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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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konnte ihr nicht mehr helfen – sie haben sie zerfleischt – sie aufgefressen.«
    »Sie haben das Richtige getan«, sagte der Reverend. »Die hätten sie auch noch getötet.«
    »Wenn Sie Glück gehabt hätten«, sagte Doc.
    Sie traten ans vergitterte Fenster und schauten hinaus. Die Toten verteilten sich rund um die Kirche.
    »Sind wir hier sicher?«, fragte Abby.
    »Nur eine Zeit lang«, sagte Doc. »Bis ihr Herr und Meister kommt.«
    »Ihr Meister?«, sagte Calhoun.
    »Der Indianer. Der unseren Ort verflucht hat. Darum geht es hier, Calhoun.«
    »Ich habe dem Mann kein Leid getan, auch seiner Frau nicht.«
    »Das spielt keine Rolle«, sagte Doc. »Für ihn sind wir alle schuldig. Die ganze Stadt. Sie eingeschlossen, Jeb.«
    »Der Herr hat mich hierhergeführt, um in den Kampf zu ziehen. Also, hier bin ich«, sagte der Reverend.
    »Glauben Sie immer noch, ich würde mir das alles nur einbilden?«, fragte Doc.
    Der Reverend brachte ein grimmiges Lächeln zustande. »Wenn, dann bilden wir’s uns alle ein.«
    Zwei
    Caleb hämmerte beim Sheriff gegen die Tür.
    »Matt, lass mich rein. Hörst du? Mach auf!«
    Matt (der gerade auf einer Pritsche in der offenen Zelle geschlafen hatte) hatte sehr wohl den Lärm draußen gehört, auch den Reverend und die anderen auf der Straße kämpfen sehen, hatte aber gleich begriffen, was vor sich ging, und sich bedeckt gehalten. Wenn er bis zum Morgen durchhielt, so dachte er, würde er vielleicht davonkommen. Und jetzt schlug Caleb, das Arschloch, das an allem schuld war, gegen seine Tür und lockte sie alle her. Er sah zu, wie sich die Meute der Toten auf der Straße zusammenrottete und sich auf Calebs Gezeter zubewegte.
    »Mach auf, du Schweinehund«, sagte Caleb. »Ich weiß, dass du da bist. Mach auf! Die beißen mir sonst den Arsch ab!«
    Und der bleibt ihnen hoffentlich im Hals stecken, dachte Matt.
    Er ging zum Fenster und sah hinaus. Und Caleb sah herein.
    »Mach die Tür auf, um Gottes willen«, sagte Caleb.
    Hinter ihm hatten sich die Toten zu einem Pulk zusammengedrängt und näherten sich ihrer Mahlzeit. Matt kam plötzlich der Gedanke, dass sie ihn einerseits an den Lynchmob erinnerten, der in jener Nacht den Indianer aufgehängt hatte, andererseits an die versammelte Gemeinde beim alljährlichen Erntedankfest, wo jeder irgendetwas zur gemeinsamen Mahlzeit mitbrachte.
    »Fahr zur Hölle«, sagte Caleb. Sein Gesicht verschwand von der Fensterscheibe.
    Matt zögerte, lief dann schnell zur Tür, riss den Querbalken davor aus der Halterung, warf ihn beiseite und öffnete die Tür.
    Caleb kehrte ihm den Rücken zu. In jeder Faust hielt er einen Revolver. Er riss den Kopf herum, sah Matt an und kam herein. Sie schlossen die Tür und verriegelten sie mit dem Balken.
    »Du Arschloch«, sagte Caleb.
    Matt blieb ihm die Antwort schuldig.
    »Ich hab mich quer durch die ganze Stadt gekämpft, Matt. Die fressen Menschen. Und die Toten stehen wieder auf und wanken durch den Ort.«
    »Ich weiß«, sagte Matt.
    Ohne Warnung stürzte sich Matt auf Caleb, packte ihn vorne am Hemd und warf ihn über den Schreibtisch, gegen die Wand. Er zerrte ihn wieder hoch auf die Füße und schrie ihm ins Gesicht: »Das ist deine Schuld, du Lumpenhund. Du hast dafür gesorgt, dass der Indianer aufgehängt wird. Du bist der wahre Schuldige. Du ...«
    Einer von Calebs Revolvern kam zwischen ihnen hoch, und der Lauf berührte Matts Oberlippe.
    »Lass los. Was hast du gesagt?«, fragte Caleb.
    Zitternd wandte Matt sich von ihm ab.
    Und nahm aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Das Gesicht eines Toten am Fenster. Und noch eines.
    Und etwas noch Schlimmeres.
    Zwischen den beiden Gesichtern am Fenster sah er jemanden, der eine große Kiste über die Straße trug.
    Den Indianer.
    »Heilige Mutter Gottes«, sagte Matt.
    Caleb folgte seinem Blick.
    »Herr Jesus du heilige Scheiße mit Holzpimmel am Kreuz, das ist doch der große Dreckskerl höchstpersönlich. Sieht ja noch ganz schön rüstig aus für ’n Gehängten, den der Blitz getroffen hat.«
    Caleb legte einen seiner Revolver auf den Schreibtisch, öffnete den anderen und begann, ihn mit Patronen aus seinem Gurt nachzuladen. »Dem Schweinehund zeigen wir’s, der soll Blei schlucken. Geh und hol ein paar Gewehre aus dem Waffenschrank da drüben, sonst machen die Hackfleisch aus uns – wandelndes Hackfleisch.« Caleb zündete die Schreibtischlampe an, damit sie genügend Licht zum Zielen hatten.
    Der Indianer war ans Fenster gekommen. Er bückte

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