Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
Vom Netzwerk:
gleichzeitig verzweifelt, von dem Dynamit wegzukommen. Dabei bewegte sie sich so lebhaft, dass es im flackernden Licht des Dochtes beinahe so aussah, als gäbe es zwei von ihr.
    Der Reverend warf die Dynamitstange mitten in die Koboldhorde. Als sie funkensprühend landete, bewegte sich plötzlich niemand mehr. Die Kobolde betrachteten neugierig die zischende Stange.
    Der Reverend wich langsam zurück.
    Die Lunte brannte herunter und ...
    Nichts.
    Nur ein Geräusch wie ein Mäusepups.
    »Ein Blindgänger«, sagte der Reverend. »Laufen Sie, Flower.«
    Flower rannte davon, und der Reverend versuchte ihr zu folgen. Aber die Kobolde stürzten sich auf ihn, packten ihn an den Füßen und brachten ihn zu Fall. Die Laterne glitt ihm aus der Hand, und das brennende Öl verteilte sich überall an der Wand.
    Dem Reverend entging nicht, dass an den Stollenwänden Flammen emporzüngelten. Er spürte, wie Hände nach ihm griffen, und ein Fuß trat ihm in die Nieren. Ein weiterer Tritt erwischte ihn an der Schulter. Als Nächstes sah er einen kurzen massigen Schatten, der sich über ihn beugte.
    Ein Kobold mit einem Stein.
    Der Stein kam näher.
    Dann wurde ihm schwarz vor Augen.
    Als der Reverend aufwachte, fühlte sich sein Kopf riesig an; er hämmerte und schmerzte, und seine Nasenlöcher waren von einem Gestank erfüllt wie auf einem Schlachthof. Lautes Ächzen und das Klirren von Hacken und Schaufeln, die auf Felsen und Erde trafen, hallten ihm in den Ohren. Es war hell, aber das Licht stammte nicht von Laternen. Ein blauer Schimmer tanzte in der Luft.
    Der Reverend setzte sich auf. Seine Hand- und Fußgelenke waren mit Silberketten gefesselt. Er entdeckte eine Gruppe von Männern, Bergarbeiter aus der kleinen Siedlung unten am Berg. Sie waren dürr und trugen weder Hemd noch Schuhe, manche nicht einmal eine Hose. Sie waren mit Hacken und Schaufeln ausgerüstet und bearbeiteten damit hartnäckig die Minenwände. Eine große Anzahl von Kobolden überwachte sie, ließ ab und zu Peitschen auf die Arbeiter niedersausen und schrie irgendetwas mit Stimmen, die so schrill klangen wie ein Signalhorn. Jebidiah stellte fest, dass das matte blaue Licht aus kleinen Lampen stammte, die von einem Ende der Höhle zum anderen an Ketten von der Decke hingen oder seitlich an der Wand in Felsspalte gesteckt worden waren. Er schaute sich nach Flower um, aber sie war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich hatten die Kobolde sie getötet, als sie über sie beide hergefallen waren.
    Etwas im hinteren Teil der Mine erregte seine Aufmerksamkeit. Zuerst hielt er es für einen Teil der Höhle, ein natürliches Gebilde. Dann wurde ihm klar, dass es ein Haufen lebenden Fleisches war. Es hatte eine irgendwie dreieckige Gestalt, wurde nach unten hin breiter und nahm ein großes Stück des Höhlenbodens ein. Es war aschgrau, mit dunklen Flecken und Streifen, die aussahen wie zerklüftete Silbererzadern. Es sah beinahe wie ein riesiger Rotzklumpen aus, ein teurer, mit Silber durchzogener Popel.
    Auf der Spitze des Dreiecks saß ein schmaler menschlicher Kopf mit gelben, wild dreinblickenden Augen und grauem Haar, das bis dahin reichte, wo sich beim Menschen die Schultern befunden hätten. Das Ding hatte aber keine. Nur einen Kopf, der sich zu einem dürren, kurzen Hals verjüngte, an den sich ein ausufernder Haufen Glibber anschloss. Dem Reverend fiel noch etwas anderes auf. An der Vorderseite des Haufens befanden sich unweit des Halses deutlich sichtbare Wulste. Brüste, aus denen etwas tropfte, von dem Jebidiah annahm, dass es Milch war. Sie rann den unförmigen Leib hinab wie Eiter aus lauter kleinen Wunden. Von Zeit zu Zeit näherte sich ein Kobold ehrfürchtig dem bebenden Fleischberg, kletterte hinauf und nuckelte an einer der Titten.
    Die Königin. Das musste ihre Königin sein. Sie fraßen nicht nur Menschenfleisch, sondern ernährten sich auch von ihrer Milch. Jebidiah vermutete, dass das die unheilige Mutter aller Kobolde war.
    Ein Kobold, der so finster dreinblickte, als sei er gezwungen worden, zum Frühstück Kot zu essen, griff nach Jebidiahs Ketten, zog ihn auf die Füße und drückte ihm eine Hacke in die Hand. Sein erster Gedanke war, dem Kobold die Spitze der Hacke in den Kopf zu rammen; da er aber noch mehr in der Unterzahl war als vorhin und weder eine Schusswaffe noch ein Messer hatte, sah er ein, dass das zumindest vorerst nicht die beste Vorgehensweise war.
    Die Kreatur zerrte ihn an der Kette zur Wand, grunzte dann und zeigte auf genau

Weitere Kostenlose Bücher