Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Straße nach überallhin

Straße nach überallhin

Titel: Straße nach überallhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
Vom Netzwerk:
sie wie eine Pergamentrolle vor sich hielt. Mit gesträubten Brauen entrollte er sie langsam.
    Er griff nach einem Glas, das eine Unze Bourbon enthielt, leerte es und stellte es in die Reihe zurück.
    „Der alte Red hat gerade den ersten Versuch überlebt“, sagte er. „Er tötete den Mann, den wir gesandt haben, aber das kommt nicht unerwartet. Diente lediglich dazu, seine Aufmerksamkeit zu erregen.“
    „Eine Frage …“
    „Ja?“
    „Sie wollten bestimmt, daß er davon erfährt?“
    „Aber ja. Auf diese Weise wird er entschieden mehr schwitzen.“
    „Ich verstehe. Was ist geschehen?“
    „Ein Sender wurde an seinem Fahrzeug angebracht, und an zahlreichen Orten, die er hätte besuchen können, wurden Fallen aufgestellt. An diesem Punkt wird der Bericht etwas wirr. Er wandte sich tatsächlich einem der Gebiete zu, wo einer meiner besseren Männer auf ihn wartete, in den ich große Hoffnungen gesetzt hatte. Was dort geschah, ist nicht ganz eindeutig. Aber der Attentäter verschwand. Wie unser Nachfolgemann erfahren konnte, fanden zwar Kampfhandlungen statt, aber nicht einmal der Wirt wußte ganz genau, was vorgefallen war. Und Red verschwand, nachdem er den Sender entfernt und zurückgelassen hatte.“
    Der Marquis lächelte.
    „Und so ist auch der zweite Versuch gescheitert. Das macht das Spiel interessanter, nicht wahr?“
    „Vielleicht. Trotzdem hätte ich es lieber hier schon enden sehen. Der dritte Versuch macht mir Sorgen; der Versuch war zwar beim Spielerat gemeldet, aber ich weiß nicht, ob er tatsächlich stattfand und ob er gezählt werden wird.“
    „Welcher war das?“
    „Die Frau mit den tödlichen Händen und dem Brauch, den Sie so entzückend fanden. Sie verschwand einfach. Lief mit einem neuen Freund davon und kam nie zurück. Mein Mann wartete mehrere Tage auf sie. Nichts. Ich werde ihn von dieser Phase der Operation abziehen und ihm befehlen, sie abzuschreiben.“
    „Schade. Traurig, ein Geschöpf von solchem Charakter verlieren zu müssen. Aber sagen Sie mir eines: Wenn Sie von ,mehreren Tagen’ sprechen, wie messen Sie die, wo Sie doch nicht sicher sein können, wohin – oder sollte ich besser sagen, wannhin? – sie verschwunden ist?“
    Chadwick schüttelte den Kopf.
    „Dabei handelt es sich um sogenannte ,Drifttage“‘, erklärte er. „Mein Mann befindet sich an einem fixen Punkt der Straße. Ein Tag dort entspricht auch fast genau einem jeden Tag an einer der Ausfahrten. Würde er zehn Jahre dort warten und wollte dann zu der Ausfahrt von vor zehn Jahren zurückkehren, dann müßte er die Straße weiter hinabfahren und einen anderen Ausgang suchen.“
    „Also driften die Ausfahrten selbst, oder geht es auf eine andere Weise?“
    „Ja, so kann man es auch sehen. Aber es scheint, als befände sich eine unendliche Vielzahl ständig im Entstehen. Wir wechseln die Schilder periodisch aus, aber die meisten der Reisenden, die lange Strecken fahren, führen immer einen Computer mit sich – diese Denkmaschinen, von denen ich Ihnen erzählt habe –, um die Spuren jederzeit wiederfinden zu können.“
    „Also könnten Sie mich zu jedem beliebigen Zeitpunkt in mein eigenes Zeitalter zurückbringen, früher, später oder gleichzeitig?“
    „Ja, das ließe sich alles arrangieren. Haben Sie einen speziellen Wunsch?“
    „Ich würde gern eines Ihrer Fahrzeuge bedienen lernen -und einen dieser Computer. Könnte ich dann selbst reisen? Könnte ich von jedem Zeitalter wieder hierher zurückfinden?“
    „Wenn jemand erst einmal die Straße befahren hat, dann scheint eine physische Veränderung stattzufinden, die es ihm ermöglicht, sich auf der Straße zu orientieren“, gab Chadwick zu. „Aber ich muß erst darüber nachdenken. Ich bin noch nicht bereit, Ihrem Wunsch nach Unterhaltung in anderen Epochen oder dem nach der Ermordung Ihres Großvaters nachzugeben.“
    Der Marquis kicherte.
    „Noch will ich ein undankbarer Gast sein, seien Sie dessen versichert. Aber wenn ich mich erst einmal an den Drift gewöhnt habe, könnte ich alle Orte besuchen, nach denen mir der Sinn steht, und zurückkehren … nicht wahr?“
    „Ich würde darüber gerne später reden. Belassen wir es vorerst dabei?“
    Der Marquis lächelte und nippte an seinem Absinth.
    „Vorerst“, stimmte er zu. Dann fuhr er fort: „Also ist Ihr Opfer gegenwärtig unsichtbar?“
    „Das war er, bis er unvorsichtigerweise seine Position verriet – er ist bei J zwölf oder so –, indem er eine Wette auf sich selbst

Weitere Kostenlose Bücher