Straße der Toten
zusammen mit den Zähnen in einem tiefen Loch, das sie zuvor vollständig mit den bemalten Steinen ausgekleidet hatten.
Am späten Nachmittag waren sie mit dem Zerstückeln, Verbrennen und Begraben fertig. Sie leerten den Flachmann und schliefen die ganze Nacht ungestört im Haus. Am nächsten Morgen zündeten sie das Schwarze Buch von Doches an und steckten damit das Haus in Brand. Lange Zeit standen sie davor und sahen den Flammen bei der Arbeit zu. Dann blickte der Reverend himmelwärts. Endlich waren die schleichenden Wolken verschwunden.
Schließlich verließen die beiden Männer diesen Ort, der Reverend mit den Satteltaschen über der Schulter, Norville mit einem Kissenbezug in der Hand, der mit Vorräten aus dem Haus gefüllt war. Hinter ihnen stieg schwarzer Rauch auf. Am Abend glühten dort, wo das Haus gestanden hatte, nur noch ein paar Balken, und am nächsten Morgen war nur noch ein schwarzer Haufen kalter Asche übrig.
TIEF UNTER DER ERDE
Salamander soll glühen,
Undene sich winden,
Sylphe verschwinden,
Kobold sich mühen.
Goethe, Faust
Reverend Jebidiah Mercer konnte sie riechen, bevor er sie sah. Beiderseits des Weges traten sie aus dem Gebüsch. Sie waren zu viert. Einer hatte eine Pistole, einer eine Schrotflinte, und die anderen zwei waren mit Grabewerkzeugen bewaffnet – einer Schaufel und einer Spitzhacke.
Seine Hand verschwand blitzschnell unter seinem Mantel und tauchte mit dem Navy-Colt Kaliber 36 wieder auf. Bevor der Kerl mit der Schrotflinte seine Waffe heben konnte, verpasste ihm der Reverend eine Kugel zwischen die Augen, und aus seinem Hinterkopf spritzten Blut und Gehirnmasse wie erbrochene Erdbeeren.
Ein Pistolenschuss zischte an Reverend Mercers Kopf vorbei. Er lehnte sich zur Seite und schoss zweimal, wobei er tief zielte und den Revolver so locker hielt, dass er sich in seiner Hand aufbäumte. Die erste Kugel traf den Schützen in die Eier. Die zweite nistete sich wie eine ekelhafte Bronchitis mitten in seiner Brust ein.
Mittlerweile hatten die anderen beiden Angreifer ihn erreicht. Während der eine die Schaufel schwang, machte Mercer einen Rückwärtssalto vom Pferd und rollte sich auf dem Boden ab. Sofort stürzte der Kerl mit der Spitzhacke auf ihn zu. Jebidiah kniete sich hin, schoss ihm die Kniescheibe weg und sah dann zu, wie dem schreienden Mann der Hut wegflog und er ins Gebüsch kippte, wo er sich wie eine kopflose Schlange wand.
Der letzte Angreifer warf seine Schaufel weg, sprang auf Jebidiahs Pferd, steckte die Füße in die Steigbügel und ritt davon. Jebidiah stand auf, legte seinen Revolver auf das linke Handgelenk und schoss. Er traf den Reiter mitten ins Kreuz. Der Reiter versteifte sich nicht, zuckte nicht, tat gar nichts, außer die Zügel loszulassen und herunterzufallen. Er schlug schwer auf dem Boden auf und blieb stöhnend auf dem Rücken liegen.
Jebidiah ging zu dem Mann mit der zerschossenen Kniescheibe, der sich auf der Erde hin- und herrollte und furchtbar schrie.
»Sie haben mir’s Knie zerschossen«, sagte der Kerl.
»Das stimmt«, erwiderte Jebidiah und drückte ihm seine Pistole an den Kopf.
»Ich ergeb mich.«
»Mag sein, aber ich bin trotzdem mächtig verärgert.«
Jebidiah schoss dem Mann in den Mund.
Fünf Patronen, dachte er bei sich und ging zu dem Mann mit der Pistole. Der war hinüber. Genauso wie der Kerl mit der Schrotflinte, der auf ein paar Felsen ausgestreckt dalag und in dessen Augen sich das Sonnenlicht spiegelte.
Sein letztes Opfer lag schielend auf dem Rücken. Als Jebidiahs Schatten auf ihn fiel, drehte er den Kopf zu ihm hin.
»Ich spür meine verdammten Beine nicht mehr.«
»Weil ich dir unten in die Wirbelsäule geschossen habe. Du bist bereits unterwegs in die Hölle. Ihr Typen hättet euch eine andere Beschäftigung suchen sollen. Leute ausrauben liegt euch nicht so gut, wie ihr vielleicht geglaubt habt.«
»Wir sind Bergarbeiter.«
»Was ihr gerade mit mir anstellen wolltet, kann man wohl kaum Bergbau nennen.«
»In den Minen, da gibt es Kobolde.«
»Kobolde?«
»Um Himmels willen, helfen Sie mir.«
»Ich werde dir gleich helfen, aus dem Leben zu scheiden«, sagte der Reverend. »Erzähl mir von den Kobolden.«
»Ich werd Ihnen gar nichts erzählen.«
»Dann lass es. Aber mir gefällt es gar nicht, dass ich meinem Pferd hinterherjagen muss. Ich kann dich hier liegen und langsam verbluten lassen. Die Sonne wird ihre Arbeit schon verrichten. Du wirst ganz langsam sterben. Vielleicht hast du keine
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