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Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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in anderer Leute Dreck«, erwiderte er.
    Er roch nach Testosteron, Rasiercreme und den Zigaretten, die er immer auf dem Waschbecken ablegte, wenn er mit einem Handtuch um die Hüfte vor dem Spiegel stand und sich Lucky Tiger in die Haare kämmte. Einmal sah er, wie ich ihn im Spiegel beobachtete, drehte sich um und ließ die Fäuste spielen wie ein Preisboxer.
    Er und meine Mutter stiegen 1946 in den Sunset Limited und fuhren nach Hollywood. Auf dem Bahnsteig drückte sie mich an sich und tätschelte mir ständig Kopf und Rücken, als wollte sie mir mit ihren Händen etwas mitteilen, was sie mit Worten nicht fertig brachte.
    »Ich lass dich nachkommen. Ich versprech es, Davy. Du wirst Filmstars sehn, im Ozean schwimmen und auf der Achterbahn übers Wasser rausfahren. Dort isses nicht so wie hier. Es regnet nie, und die Leute haben alle so viel Geld, wie sie wollen«, sagte sie.
    Als sie mit dem Bus nach New Iberia zurückkehrte, mit einem Fahrschein, den sie sich von dem Geld kaufte, das mein Vater telegrafisch einem Priester überwiesen hatte, zeigte sie mir Postkarten vom Angel’s Flight, von Grauman’s Chinese Theater und vom Strand in Malibu, als ob sich ihr Leben in Kalifornien an solch märchenhaften Orten abgespielt hätte statt in einer Garagenwohnung neben einer Stadtautobahn, in der Hank sie eines Morgens mit leerem Kühlschrank und Mietschulden sitzen ließ.
    Aber es war ein dünner, schmächtiger Bouree-Croupier namens Mack, der sie uns für immer nahm. Er besaß ein Auto, trug einen Fedora und zweifarbige Schuhe und hatte einen Schnurrbart, der aussah, als wäre er mit einem Fettstift auf die Oberlippe gemalt. Ich hasste Mack mehr als all die anderen. Er hatte Angst vor meinem Vater und war grausam, so wie alle Feiglinge. Er wusste, wie man jemanden zutiefst verletzen konnte, und hatte immer eine Erklärung parat, um seine wahren Absichten zu kaschieren, wie jemand, der ein Kind unaufhörlich kitzelt und sagt, er wollte ihm nichts zu Leide tun.
    Einmal brachte meine bunt gescheckte Katze in der Scheune einen Wurf Junge zur Welt, aber Mack fand sie vor mir. Er steckte sie in einen Papiersack, beschwerte ihn mit einem Stein und versenkte ihn im Wassergraben, stieß mich mit der Hand zurück und hielt mir warnend den Zeigefinger vors Gesicht.
    »Rühr mich nicht noch mal an, sonst schlage ich dich«, sagte er. »Die jungen Katzen werden groß und bringen die Hühner um, genau wie ihre Mama. Willst du etwa neue Hühner kaufen? Willst du was zu essen auf den Tisch bringen?«
    Er und meine Mutter fuhren eines Sommertags in einer Staubfahne weg, nach Morgan City, wo er ihr einen Job in einem Biergarten besorgte. Ich sah sie erst viele Jahre später wieder, als ich auf die Highschool ging und mit ein paar anderen Jungs eine Straßenkneipe aufsuchte. Es war ein baufälliger Spiel- und Abschleppschuppen, auf dessen Parkplatz die Gäste mit Flaschen und Messern um die Huren kämpften. Sie tanzte mit einem Betrunkenen vor der Jukebox, hatte den Bauch an seine Lenden geschmiegt. Ihr Gesicht war nach oben gewandt, als wäre sie von seinen Worten gefesselt. Dann sah sie, dass ich von der Bar aus zu ihr schaute, sah, wie ich die Hand hob, um ihr zuzuwinken, worauf sie kurz zurücklächelte, so als meinte sie mich irgendwoher zu kennen, und mir mit ihren vom Alkohol glänzenden Augen einen trägen, versonnenen Blick zuwarf, der ebenso rasch wieder verschwand.
    Ich sah sie nie wieder.
    Am Montagmorgen rief mich der Sheriff in sein Büro. Er trug einen schwarzen Nadelstreifenanzug, ein rot-weiß gestreiftes Hemd mit Druckknöpfen, einen von Hand gefertigten Gürtel und halbhohe Stiefel. Auf dem Fensterbrett hinter seinem Kopf stand eine Reihe Zimmerpflanzen, die in den schmalen, durch die Jalousien fallenden Lichtstreifen leuchteten. Er hatte eine Trockenreinigung geleitet, bevor er zum Sheriff gewählt worden war, und war vermutlich nach wie vor eher Rotarier als Ordnungshüter. Aber er war mit der Ersten Marineinfanteriedivision am Staudamm von Chosin gewesen, und niemand zweifelte an seiner Rechtschaffenheit, seinem Mut und Pflichtbewusstsein, auch wenn er nie darüber sprach – mit einer Ausnahme, so weit ich weiß, als er einen Herzinfarkt hatte, glaubte, er müsste sterben, und mir von rosa-roten Explosionswolken hoch über den verschneiten Hügeln erzählte, vom Schall chinesischer Hörner in der Dunkelheit und Winden, bei denen einem die Finger anschwollen wie purpurne Ballons.
    Sein Bauch hing über den

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