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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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stimmen, die häufig abwesend schien, auf unverständliche Weise in sich gekehrt. So lernte sie bald, Enttäuschungen hinunterzuschlucken und nach außen fröhlich zu tun. Wenn aber die Sehnsucht übermächtig wurde, war es Pilar egal, ob sie vielleicht doch nicht ganz willkommen war. In jenen Nächten fanden ihre Füße wie von selbst den Weg zu dem Zimmer, das für sie Geborgenheit und Glück symbolisierte.
    Was sie heute aber hinter der Tür vernahm, klang anders als in ihrer Erinnerung - Stöhnen, Wimmern und Klatschen, unterbrochen von spitzen Schreien. Seitdem sie blind war, hatte sie gelernt, ihre anderen Sinne besser zu nutzen. Schon immer hatte sie Töne geliebt, im Nachhinein jedoch kam es ihr manchmal vor, als hätte sie in der sehenden Zeit alle Geräusche nur wie durch einen Nebel wahrgenommen. Jetzt dagegen drangen sie geradezu in sie ein, und wenn sie nicht angenehm waren, konnte es richtig weh tun.
    Und jetzt tat es weh: Was die beiden hinter der Tür trieben, klang, wie sie sich die Paarung wilder Tiere vorstellte. Plötzlich stieg Zorn in ihr auf. Nicht genug, dass Magda Heinrichs Abwesenheit ausnutzte, um sich in Renas Kammer einzunisten! Jetzt wälzte sie sich auch noch mit einem Buhlen im Bett ihrer Mutter, so ungeniert, als sei sie die Hausherrin.
    Ein Jaulen ließ die Lauscherin zusammenzucken.
    Pilar drückte die Klinke herunter und trat ein. In der jähen Stille vernahm sie den schweren Atem eines Mannes, der offenbar Mühe hatte, seine Erregung zu zügeln und das schnellere Japsen einer Frau.
    »Was ist denn, Kleines?« Magda sprach genauso überschwänglich wie sonst nur in Heinrichs Gegenwart, wenn sie ihn mit ihrer Stimme in eine flirrende Wolke hüllen wollte. »Fehlt dir etwas?«
    Pilar machte einen Schritt vorwärts. Sie spürte, wie die beiden auf dem Bett zurückwichen.
    »Mir geht es gut, aber ich dachte, du bist krank«, sagte sie. »Da waren so seltsame Geräusche, die mich geweckt haben.«
    »Du hast Recht, mir war tatsächlich nicht ganz wohl«, sagte Magda schnell. »Aber jetzt ist alles wieder in Ordnung. Geh schlafen, Pilar. Es ist noch lange nicht hell.« Dem hastigen Scharren nach versuchte sie, ihren Liebhaber mit Händen und Füßen unter die Decken zu bekommen, bis ihr plötzlich wohl einfiel, dass sie es mit einer Blinden zu tun hatte und sich die Mühe folglich sparen konnte. Sie stand auf und kam näher.
    Das Mädchen rümpfte die Nase. Magda roch nach dem widerwärtigen Erbsbrei, der ihre talgige Haut frischer machen sollte. Wie eine Spinne hatte sie sich im Haus ihres Vetters Heinrich eingenistet. Aber die Beute, auf die sie dort seit Jahren lauerte, würde sie niemals bekommen.
    Jetzt bewegte sich auch der Mann auf dem Bett, und am unverwechselbaren Geruch nach Leim und feuchtem Filz, der ihm tief in die Haut gedrungen war, erkannte Pilar auch ihn: Matteo aus Fabriano, der für ihren Vater arbeitete. Nur eine Hand voll Eingeweihter wusste, was der welsche Gautscher in der alten Mühle tatsächlich zu schaffen hatte.
    Jetzt gehörte vermutlich auch Magda dazu.
    »Ich bin zwar blind, aber nicht blöde.« Pilar richtete ihren leeren Blick dorthin, wo sie den Mann vermutete. »Außerdem ist es mir gleichgültig, von wem du dir dein Bett wärmen lässt, solange es nicht ausgerechnet das meiner Mutter ist. Ich schlage vor, du bringst hier alles in Ordnung und machst dann, dass du in deine Kammer kommst. Wenn du schnell genug bist, muss keiner im Haus etwas merken.«
    »Aber der padrone - streng, sehr streng!«
    Matteo war so aufgeregt, dass er nach Worten suchen musste, und nackt dazu, das merkte sie, als er ihren Arm packte und sie dabei streifte, ein sehniger Mann mit wirren Locken und starken Knochen. Ihre Hände hatten ihn gelesen, als sie einmal versehentlich mit ihm zusammengestoßen war. Viele zerrissen sich die Mäuler über den Lombarden, weil der Fremde offenbar etwas besaß, was Frauen jeden Alters anzog. Sie hätte wetten mögen, dass Magda nicht die einzige war, die ihn in kalten Herbstnächten heimlich empfing.
    »Ich bin keine Verräterin, Matteo.« Sie packte seine Hand. »Und meinen Vater lassen wir besser aus dem Spiel. Aber macht schnell. Denn eigentlich hätte der Karawanenzug schon gestern eintreffen sollen.«
    »Madonna mia!« Matteo ließ sie los, als habe er sich verbrannt, und versuchte offenbar, sich halb im Laufen die Kleidung überzustreifen. Sie hörte ihn fluchend die Treppe hinunterpoltern und unterdrückte ein Grinsen.
    Magda beschäftigte

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