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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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»Lassen Sie ihn mit aufsteigen, und dann sehen Sie zu, dass Sie fortkommen.«
    »Norville«, sagte der Reverend, »kommen Sie mit.«
    »Nichts lieber als das«, sagte Norville und ging entschlossen hinter ihm her.
    Reverend Mercer band sein Pferd los und stieg in den Sattel. Er reichte Norville eine Hand und half ihm, hinter ihm aufzusteigen. Norville legte die Arme um die Taille des Reverend, worauf dieser sagte: »Lassen Sie Ihre Hände schön weit oben, oder Sie landen mit dem Gesicht nach unten im Kiefernwald.«
    »Kommen Sie ja nicht zurück«, sagte Jud und verzog sich auf seine windschiefe Veranda.
    »Dieser Ort hat für mich nichts Verlockendes, Sheriff Jud«, sagte Reverend Mercer. »Aber nur für den Fall, dass Sie sich und Ihre Stellung überschätzen: Um Sie mache ich mir gar keine Sorgen. Eher um diesen Ort hier. Er stinkt zum Himmel und ist nichts wert und sollte niedergebrannt werden.«
    »Verschwinden Sie endlich«, sagte Jud.
    »Das werde ich, allerdings so schnell oder langsam, wie ich das möchte.«
    Der Reverend lenkte sein Pferd aus der Stadt und schaute noch einmal zurück, nur für den Fall, dass Jud auf die Idee kam, ihnen in den Rücken zu schießen. Doch Jud war schon in seinen Verschlag verschwunden, vielleicht um sich noch mehr von dem ranzigen Pferdefleisch in den Rachen zu stopfen.
    Als sie ungefähr drei Meilen zurückgelegt hatten, hielt Reverend Mercer an einem Bach an, um sein Pferd zu tränken. Er nahm den Sattel ab und zog das Tier dann vom Wasser fort, damit es sich den Bauch nicht allzu sehr vollschlug. Schließlich kramte er eine Bürste aus der Satteltasche und begann, dem Pferd das Fell zu striegeln.
    Norville rupfte sich einen Grashalm ab, steckte ihn in den Mund und kaute darauf herum. Dann setzte er sich unter einen Baum und sagte: »Ich bin wirklich nicht plemplem. Was ich gesehen hab, hab ich gesehen. Wieso haben Sie mir überhaupt geholfen? Sie müssen mich doch für einen Spinner halten.«
    »Gott hat mir einen Auftrag gegeben. Der gefällt mir nicht, aber es ist nun mal mein Auftrag. Ich jage die Finsternis und bringe das Licht. Ich bin Hammer und Amboss des Herrn. Sein Arm und seine Faust. Sein Schwert und sein Gewehr. Ich bin der Mann Gottes, der alles ins Lot bringt – jedenfalls nach dem Wunsch Gottes. Er und ich, wir sind nicht immer einer Meinung. Und ich sag Ihnen noch was, er ist nicht der Gott unseres Heilands, sondern der Gott Davids und all der anderen, die im Alten Testament Städte und Menschen und Tiere auslöschen. Er ist immerfort eifersüchtig und böse, und wenn hinter all dem ein Plan stecken sollte, dann habe ich den noch nicht begriffen.«
    »Ich wollte eigentlich nur wissen, ob Sie mich für verrückt halten.«
    »Mein Los ist es, das Böse zu vernichten. Und das ist in der Überzahl, sollte ich vielleicht noch hinzufügen.«
    »Also ... glauben Sie jetzt, dass ich verrückt bin?«
    »Erzählen Sie mir Ihre Geschichte.«
    »Wenn Sie hinterher glauben, dass ich verrückt bin, lassen Sie mich dann hier zurück?«
    »Nein. Zuerst erschieße ich Sie, und dann lasse ich Ihre Leiche hier zurück. – Das war nur ein Witz. Vielleicht kein besonders guter, denn ich mache nicht oft Witze.«
    Der Reverend band das Pferd an und setzte sich zu Norville unter den Baum. Sie tranken Wasser aus der Feldflasche des Reverend, und Norville begann, seine Geschichte zu erzählen.
    »Nachdem mein Pa meine Ma wegen einer Rübensuppe totgeschlagen hat, damals in Carolina, hat er den Wagen angespannt und ist mit mir und meiner Schwester nach Texas gefahren.«
    »Er hat Ihre Mutter wegen einer Rübensuppe totgeschlagen?«
    »Mausetot. Hat ihr mit ’nem Bund Rüben auf den Kopf gehauen.«
    »Mit einem Bund Rüben?«
    »Ja, das lag auf dem Tisch. Sie war gerade dabei, welche für die Suppe kleinzuschneiden. Da war noch das Grüne dran. Die hat er sich geschnappt, bestimmt sieben oder acht dicke Knollen, und hat ihr damit auf den Kopf gehauen. Muss wohl das Gehirn erwischt haben. Sie ist am selben Abend gestorben, da auf dem Küchenboden. Er hat uns nicht erlaubt, dass wir ihr helfen. Er hat gesagt, wenn Gott nicht will, dass sie stirbt, weil sie mit Rüben verdroschen wurde, dann wird er sie am Leben lassen.«
    »So gnädig ist Gott nicht. Haben Sie das mitangesehen, wie Ihr Vater Ihre Mutter mit den Rüben verprügelt hat?«
    »Ja, ich war ungefähr sechs. Meine Schwester war vier. Pa konnte Rüben auf den Tod nicht ausstehen, schon gar nicht in der Suppe. Jedenfalls hat

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