Strange Love (German Edition)

dachte nach. Langsam und ordentlich stapelte er die Fotos wieder aufeinander.
    »Es sieht tatsächlich wie Chris’ Handschrift aus, findest du nicht?«, meinte er schließlich.
    »Ich weiß nicht. Ich will nicht darüber nachdenken.«
    »Ich kann verstehen, dass du unendlich wütend bist, Nick. – Aber du quälst dich selbst.«
    In dieser Nacht weinte Nick sich wieder in den Schlaf. Er war am Boden zerstört, in ein tiefes, emotionales Loch gefallen, aus dem er im Moment keinen Ausweg sah. Lautlos rannen die Tränen über seine Wangen, er war es fast schon gewöhnt.
    Bis er bemerkte, wie sich jemand zu ihm ans Bett setzte, seinen Kopf zärtlich auf seinen Schoß zog und ihm liebevoll die Haare aus dem Gesicht strich. Kühle Lippen küssten die Tränen von seinen Wangen, aus seinen Augen. Es war Torian.

10. Kapitel

    Zwei Tage später fühlte sich Nick wieder so weit hergestellt, dass er Torian besuchte. Seine Haut spannte noch beträchtlich an verschiedenen Stellen, aber er fühlte sich wenigstens wieder sicher auf den Beinen.
    Als Torian ihm die Tür öffnete, glitt ein Lächeln über seine Lippen. Nick sah wundervoll aus, in seinen schwarzen engen Cordhosen und dem weißen Piratenhemd. Seine Haare waren hinten sorgfältig auftoupiert, lange Strähnen hingen in sein hübsches Gesicht.
    Er sah noch angestrengt aus, ein wenig erinnerte sein Gesichtsausdruck Torian an den Moment, als er ihn geschlagen hatte. Wo nicht etwa Schmerzen sein Gesicht verzerrten, sondern pure Anstrengung. Aber er konnte keinen Funken Angst in Nicks großen blauen Augen sehen. Gut, dachte er.
    Er bat ihn einzutreten. Eine merkwürdige Spannung entstand zwischen ihnen.
    Nick sah ihn an und lachte kurz auf.
    »Warum lachst du?«, fragte Torian neugierig.
    »Wie können sie nur denken, dass du ein Mensch bist?«
    Torian hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich weiß nicht.«
    Nick trat ins Wohnzimmer, ans Fenster. Es roch angenehm nach Räucherstäbchen und einem exotischen Tee.
    »In zwei Wochen werde ich 26«, sagte er leise und setzte sich vorsichtig auf die bequeme alte Couch.
    Torian nickte. Er wusste, was das bedeutete. »Die ewige Suche«, sagte er, es klang spöttisch.
    »Es quält mich«, sagte Nick und fixierte ihn eindringlich. »Vielleicht wäre es besser gewesen, du hättest es mir nie gesagt.«
    »Warum? – Ich sehe überhaupt kein Problem.«
    »Was meinst du?«, fragte Nick irritiert.
    Torian lachte kurz auf. »Bist du eigentlich blind?«
    Nick sah ihn verständnislos an.
    »Cerys.«
    »Du meinst ... das ist nicht dein Ernst! Du meinst ... ich sollte sie schwängern?«
    Torian beugte sich vor und fasste ihn hart an den Schultern. »Du brauchst für deinen Nachwuchs einen Menschen, der soviel Liebe geben kann wie sie.«
    »Ich ...« Nick zögerte. »Ich kann sie doch nicht ... benutzen!«
    »Sie würde dein Kind lieben, Nick. – So, wie sie dich liebt.«
    Nick stand langsam auf. Er wusste, dass Torian recht hatte, doch er hatte einfach Skrupel.
    »Du hast nicht mehr lange Zeit, es dir zu überlegen«, sagte Torian und starrte auf Nicks Rücken.
    Der drehte sich um und ging mit einem schnellen Schritt auf sein Gegenüber zu.
    »Woher weißt du das alles?« Sein Tonfall war aggressiv.
    Torians Mundwinkel zuckten spöttisch. »Ich bin über 500 Jahre alt, mein lieber Freund. Und du bist mit Sicherheit nicht der erste deiner Spezies, den ich kennengelernt habe. – Frag mich nicht, warum ihr es nicht schafft, euer Wissen zu bewahren und weiterzugeben. Wir jedenfalls haben es geschafft!«
    »Ich kann doch nicht mit ihr zusammenleben!«
    Torian klappte vor Überraschung der Unterkiefer hinunter. »Das habe ich auch nie behauptet.«
    »Ich soll ihr ein Kind machen und dann verschwinden?«
    Torian knurrte leise, genervt.
    »Warum willst du verschwinden?« zischte er. »Sorg dafür, dass dein Kind unter anderen Umständen aufwächst als du. Verhindere, dass es eines Tages seine Eltern töten muss, um zu überleben. Aber steh Cerys nicht im Weg, wenn sie einen anderen Mann kennenlernt. Du bist kein Mensch – wann verstehst du das endlich?«
    »Habe ich ihn wirklich umgebracht?«, fragte Nick leise.
    Torian nickte.
    »Dir blieb nichts anderes übrig. Und die Erinnerungen sind noch immer in dir. – Aber das ist nichts, was dich belasten sollte.«
    »Ich habe jemanden umgebracht, und das soll mich nicht weiter belasten? – Das kann nur jemand wie du sagen.«
    Torian zuckte mit den Schultern. »Du warst ein Kind, und er hat dich