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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Es tat gut, sich alles von der Seele zu reden, auch wenn nur Minka zuhörte. »Elsbeth, die sich aufführt, als würde sie jeden Tag entbinden, obwohl es doch erst im Frühjahr so weit ist. Mechthild, die mich vor lauter Hochzeitsvorbereitungen ganz vergessen hat. Nicht einmal die fromme Dorothee hat noch Zeit für mich. Dabei bin ich doch nur blind und nicht aussätzig!«
    Sie erschrak, wie laut sie geworden war.
    »Magda schneidet mich auch. Wenn nur eine von ihnen vernünftig mit mir reden würde!«
    Minka verstärkte ihr Schnurren und begann mit dem Milchtritt, wie sie es schon als kleines Kätzchen gemacht hatte. Pilar tastete nach dem Brief ihrer Mutter unter dem Kopfkissen.
    »Sogar du hast mich verlassen«, sagte sie. »Manchmal weiß ich gar nicht mehr, wie dein Gesicht ausgesehen hat. Dabei brauche ich dich gerade jetzt so sehr!«
    Die Katze verlagerte ihr Gewicht. Jetzt lag sie direkt auf Pilars Brust, und plötzlich wurde ihr selbst diese leichte Last zu viel.
    Sie scheuchte sie hinunter.
    »Wir sind ein Krüppelhaus, hat Magda neulich gesagt, und Recht hat sie: eine Bucklige und eine Blinde, vor denen alle zurückweichen. Was mache ich mir Illusionen über meine Zukunft? Ich kann froh sein, wenn einer wie Martin mich nimmt!«
    Pilars Tränen flossen, bis sie noch einmal einschlief.
    *
    So viele Wege gegangen, so viele Länder gesehen. Der Mann ist leicht gebeugt, sein Blick müde. Er hat große, überraschend breite Füße, die nicht zu seinen sehnigen Schenkeln passen wollen.
    Sie kennt sein Gesicht, auch wenn sie es jetzt unter der tief in die Stirn gezogenen Kapuze nicht sehen kann. Sein Leib, den der einst weiße Mantel des Mönchskriegers mit dem roten Tatzenkreuz verhüllt hat, ist ihr unter den abgerissenen Kleidern vertraut. Sie spürt seine Erschöpfung in ihrem eigenen Körper, spürt, dass sein Herz leer ist.
    »Blanca« - wie von selber formen sich ihre Lippen zu dem einen Namen, der in seiner Seele schwingt und ihn vor langer Zeit so weit fortgetrieben hat. Nun führt er ihn wieder zurück nach Hause.
    »Blanca« - der Klang lässt auch in ihr eine vergessen geglaubte Saite anklingen. Sie versucht, die Erinnerung festzuhalten, aber sie entgleitet ihr wieder.
    »Blanca« - zwei Silben, in denen die Entscheidung liegt: die Welt als wunderbarer Ort oder als finsteres Tal der Ödnis.
    Alles in ihr strebt diesem Fremden entgegen, aber ihre Füße lassen sich nicht bewegen. Als sie an sich hinunterschaut, bemerkt sie, dass sie zu Wurzelwerk geworden sind, während sich ihre Arme als Zweige ausstrecken.
    Ich bin ein Baum, denkt Pilar, und wundert sich nicht, ich wurzle tief in der Erde und kann den Himmel berühren. Stark bin ich und groß. Ich bin die Säule, die anderen Schutz und Trost bringt...
    Pilar erwachte.
    Ihr Körper war warm und weich. Ein paar Atemzüge lang genoss sie dieses berauschende Gefühl von Größe und Stärke. Sie hatte keine Angst mehr. Sie fühlte sich sicher und geborgen.
    Um sie war es dunkel wie gewohnt, aber sie kümmerte sich nicht darum, denn das innere Licht strahlte wärmer und heller als je zuvor.
    Sie richtete sich halb auf. Sie spürte, dass sie nicht mehr allein war.
    »Wer bist du?«, sagte sie zu dem Traumbild, dessen Anwesenheit sie spürte. »Noch kenne ich dich nicht, aber du bist mir trotzdem vertraut. Ich warte schon so lange auf dich. Doch ich weiß genau: Eines Tages begegnen wir uns. Siehst du mich schon? Ich werde geduldig sein!«

VERMÄCHTNIS 1
JENSEITS DER STERNE
     
    León, Frühling 1227
     
    Er kam wie verabredet, mit den Schatten der Dämmerung. Mein Herz begann zu rasen, als ich seine hohe Gestalt mit dem rotblonden Haar erblickte, das ihm in Wellen bis auf die Schultern fiel und dem schmalen Schädel etwas Löwenhaftes verlieh.
    Es war wahnsinnig, was wir taten.
    Es würde uns beide ins Verderben stürzen.
    »Hört es jemals auf, Blanca?«, sagte er, als er meine Hand an seine Lippen presste. »Diese Sehnsucht? Mir kommt es vor, als ob sie sich von Tag zu Tag verdopple.«
    Ich genoss die verbotene Berührung. Tief in ihm glomm ein Feuer, das nur selten durch seine Beherrschung drang. Alles in mir sehnte sich danach, es zum Lodern zu bringen, obwohl ich mich gleichzeitig davor fürchtete.
    »Ich weiß es nicht, mein Liebster«, sagte ich. »Aber wir müssen ab jetzt noch vorsichtiger sein. Diego hat mich heute so seltsam angesehen, als ich zur Messe wollte.«
    »Kann er denn etwas von uns wissen?«
    Ein köstliches Wort, das mich wie ein

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