Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
den ›Pine Top’s Boogie‹ so gut spielen hören wie Sie. Lassen Sie sich nicht unterbuttern, meine Liebe«, sagte ich, drückte ihr die Schulter und ging hinaus in die Sonne.
Die Geschichte hat nur noch ein kurzes Nachspiel, und es ist nicht allzu aufregend. Gestern traf mit der Post ein in weißes Wachspapier eingewickeltes Päckchen ein. Darin befand sich ein altes Album mit einem vom Wasser verblichenen roten Einband, auf dem ein Briefumschlag klebte. Der Brief lautete folgendermaßen:
Lieber Mr. Robicheaux,
beiliegend finden Sie einen Gegenstand, der offenkundig Ihrer Mutter gehörte. Als die Unterkünfte abgerissen wurden, wurde eine ganze Anzahl solcher persönlichen Habseligkeiten in einer Scheune gelagert, so wie es mein Vater verfügte, der freundlich und zuvorkommend zu seinen Arbeitern war, zu Weißen und Negern gleichermaßen, ungeachtet dessen, was verleumderische Menschen über ihn geschrieben haben.
Es ist nicht meine Aufgabe, die abgelegten Erinnerungsstücke anderer Leute aufzubewahren, die für diese offensichtlich nicht allzu bedeutsam waren. Offen gesagt, haben Sie mich sehr enttäuscht. Sie haben den Namen meines Mannes besudelt, und es würde mich nicht wundern, wenn Sie für das Gerücht verantwortlich wären, dass ich absichtlich einen Mörder in mein Haus eingelassen hätte, um mich meines Gatten zu entledigen. So weit ich weiß, waren Sie einen Großteil Ihres Lebens der Trunksucht verfallen. Vielleicht sollten Sie Hilfe suchen.
Hochachtungsvoll
Cora Gable
Ich blätterte die steifen Seiten des Albums durch, in das mit Leimtopf und Pinsel allerlei Fotos und Postkarten, Kartenabrisse, luftdicht verpackte Haarlocken und gepresste Blumen eingeklebt waren. Hier war ein Hochzeitsfoto von ihr und Big Aldous, aufgenommen vor der Backsteinkathedrale in Abbeville, eine Speisekarte aus dem Restaurant des alten Jung-Hotels in New Orleans, wo sie und Big Al ihre Flitterwochen verbracht hatten, dort ein Zeitungsartikel aus dem Daily Iberian, in dem über meine Rückkehr aus Vietnam berichtet wurde, und ein weiterer Artikel über meinen Abschluss an der Polizeiakademie von New Orleans.
Die nächsten zehn Seiten, die einzigen, die das Album noch enthielt, waren voller Artikel aus der Times-Picayune und dem Daily Iberian über meinen beruflichen Werdegang. In den hinteren Einbanddeckel hatte sie ein Zeitungsfoto geklebt, das mich in Uniform und auf einen Stock gestützt zeigte, darunter ein Foto von mir, das aufgenommen worden war, als ich die dritte Klasse der katholischen Grundschule besuchte. Sie hatte mit einer rosa Borte, die sie an den Kanten des Einbands entlang geleimt hatte, einen Rahmen um die beiden Bilder gebastelt.
Meine Mutter war praktisch Analphabetin gewesen und wusste vermutlich nicht genau, was in den Artikeln stand, die sie aufbewahrt hatte. Und sie hatte auch keine Anmerkungen in ihr Album schreiben können, um kundzutun, was die Artikel für sie bedeuteten. Aber ich wusste, wer meine Mutter war. Sie hatte es ihren Mördern gesagt, bevor sie starb. Ihr Name war Mae Robicheaux. Und ich war ihr Sohn.
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einem Verlag der Edel Germany GmbH, Hamburg.
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel "Purple Cane Road".
Copyright © 2000 by James Lee Burke
Ins Deutsche übertragen von Georg Schmidt
Covergestaltung: Agentur bürosüd°, München
Konvertierung: Datagrafix
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ISBN: 978-3-95530-293-1
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