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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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waren ins Gefängnis eingedrungen, hatten die Schlüssel vom Haken an der Wand genommen und den Indianer mit seiner Frau aus der Zelle gezerrt.
    Als sie herauskamen, wurden der Indianer und die Mulattin praktisch von der Menge hinweggetragen, und der Indianer hatte noch den Kopf zu Matt umgedreht und fast beiläufig zu ihm gesagt: »Wir werden Sie nicht vergessen.«
    Die Menge drängte auf die Straße, schob den Mann und die Frau auf die Ladefläche einer Kutsche und fesselte beide an Händen und Füßen. Der Kutscher trieb die Pferde an, und schon war die Kutsche weg, und die Menge rannte hinterher.
    Außer Caleb. Er kam zu Matt herüber und warf dem Gesetzeshüter die Schlüssel vor die Füße. »Junge, du hast das Richtige getan.«
    Dann marschierte Caleb hinter den anderen her.
    Die Erinnerung an die Lynchnacht verblasste wieder, und Matt trat vom hölzernen Gehsteig auf die Straße und begann mit seiner Runde.
    Sieben
    Matt ging gerne abends durch den Ort. Das gefiel ihm an seinem Job am besten, denn er fühlte sich dabei ein bisschen wie der Herrscher über dieses Städtchen. Wie gewöhnlich nickte er den wenigen anderen Spaziergängern zu; die meisten Leute saßen zu Hause oder bei Molly McGuire oder im Dead Dog Saloon.
    Am Saloon warf er im Vorbeigehen einen Blick über die halbhohen Flügeltüren. Nur wenige Gäste. Alle müde und verschwitzt.
    Zack an der Bar wirkte lustlos und mürrisch. Hinten war ein Betrunkener unterm Tisch eingeschlafen, und das einzige Mädchen im Saloon stand gegen einen anderen Betrunkenen gelehnt an der Bar. Auch dieser war eingeschlafen; sein Kopf ruhte auf der Theke. Die Frau hatte das alles offenbar gründlich satt und ebenfalls Schlaf nötig. An einem Tisch saßen noch vier gelangweilte Kartenspieler.
    Zack sah Matt vor der Tür stehen und winkte ihn herein.
    Matt lächelte, schüttelte den Kopf und ging weiter.
    Er schlenderte die Straße entlang, rüttelte prüfend an verschlossenen Türen, und als er zu dem Gässchen kam, das hinter Molly McGuires Café führte, blieb er stehen. Er hörte etwas. Als ob der Müll durchwühlt würde.
    Wahrscheinlich wieder dieser verdammte Köter.
    Matt zog seinen Revolver. Diesmal würde er das Scheißvieh kriegen. Er schlich in das Gässchen hinein. Dort warf das Mondlicht einen merkwürdigen Schatten. Den schrägen Schatten eines sehr großen Mannes mit einem breitkrempigen Hut. Und der kam ihm unangenehm vertraut vor.
    Matt blieb wie angewurzelt stehen. Er spannte den Hahn seines Revolvers und starrte gebannt auf den Schatten.
    »Wer ist da?«, sagte er. »Hier spricht der Sheriff. Wer ist da hinten?«
    Stille. Der Schatten bewegte sich nicht.
    Zentimeterweise wagte Matt sich weiter vor.
    »Wir haben Sie nicht vergessen«, sagte eine Stimme. Eine Stimme? Oder der Wind?
    Aber es wehte kein Wind.
    »Noch mal: Wer ist da?«
    Plötzlich verschwammen und verschmolzen die Konturen des Schattens, und die Silhouette eines großen Mannes verformte sich zu der eines Wolfs.
    Matt blinzelte, hielt den Revolver weiter vor sich, machte jedoch einige Schritte rückwärts in Richtung Straße. Der Schatten bewegte sich und wurde größer.
    Da verließ ihn der Mut, und er rannte auf die Straße hinaus, hielt aber nicht auf Molly McGuires Café zu, sondern rannte, so schnell seine Füße ihn trugen, in die andere Richtung.
    Und kam sich dann aber doch blöd dabei vor.
    Er hielt inne. Sah nicht zurück. Stand einfach nur auf der Straße. Er hatte da keine Stimme gehört. Das waren der Wind und seine Phantasie gewesen. Und kein menschlicher Schatten, der sich in einen Wolfsschatten verwandelt hatte. Bloß der Schatten des Hundes, der seit einem Jahr die ganze Stadt in Atem hielt. Er war wohl ein bisschen schreckhaft. Vielleicht hatte Caleb recht, und er wurde auf seine alten Tage noch zimperlich.
    Doch dann hörte er hinter sich das Tapsen von Füßen.
    Ich muss mich nur umdrehen, sagte er sich, und da steht dann dieser große gelbe Hund, und dem verpass ich einen Kopfschuss, und dann ist es vorbei.
    Er konnte sich nicht umdrehen. Vor lauter Angst, was er da sehen würde. Tief im Innern wusste er, dass es nicht der große gelbe Hund sein würde, und auch kein echter Wolf, sondern etwas anderes. Hastig setzte er sich wieder in Bewegung, lief zur Kirche hinüber.
    Das Tapsen hinter ihm hatte kurz ausgesetzt, als würde er nur beobachtet, doch nun setzte es wieder ein. Was auch immer da war, es war etwas Großes. Er hörte es schnaufen.
    Matt rannte los, die

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