Strangers on a Train - Reise der Leidenschaft
kannst ja nicht die ganze Zeit im Gang stehen.«
Ihm fiel auf, dass sie sich nicht wie gestern früh in die Ecke quetschte. Das konnte man wohl als Fortschritt betrachten, auch wenn sie stur geradeaus blickte und sich weigerte, seinen Augen zu begegnen.
»Wie ist der Job?«, fragte er. »Macht es dir immer noch Spaß, es von den Reichen zu nehmen und den Armen zu geben?«
Sie sah verwundert aus, als hätte sie nicht damit gerechnet, dass er sich daran erinnerte. »Gut. Es ist schön, Director zu sein. Ich fühle mich wie Tom Cruise in
Minority Report
, wenn ich an dem schicken Computer sitze, meine Finger überall, und alle Puzzleteile hin und her schiebe, bis am Ende alles zusammenpasst.«
Der Job war der Grund, warum er hier war und sie auf ihrem Weg zur Arbeit stalkte. Sie hatte im Bereich Financial Aid an der Universität von Washington gearbeitet und war ganz zufrieden gewesen, bis irgendjemand an der Universität von New York die glorreiche Idee gehabt hatte, sie anzuwerben. Dann hatte er seine mittelalterliche Nummer abgezogen, und jetzt waren sie hier.
»Das Essen ist spitze. Ein Catering-Unternehmen liefert jeden Tag das Mittagessen.«
»Weshalb du dir erst recht wie der König der Diebe vorkommst?«
Sie lächelte nicht direkt, aber ihr Mundwinkel zuckte. »Gestern gab es Sloppy Joes. In den zartesten Teigrollen, die ich je gegessen habe.« Sie hüpfte leicht auf ihrem Sitz auf und ab, was sie immer tat, wenn sie sich über ein Lied im Radio oder köstliche Schokoplätzchen freute. Eine Angewohnheit, die er immer geliebt hatte, denn es war, als sähe man zu, wie ihr die Begeisterung aus allen Poren strömte. Diese unglaubliche Amy-Lebenskraft, ihr dynamisches, pulsierendes Wesen. Natürlich liebte sie, was sie machte. So war sie eben. Man konnte sie überall hinpflanzen, und sie würde Triebe, Blätter und Blüten hervorbringen und über kurz oder lang Wurzeln schlagen.
Wurzeln, die sie davon abhalten würden, zu ihm zurückzukehren. Bei dem Gedanken wurde ihm mulmig.
»Wie geht’s …«, sie schien um ein Thema zu ringen, um das Gespräch am Laufen zu halten, »deiner Schwester?«
»Gut«, sagte er. »Jake ist inzwischen neun Monate alt. Total süß. Wieder arbeiten zu gehen war anfangs stressig für sie, aber ich glaube, jetzt ist sie ganz glücklich mit ihrer Einteilung.«
Sie unterhielten sich. Es war so viel besser als das Streiten.
»Wie geht es Sasha und Porter?«
Porter war sein Partner bei Streamline und Sasha seine Freundin. Die beiden waren ihre besten Freunde. Bevor Amy gegangen war, hatten sie fast jeden Freitag zusammen Sushi gegessen.
Er zögerte. Das war ein heikleres Territorium. Porter hatte einen Verlobungsring gekauft und redete davon, Sasha die Frage aller Fragen zu stellen.
»So schlimm?«
Weil sie geradeaus starrte, während sie mit ihm sprach, hatte er Gelegenheit, ihre Schönheit aufzusaugen. Die Glätte ihres Haars, ihre edle Stirn und königliche Nase und die überraschende Sinnlichkeit ihres Mundes, die nicht zu ihrem ansonsten aristokratischen Aussehen zu passen schien. Wenn er sie betrachtete, wurde er unruhig und erregt, seine Lippen und Zunge sehnten sich nach ihrer Zartheit, seine Finger erinnerten sich an die Seidigkeit ihres Haares und an das samtige Gefühl ihrer Haut unter seinen Händen. »Nein. Nein. Alles ist gut. Sie heiraten vielleicht.«
Ein leichter Ruck, fast wie in der gleichmäßigen Vorwärtsbewegung der Zeit, und dann lachte sie verbittert. »Schön für die beiden!«
Sie saßen da, ohne zu sprechen, der Störfaktor von Sashas und Porters Erfolg angesichts ihres eigenen Scheiterns hing schwer in der Luft. Die beiden Paare waren etwa zur gleichen Zeit zusammengekommen, und Sasha und Amy hatten sich gegenseitig ihr Leid über die Vereinnahmung ihrer Partner durch Streamline und dessen Bedürfnisse geklagt.
Der Zug bimmelte und kam in Hawthorne allmählich zum Stehen. Amy tippte ans Fenster. »Hier gibt es einen guten Diner. Manchmal, wenn ich zu hungrig bin, um es bis nach Hause zu schaffen, steige ich hier aus.«
»Seit du weg bist, habe ich nichts gegessen außer Cornflakes, Eiern und was zum Mitnehmen.«
»Also vermisst du mich wirklich.«
Die Zeit blieb stehen.
Amy errötete. Sie hatte das nicht sagen wollen, das konnte er sehen.
»Nur beim Frühstück«, antwortete er fröhlich. »Ansonsten, nö. Die Wohnung ist ohne dich viel sauberer. Also, viel weniger unordentlich sowieso.«
Sie lächelte. Das stellte sie zufrieden.
Was er
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