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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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nicht mehr.
    »Du trägst gar nicht mehr deine neuen Karfunkel steine.« Seine Stimme war sanft gewesen, sein Blick aber forschend. Sie waren die Letzten am Tisch; Pilar hatte sich bereits gähnend in ihre Kammer zurückgezogen. »Gefallen sie dir nicht?«
    »Ich ... muss sie wohl verlegt haben.« In der Eile war ihr nichts Besseres eingefallen.
    »Vielleicht solltest du ohnehin anderen Schmuck tragen, etwas Helleres, Frischeres, das zu einer jungen Frau besser passt. Ich will sehen, was ich auf meiner nächsten Reise Schönes für dich auftreiben kann.« Er räusperte sich. »Allerdings kann es noch dauern, bis ich Regensburg wieder verlasse.«
    Für einen Augenblick begann sie Hoffnung zu schöpfen. Wollte er ihretwegen bleiben? Weil der Liebeszauber doch zu wirken begann und er endlich mehr für sie empfand?
    »Ich muss mit dir reden, Magda.« Er sah sie ernst an, und abermals machte ihr Herz einen Sprung. »Eigentlich hätte ich es schon längst tun sollen.« Ihre Handflächen wurden feucht. »Du ahnst, worum es geht?«
    Sie machte eine vage Kopfbewegung.
    »Matteo.«
    Ihr war eiskalt.
    Das sollte Pilar ihr büßen!
    »Du musst wissen, dass ich ihn aus einem ganz bestimmten Grund aus Fabriano geholt habe«, fuhr Heinrich fort. »Jenseits der Alpen sind sie bereits ein ganzes Stück weiter mit der Papierherstellung. Wir dagegen müssen teuer dafür bezahlen, wenn wir es überhaupt bekommen.«
    »Es geht dir also um dein Papier?« Ihre Stimme zitterte. »Das ist alles?«
    Er trank seinen Becher leer.
    »Ein kostbares Material. Ich möchte es nicht mehr mühsam von weit her holen müssen. Nein, ich will es hier in Regensburg fertigen lassen. Die anderen Herren Mercatores haben offenbar schon Wind davon bekommen und werden meinen Alleingang kaum gutheißen. Deshalb ist es wichtig, dass vorerst so wenig wie möglich darüber nach außen dringt.«
    Er sah sie eindringlich an. Am liebsten hätte er ihre Schultern gepackt und sie geschüttelt, weil sie stumm wie ein Fisch blieb.
    »Hast du mich verstanden? Ich will sie schon sehr bald mit fertigen Blättern überraschen, um das letzte Wort zu behalten. Also, bitte, keine Silbe darüber - zu niemandem!«
    Magda rang sich ein Nicken ab.
    »Das freut mich.« Er klang erleichtert. »Mein schlaues Mädchen hat gewusst, dass ich auf dich zählen kann.« Er füllte die Becher und prostete ihr zu. »Lass uns darauf anstoßen!«
    »Du hast mit Pilar über mich gesprochen?« Magda rührte ihren Becher nicht an.
    »Natürlich! Zwischen dem Kind und mir gibt es keine Geheimnisse. Und was Matteo betrifft ...«
    »Nichts als dummes Gerede!«
    »Weshalb gleich so heftig, Lenchen? Ich mag den Burschen. Und er versteht sein Handwerk wie kaum ein anderer. Warum heiratest du ihn nicht?«
    Deshalb die Schmeichelei - um sie zuerst einzulullen und dann loszuwerden! Das Wesen der Frau, behauptete Pater Rabanus, sei das Wesen alles Bösen. Durch sie sei das Böse in die Welt gekommen. Zum ersten mal spürte Magda, wie die Teufelssaat in ihr aufging.
    »Weil er ein Mädchen in Fabriano hat«, sagte sie. »Und ich keinen Dahergelaufenen zum Mann will.«
    Sie stand auf. Ihre Beine waren bleiern. Niemals würde er das Kind eines anderen lieben, wie Mari behauptet hatte! Stattdessen versuchte er, sie an den Nächstbesten zu verschachern, der das Maul mit Silber gestopft bekam, damit er sich mit einer Buckligen zufrieden gab.
    *
    Die Dämmerung verlieh den Gegenständen in der Kammer allmählich Konturen, dem Betthimmel aus hellem Damast, der Truhe, in der ihre Kleider gefaltet lagen, die ihr bald zu eng sein würden, dem kleinen Kästchen aus Schildpatt, in dem sie ihre Kostbarkeiten aufbewahrte, die sie weder schöner noch begehrenswerter machten.
    Sie stand auf, goss ein wenig Wasser in die Waschschüssel und benetzte Gesicht und Hals. Das grüne Winterkleid ließ sich über der Brust gerade noch schließen. Auf einen Gürtel verzichtete sie lieber, um nicht zu betonen, was bald schon alle sehen würden. Sie bürstete ihr Haar und legte die silbernen Ohrringe ihrer Mutter an.
    Das Haus war ruhig, als sie die Treppe hinunterstieg. Im Hof zog sie das Wolltuch enger um die Schultern. Zu wem sollte sie gehen? Zum Hansgrafen? Sie verwarf den Gedanken. Gerhard unter den Scheren war nicht der Richtige für ihr Vorhaben. Aber wer war es dann?
    Auf der Straße ratterten die ersten Eselskarren. Heute war Markttag und alle gierten nach dem schmalen Angebot von Wintergemüse, das es bis zum Frühjahr zu

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