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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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loszuwerden«, sagte sie. »Aber daran denkt keine von euch, wenn ihr brennt.« Sie ließ das kleine Messer sinken. »Komm näher!«
    »Wozu?«
    »Dazu.« Ihre Hände berührten Magdas Brüste und betasteten sie sanft. Dann glitten sie weiter nach unten. Magda hielt den Atem an, als sie über ihren Bauch und ihr Geschlecht fuhren. »Seit wann blutest du nicht mehr?«
    »Seit Nikolaus«, sagte Magda leise.
    »Die Wahrheit!«, verlangte Mari. »In diesem Raum haben Lügen noch keiner geholfen.«
    »Seit Martini.« Jetzt flüsterte sie. »Kurz zuvor.«
    »Und jetzt ist es nicht mehr weit bis Lichtmess. Weshalb hast du so lange gewartet?«
    Was ging es Mari an, was in ihr vorgegangen war? Sogar die Schwarze Madonna im verhassten Turm hatte sie auf Knien angefleht. Aber das Wunder, um das sie gebetet hatte, war ausgeblieben. »Ich kann es nicht bekommen. Ausgeschlossen!«
    »Das Leben fragt nicht danach, ob es sein darf«, erwiderte Mari ungerührt. »Wenn die Johannesfeuer brennen, wiegst du es in deinen Armen und willst vielleicht nichts mehr davon wissen, dass du jemals zu mir geschlichen bist.« Ungerührt aß sie ihren Apfel weiter. »Wärst nicht die Erste und wirst nicht die Letzte sein!«
    »Es hat den falschen Vater. Und es kommt zur falschen Zeit.« Tränen liefen über ihre Wangen. »Bitte hilf mir! Ich habe furchtbare Angst, Mari!«
    »Rainfarn, Haselwurz oder Hirtentäschel helfen jetzt nichts mehr, und ich wette, den Bittertee aus geschälter Weiderinde hast du selber schon probiert.« Eine winzige Kopfbewegung. »Du wirst dieses Kind austragen müssen.«
    »Ich kann nicht!«
    »Du hast gesunde Glieder und Brüste, die ein Kind ernähren können. Und ein Herz, um es lieb zu haben. Das einzige, was ich dir anbieten könnte ...«
    Magda starrte sie wild an. »Ja?«
    »... wäre etwas, um den zu gewinnen, den du dir eigentlich als Vater wünschst. Ein guter Mann - er wird es lieben lernen, auch wenn er es nicht gezeugt hat.«
    Sie ging zur Truhe, beugte sich über sie und kramte eine Weile herum. Mit einem kleinen Tongefäß kam sie zu Magda zurück.
    »Knoblauch und zerstoßener Koriander«, sagte sie. »Zimt solltest du in eurem Kaufmannshaushalt ohne Schwierigkeiten auftreiben können. Bete sieben Ave Maria, während du es mischst und anschließend in einem Topf mit Rosenwasser auffüllst. Tauch ein Hemd deines heimlich Geliebten hinein sowie ein Stück Pergament, auf dem in jeder Ecke sein Name steht, und setz den Topf aufs Feuer. Wenn das Gemisch brodelt, sollte auch seine Leidenschaft zu dir erwachen.«
    »Und wenn nicht?« Magda starrte sie misstrauisch an.
    »Lieben wir nicht, weil wir fühlen wollen, was wir nicht wissen können?« Ein unbestimmtes Lächeln. »Zur Sicherheit kannst du ihm noch eine Mandelsuppe mit drei Eiern und Sahne kochen - süß und glatt wie die Liebe selbst! Die hat schon so manchen auf den rechten Weg gebracht. Und was die Bezahlung betrifft ...«
    »Du kriegst dein Silber, keine Sorge! Aber erst, wenn ich erfolgreich war.«
    »Das gilt nicht für Liebeszauber.« Plötzlich sprach Mari wieder mit der Stimme der Bercht. »Ich brauch etwas, was dir am Herzen liegt.« Sie streckte die Hand aus. »Warum nicht gleich diese schönen Granattropfen?«
    »Aber die hat er mir geschenkt!«
    »Umso besser. Wenn du nichts opferst, du nichts gewinnst.«
    Wie unter Zwang löste Magda die Kette und reichte sie ihr. Mari steckte sie scheinbar achtlos in ihr Mieder. Im Stall nebenan war ein dünnes Meckern zu hören.
    »Das ist Lisa, meine Ziege«, sagte sie. »Sie wirft zum ersten Mal und ist furchtsam wie jede junge Mutter. Ich muss zu ihr.«
    »Kann ich mich noch einen Augenblick ausruhen?«, bat Magda.
    Mari nickte und verschwand.
    Mit geschlossenen Augen ließ Magda sich auf einen Schemel sinken. Ihr war, als läge sie statt der Ziege in dem zugigen Stall auf blankem Stroh, gebärend. Die ganze Stadt würde mit Fingern auf sie zeigen, sie schmähen und verachten. Und Heinrich hätte sie für immer verloren.
    Niemals durfte es dazu kommen!
    Vor ihr auf dem Tisch stand ein Tontopf. Sie hob den Deckel und schaute hinein. Dunkle Beeren, leicht verschrumpelt. Für einen Moment schloss Magda die Augen. Hörte sie jemals auf, diese Sehnsucht, die sie seit Jahren zerfraß? Ihr Körper straffte sich. Die Tollkirschen, denen man nachsagte, dass sie jeden liebestoll machen konnten wie eine rollige Katze, waren vielleicht der letzte Ausweg. Vorsichtig klaubte sie einige der Beeren aus dem Gefäß und

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