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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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aber ansonsten war er noch ziemlich unversehrt. Allerdings begann der Schädel selbst nun Blasen zu werfen.
    Der alte Mann richtete sich auf. »Warten Sie hier«, sagte er, »ich bin gleich wieder da.« Er rannte über die Straße zur Arztpraxis.
    »Dafür ist es ein bisschen spät«, rief ihm der Reverend nach, aber der alte Mann ignorierte ihn.
    »Er ist der Arzt«, sagte die Frau.
    Der Reverend sah sie kurz an und schaute dann wieder zu dem alten Mann hinüber, der die Praxistür aufschloss und hindurchtrat.
    »Und außerdem mein Vater.«
    Der Reverend wandte sich ihr wieder zu, brachte aber nicht mehr als ein »Oh« zustande. Er starrte sie an, er konnte nicht anders. Er konnte einfach nicht den Blick von ihr abwenden.
    Der Arzt kam zurück. Er schob eine Schubkarre vor sich her und streckte dem Reverend eine von zwei Schaufeln entgegen.
    »Wozu denn das?«, fragte der Reverend. Er verstaute seinen Revolver und griff mit der anderen Hand nach der Schaufel.
    »Schaufeln Sie ihn in die Schubkarre, mein Freund – und wenn’s geht, ohne allzu viel Dreck dabei.«
    Der Arzt schaufelte eine Ladung von dem Fleisch auf, das aus dem Kragen des toten Mannes hervorquoll – Fleisch, das einmal ein Hals gewesen war. Inzwischen war der Körper wirklich in schlechter Verfassung; nur der Schädel behielt seine Form, aber Haare und Fleisch waren gänzlich von ihm abgefallen und bildeten um ihn herum eine pelzige Pfütze. Fliegen hockten schon überall auf der breiigen Masse wie Rosinen auf einem Pudding.
    Nach kurzem Zögern begann der Reverend, die Überreste des Toten in die Schubkarre zu schaufeln.
    Drei
    Der Arzt verscheuchte die Fliegen und rollte die Schubkarre mit dem ganzen Haufen glibberiger Leichenteile und verklebter Kleidungsstücke hinüber in seine Praxis. Seine Tochter und der Reverend folgten ihm.
    Sie durchquerten ein Wartezimmer, dann ging es einen Flur entlang und nach rechts in einen dunklen Raum. Der Arzt zündete eine Lampe an und drehte den Docht hoch. Sie befanden sich in einem Labor. In der Mitte stand ein langer Tisch. Die Wände säumten Regale mit Glasbehältern, Reagenzgläsern und dergleichen, einige davon mit farbigen Flüssigkeiten gefüllt. Auf einem Tisch an der Wand entdeckte der Reverend ein Mikroskop und alle möglichen anderen Gerätschaften. Die Fenster waren mit dunkelblauem Tuch verhüllt, sodass man gar nicht erkennen konnte, ob draußen gerade Tag oder Nacht war.
    Dem Arzt entging nicht, dass der Reverend sich umschaute.
    »Ich mag’s gemütlich«, sagte der Arzt. »Ich weiß noch gar nicht, wie Sie heißen.«
    »Reverend Jebidiah Mercer. Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen nicht die Hand gebe.«
    »Geht mir genauso. Da drüben an der Schüssel können Sie sich waschen. Das ist meine Tochter Abby, und ich bin Doktor Peekner. Die meisten Leute nennen mich einfach Doc.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte der Reverend, doch unter den gegebenen Umständen kam er sich dabei etwas töricht vor. »Haben Sie so was schon mal gesehen, Doc?«
    Doc schüttelte den Kopf.
    »Vielleicht eine Art Lepra, Dad?«, fragte Abby.
    »Nein. Nichts dergleichen ... Mein Gott, schaut euch bloß diese Sauerei an. Der Mann sieht aus, als wär er schon seit Wochen tot, aber wir wissen es ja besser. Wir haben ihn alle herumlaufen sehen.«
    »Wenn es irgendeine ansteckende Krankheit ist«, sagte der Reverend, »haben wir sie jetzt vielleicht auch.«
    »Ich nicht«, sagte Abby. »Ihr beide habt ihn angefasst, aber ich nicht.«
    »Wie besorgt sie um uns ist, was?«, sagte Doc. »Gehen Sie Ihre Hände waschen. Ich hab sogar ein chemisches Lösungsmittel zum Reinigen, davon kann ich Ihnen noch was drübergießen.«
    Genau das tat der Reverend. Abby schüttete ihm aus einem Krug frisches Wasser ins Becken, und nach dem Waschen und Abtrocknen goss Doc ihm das Lösungsmittel über die Hände, und er ließ sie an der Luft trocknen.
    »Also gut«, sagte Doc. »Macht ihr zwei es euch doch im Büro gemütlich, trinkt einen Kaffee, und ich hieve mir diesen ganzen Mist auf den Labortisch, mache hinterher sauber und komme dann zu euch raus.«
    »Willst du das wirklich alleine machen, Dad?«, fragte Abby.
    »Ja, natürlich.«
    Abby und der Reverend verließen das Labor und gingen nach vorne, wo Abby im Herd ein kleines Holzfeuer zum Kaffeekochen entfachte. Sie öffnete die Vordertür, um die Hitze hinauszulassen, doch am frühen Morgen war es bereits so heiß, dass das nicht viel brachte. Während sie die Kaffeekanne mit

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