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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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so wie’s aussieht, wird er bald verschwunden sein, wenn Sie sich an die Abmachung halten. Außerdem hat er genau genommen gar nicht hier im Ort gewohnt.«
    »Sind da die Kinder eingerechnet?«
    »Ja, das sind alles Marys Kinder. Das älteste ist dreizehn, das jüngste sechs. Sie wirft sie, wie andere scheißen gehen, und weiß nie genau, wer der Vater ist. Aber einer von denen sieht mir ein klein wenig ähnlich.«
    »Glückwunsch«, sagte der Reverend.
    »Kann man wohl so sagen. Über die Jahre sind schon einige von ihnen gestorben. Eins hat einen Pferdetritt an den Kopf nicht überlebt, und ein anderes ist im Fluss ertrunken. Dämlicher kleiner Bastard, hätte lieber schwimmen lernen sollen. Dann gab’s da noch ein älteres Mädchen, die hat was mit Norville da draußen angefangen. Und jetzt ist sie ihm davongelaufen.«
    Als das Fleisch so schwarz wie Kohle war und qualmte wie die Zigarre eines reichen Mannes, aß Reverend Mercer es in Ermangelung eines Tellers direkt aus der Pfanne. Es war so zäh, dass man es kaum beißen konnte, und schmeckte wie das Hinterteil eines Stinktiers. Er aß gerade genug, um seinen größten Hunger zu stillen.
    Als der Reverend fertig war, vergewisserte sich Jud, dass er nichts mehr wollte, nahm das restliche Fleisch in die Hände und fiel wie ein hungriger Wolf darüber her.
    »Verdammt, das schmeckt«, sagte Jud. »Ich sollte Sie als Koch dabehalten.«
    »Lieber nicht. Wovon leben die Menschen eigentlich hier draußen?«
    »Bauholz. Sie schlagen es und bringen es mit Maultieren fort. Das ist das Gute am Osten von Texas, es gibt genug Bauholz.«
    »Irgendwann wird es nicht mehr genug geben.«
    »Das wächst doch wieder nach.«
    »Menschen wachsen schneller nach, und ein paar davon sind jetzt schon zu viel.«
    »Da bin ich ganz Ihrer Meinung, Reverend.«
    Als der Reverend mit Jud nach draußen ging, um Norville freizulassen, waren die Jungen immer noch dabei, Steine zu schmeißen. Der Reverend nahm einen Stein, warf ihn nach einem der Jungen und traf ihn seitlich am Kopf, sodass er zu Boden ging.
    »Verdammt«, sagte Jud. »Das ist doch noch ein Kind.«
    »Jetzt ist es ein Kind mit einer Beule am Kopf.«
    »Sie sind ja ein komischer Reverend.«
    Der Junge rappelte sich wieder auf, hielt sich den Kopf und lief heulend davon.
    »Lauf nur, du fieser kleiner Bastard«, rief Reverend Mercer. Als das Kind nicht mehr zu sehen war, sagte er: »Eigentlich wollte ich ihn am Rücken treffen, aber so hat’s ja auch seinen Zweck erfüllt.«
    Die beiden Männer gingen rüber zum Käfig. An den Holzbalken war ein Metallriegel mit einem großen Vorhängeschloss befestigt. Der Reverend hatte sich gefragt, warum Norville die Balken nicht einfach weggetreten hatte, doch nun sah er, warum. Er war am Boden des Wagens festgekettet worden. Die Kette führte von einer großen Metallöse zu einer eisernen Fußfessel. Norvilles Unterlippe war geschwollen, er hatte überall am Kopf Beulen und blutete stark.
    »So behandelt man keinen Menschen«, sagte Reverend Mercer.
    »Er hätte vielleicht ein paar Steine weniger abgekriegt und ein paar Beulen weniger, wenn Sie nicht zuerst ihr Steak gebraten und gegessen hätten.«
    »Das ist wohl wahr«, sagte der Reverend.

Zweites Kapitel
    Norvilles Geschichte: Das Haus im Kiefernwald
    Der Sheriff öffnete den Käfig, ging hinein und löste die Schelle an Norvilles Knöchel. Dieser trat barfuß aus dem Käfig, lief ein wenig herum, schaute himmelwärts und streckte dabei seine Glieder. Unterdessen schlenderte Jud zur Veranda zurück, griff darunter und zog ein Paar alter Schuhe hervor, das er Norville gab. Dieser zog sie an, ging dann auf den Reverend zu und musterte ihn neugierig.
    »Danke, dass Sie mich rausgelassen haben«, sagte er. »Wissen Sie, ich bin nicht verrückt. Was ich gesehen hab, hab ich gesehen. Es will mir nur niemand glauben.«
    »Weil du verrückt bist«, sagte Jud.
    »Was haben Sie denn gesehen?«, fragte der Reverend.
    »Wenn er noch mal mit diesem Mist anfängt, sperre ich ihn gleich wieder in den Käfig«, sagte Jud. »Wir haben abgemacht, dass Sie ihn mitnehmen, wenn Sie gehen. Und bei aller Gastfreundschaft hab ich allmählich genug von Ihnen.«
    »Mein Magen hat schon längst genug von Ihnen«, erwiderte Reverend Mercer. »Das Fleisch in mir macht sich gerade auf den Rückweg.«
    »Kümmern Sie sich woanders um ihre Verdauungsprobleme, und nehmen Sie diesen verrückten Hurensohn mit.«
    »Hat er ein Pferd?«
    »Ja, Ihres«, sagte Jud.

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