Straße nach überallhin
Kommunikationskreis mit Fleurs.
Er sieht heute irgendwie anders aus, sagte er. Aber was meint er damit, wenn er behauptet, heute nicht mehr dieselbe Person wie gestern zu sein?
Ich bin noch nicht lange genug mit ihm zusammen, um dieses Phänomen vollkommen verstehen zu können, lautete die Antwort. Aber er hatte drei solcher Anfälle, seit ich ihn kenne, und jedesmal kam er mehrere Jahre jünger aussehend wieder daraus hervor und benahm sich, als wäre er eine ganz andere Person.
Mir fiel schon auf, daß er jünger aussah, als ich ihn bei J elf gesehen habe, aber ich wußte ja auch nicht, an welchem Punkt seiner Lebenslinie er angekommen war. Wenn er mich in der Vergangenheit besucht hatte, war er bisher immer älter gewesen.
Wie alt?
Irgendwo in den Fünfzigern, würde ich sagen. Ich halte es für möglich, daß er irgendwelche Verjüngungsdrogen von weiter oben einnimmt.
Ich habe nicht genügend pharmazeutische Programme, um zu wissen, ob eine solche Behandlung die Nebeneffekte dieser Anfälle haben könnte – also seiner manischen Phasen, denen Persönlichkeitsveränderungen folgen.
„Ich glaube die Gefahr beim Verschwinden von hier ist auch nicht größer als beim Bleiben“, sagte Red.
Erzähl mir mehr von diesen Persönlichkeitsveränderungen, bat Mondamay. Sind sie temporäre Irrationalitäten, oder was? Er kam mir seit unserem letzten Treffen etwas verändert vor, aber ich habe ihn nicht lange genug beobachtet, um Schlußfolgerungen ziehen zu können.
Sie scheinen jedesmal stabiler zu sein – ein verjüngtes Aussehen, mehr Enthusiasmus … Er ist dann weniger konservativ, eher bereit, Risiken einzugehen, ein wenig schneller mit seinen Reaktionen – geistig und physisch – und vielleicht auch eine Spur arroganter, grausamer, herrschsüchtiger … „Barsch“ ist vielleicht der beste Ausdruck dafür.
Also besteht die Möglichkeit, daß er jetzt etwas … Leichtsinniges tun könnte?
Könnte schon sein.
„Ich werde vorgehen, bis wir beim Wagen sind, Red“, verkündete Mondamay.
„Das ist nicht nötig.“
„Für alle Fälle …“
„Okay.“
„Wohin gehen wir jetzt?“ fragte Fleurs, als sie in den morgendlichen Sonnenschein hinaustraten.
„Die Straße aufwärts.“
„Um Chadwick anzugreifen?“
„Möglich.“
„J siebenundzwanzig? Verdammt lange Strecke.“
„Ja.“
Sie gingen zum Wagen und stiegen ein. Es gab nichts mehr zu dem Thema zu sagen.
„Ich werde alle Systeme überprüfen“, sägte Fleurs, „bevor du startest.“
„Mach schon.“
„Red, du siehst heute morgen ausgezeichnet aus“, begann Mondamay, „aber wie fühlst du dich? Ich hörte, deine Erinnerungen an gestern sind nicht besonders klar. Meinst du nicht, wir sollten uns ein stilles Plätzchen an der Straße suchen, wo du dich ausruhen kannst?“
„Ausruhen? Warum denn? Himmel, nein! Mir geht es blendend!“
„Ich meine geistig, emotionell. Wenn dir deine Erinnerung einen Streich spielt …“
„Nicht so wichtig, nicht so wichtig. Mach dir keine Sorgen. Nach meinen Attacken bin ich immer ein wenig aufgekratzt.“
„Was sind das für Anfalle?“
„Weiß ich nicht. Ich kann mich nie erinnern.“
„Was verursacht sie?“
„Wer weiß?“
Red zuckte die Achseln.
„Kommen sie nur zu speziellen Zeiten vor? Gibt es ein bestimmtes Muster?“
„Mir ist noch keines aufgefallen.“
„Hast du schon mal einen Arzt aufgesucht?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Ich will mich nicht kurieren lassen. Nach jedem Anfall geht es mir besser als vorher. Ich erwache und erinnere mich an Dinge, die mir bis dahin nie bewußt waren. Ich habe einen neuen Blickwinkel und freue mich immer …“
„Einen Moment. Ich dachte, du könntest dich niemals an etwas Bestimmtes erinnern.“
„Was dieses Ende angeht, so trifft dies zu. Aber am anderen Ende gewinne ich mehr Grund.“
„Alle Systeme sicher“, verkündete Fleurs.
„Gut.“
Red ließ den Motor an und fuhr zur Ausfahrt.
„Jetzt hast du mich nur noch mehr verwirrt“, verkündete Mondamay, als sie ein zerlumptes Individuum mit dem Kreuz eines Kreuzritters passierten und dann hinaus auf die Straße fuhren, vorbei an einer jungen Frau mit einem uralten Vehikel, die in ihre Parklücke hineinfuhr. „Was meinst du mit ,am anderen Ende’? An was erinnerst du dich? Hast du eine Vorstellung von der Natur des Prozesses, den du durchmachst?“
Red seufzte. Er nahm eine Zigarre und kaute darauf herum, zündete sie aber nicht an.
„Also gut. Ich
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