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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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hatte.
    Etwas wie Übermut überkam sie. Die Bercht hatte von Wasser und Wegen gesprochen. Hatte sie damit diese Bootsfahrt gemeint? Aber wie passte dann das Feuer hinein? Wie sehr sie auch über das Orakel grübelte, sie kam zu keinem vernünftigen Ergebnis.
    »Ist dir auch wirklich nicht zu kalt, Prinzessin?«
    »Nicht die Spur! Warum nimmst du mich eigentlich nicht öfter mit? Ich bin es so leid, immer nur in der Stube herumzusitzen.«
    Der Besuch auf dem Wöhrd war Pilars Idee gewesen und Heinrich hatte zunächst ablehnend reagiert. Aber ihrem beharrlichen Drängen konnte er sich auf Dauer nicht widersetzen. Außerdem tat es gut, mit ihr über seine Sorgen zu sprechen.
    Mit seiner Unterstützung kletterte Pilar leichtfüßig aus dem Boot.
    »Geschmeidig wie eine Katze!«, sagte Heinrich anerkennend. »Niemand würde denken ...«
    »Aber ich bin blind, Papa. Und wir müssen beide lernen, damit zurechtzukommen.«
    Sie schwiegen, bis sie die alte Mühle erreicht hatten. Heinrich strebte dem Mühlbach zu, Pilar aber blieb plötzlich stehen.
    »Ich möchte als Erstes zu den Lumpen«, sagte sie. »Bitte!«
    Heinrich öffnete die Tür zu einem flachen Schuppen. An der Tür hielt sie erneut inne.
    Beißender Gestank schlug ihr entgegen. Sie wurde bleich, bemühte sich aber, ihren Ekel nicht zu zeigen.
    »Was machen sie hier?«, fragte sie.
    »Die Lumpen mit Messern abschaben und zerkleinern. Keine schöne Arbeit, aber man gewöhnt sich daran.«
    »Wieso stinkt es so fürchterlich?«
    »Weil die Hadern zuvor fermentiert werden, das erleichtert die weitere Verarbeitung.«
    Allen fiel das Atmen schwer. »Hier arbeiten nur Frauen und Kinder, nicht wahr? Wie alt sind die kleinsten?«
    Er blieb ihr die Antwort schuldig.
    Wieder draußen, war sie erleichtert, im frischen Wind zu stehen, und schämte sich dafür. »Und was kommt als Nächstes?«
    »Jetzt wird Wasser zugegeben. Zusammen mit den Lumpen entsteht nach und nach eine Art Brei.«
    Matteo kam ihnen eilig entgegen. »Wenn ich gewusst hätte, Padrone...«
    »Ich will meiner Tochter nur einmal vorführen, was wir hier anstellen«, sagte Heinrich. »Wie machen sich die neuen Männer?«
    »Wird Zeit, dass Andrea nach Regensburg kommt«, erwiderte Matteo lakonisch.
    Drinnen mühte sich mehr schlecht als recht ein junger Mann, den Schöpfrahmen zu bedienen, der den Papierbrei regulierte.
    »Blatt muss doch gleichmäßig werden, cretino«, blaff t e Matteo ihn an. »Wie soll ich sonst danach gut mit Filz arbeiten?« Die unerwartete Anwesenheit des Weltenpurgers schien ihm zuzusetzen.
    »Magda - sie weiß vermutlich, was du vorhast«, sagte Pilar unvermittelt, als sie wieder allein waren. »Es werden langsam immer mehr, die dein Geheimnis kennen, Papa.«
    »Von dir?«
    »Natürlich nicht.« Sie zögerte. »Matteo. Könnte ich mir vorstellen.«
    »Matteo? Ist sie ...«
    »Ich war nicht dabei«, sagte Pilar. »Und es geht mich auch nichts an. Anders verhält es sich mit dem Papier. Sag ihr, wie wichtig es ist, dass sie den Mund hält. Du hast schon genug Schwierigkeiten.« Er hatte ihr seine Auseinandersetzung mit dem Hansgrafen nicht vorenthalten.
    »Ich kann es ja versuchen, wenn du meinst, aber sie ist so launisch in letzter Zeit. Magda sollte heiraten! Das würde sie zufriedener machen.«
    »In ihrem Herzen ist nur Platz für dich, das weißt du.«
    »Dann muss sie eben Platz für jemand anders schaffen.
    Sie ist meine Base, nicht meine Buhlschaft.« Es klang abschließend.
    »Sprich trotzdem mit ihr!«, bat sie. »Magda weiß ihren Kopf zu gebrauchen. Sie wird deine Beweggründe verstehen, wenn du es richtig anfängst.«
    *
    »Dacht ich mir, dass ich dich zu sehen bekomme.« Mari rückte die kleine Talgkerze zurecht.
    Ihr Haus bestand aus einem einzigen Raum. Überall an den Wänden hingen getrocknete Pflanzen, von denen Magda viele fremd waren.
    »Ich will es nicht«, stieß sie hervor. »Mach es weg! Du hast doch die Mittel dazu.«
    »Das ist nicht so einfach. Dein erstes?«
    Ein schnelles Nicken.
    »Vielleicht dein einziges.« Mari musterte sie eingehend. »Du bist nicht mehr jung. Später tut es dir vielleicht Leid.«
    »Kannst du mir nun helfen oder nicht?«
    »Das kommt darauf an.«
    »Ach, das meinst du. Keine Sorge: Da ist mehr Silber drin, als du jemals in der Hand hattest.« Magda streckte ihr ein Beutelchen entgegen. »Es gehört dir - sobald ich es los bin.«
    Mari begann einen Apfel zu schälen. »Es ist einfacher, sich zu schützen, als es später wieder

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