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Straße nach überallhin

Straße nach überallhin

Titel: Straße nach überallhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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ging ein Licht an.
    „Du kannst volltanken“, murmelte Leaves’ gedämpfte Stimme. „Das Konto besteht noch.“
    „Ist das nicht Diebstahl?“
    „Teufel, wenn er tatsächlich dein alter Herr ist, dann kann er dir doch wenigstens etwas Benzin kaufen.“
    Er öffnete den Tankdeckel, nahm den Schlauch aus der Halterung und tankte.
    „Er selbst hat zuletzt an einer Tankstelle bei J sechzehn aufgetankt“, sagte Leaves. „Wir werden dorthin fahren und uns umhören.“
    „Wer bedient eigentlich all diese Haltestellen und Tankstellen?“
    „Teilweise recht merkwürdige Burschen. Verbannte, Flüchtlinge – Leute, die nicht mehr nach Hause zurückkehren können und kein neues Land bewohnen wollen. Verlorene Seelen – Leute, die den Rückweg nicht mehr finden und Angst davor haben, die Straße zu verlassen. Müde Reisende – Leute, die überall waren und jetzt einen orts- und zeitlosen Aufenthalt bevorzugen.“
    Er kicherte. „Schreibt Ambrose Bierce hier irgendwo an einem Buch?“
    „Es ist eine Tatsache, daß …“
    Die Sicherung klickte. Er füllte noch ein paar Tröpfchen ein, schloß dann den Tankdeckel.
    „Du sagtest vorhin J sechzehn. Ich nehme an, das bedeutet das sechzehnte Jahrhundert?“
    „Richtig. Die meisten Leute, die weit über ihren eigenen Abschnitt hinaus die Straße befahren, lernen eine Art von Handelssprache, die Einheitsidiom genannt wird. Sie ist vergleichbar mit Yoruba, Malinka oder Hausa in Afrika -synthetisch und in weiten Teilen gebräuchlich. Es gibt einige Abarten, aber ich kann immer für dich dolmetschen, sollte die Notwendigkeit bestehen.“
    Er öffnete die Einheit und nahm Leaves heraus.
    „Du könntest sie mir während des Fahrens beibringen“, sagte er. „Ich hatte schon immer ein großes Interesse für Sprachen, und die hier scheint sogar sehr nützlich zu sein.“
    „Gerne.“
    Sie stiegen ins Auto ein.
    „Leaves“, sagte er, nachdem er sich gesetzt hatte, „du hast doch ein Gerät zur optischen Wahrnehmung …“
    „Ja.“
    „Nun, da ist ein Foto zwischen deiner letzten Seite und dem Einband. Kannst du es sehen?“
    „Nein, es zeigt in die falsche Richtung. Du könntest es einfach irgendwo hereinschieben. Seite 78 ist besonders …“
    Er nahm das Foto und legte es in die Mitte des Buches, das er dann zuschlug. Mehrere Sekunden verstrichen.
    „Nun?“ fragte er.
    „Ja. Ich habe das Foto gesehen.“
    „Ist er es? Ist das Dorakeen?“
    „Es … scheint so. Wenn nicht, dann ist die Ähnlichkeit verblüffend.“
    „Dann auf, finden wir ihn.“
    Er ließ den Motor an.
    Während er die Rampe hinabfuhr fragte er: „Was für ein Geschäft betreibt er eigentlich?“
    Es folgte eine lange Pause, dann: „Ich bin nicht ganz sicher. Er transportierte lange Zeit alle Arten von Dingen. Damit hat er eine Menge Geld gemacht. Die meiste Zeit war er dabei mit einem Mann namens Chadwick zusammen, der später seine Operationen ein gutes Stück weiter die Straße hoch verlegte. Chadwick wurde sehr mächtig, hauptsächlich ein Resultat beider Bemühungen, aber dann entzweiten sie sich. Das geschah etwa zu dem Zeitpunkt, als ich … vergessen wurde. Er scheint wirklich sehr schnell verschwunden zu sein, wie du schon sagtest. Ich weiß daher von seiner Beschäftigung nur, daß sie etwas mit Transport zu tun hatte.“
    Randy kicherte.
    „… aber ich fragte mich schon immer …“ fuhr Leaves fort.
    „Was?“ fragte Randy.
    „Ob er nicht eigentlich einer der erstgenannten Kategorien angehörte – den Leuten, die aus irgendwelchen Gründen den Rückweg nicht mehr finden können. Er schien immer nach etwas Ausschau zu halten. Außerdem erfuhr ich niemals ganz genau, woher er kam. Er verbrachte eine Menge Zeit damit, in schmalen Seitensträßchen zu suchen. Nach einer Weile – glaube ich wenigstens – versuchte er sogar hier und da etwas zu verändern. Aber seine Erinnerung an den Zustand, den er wieder herstellen wollte, schien nicht mehr ganz komplett zu sein – als läge das schon in fernster Vergangenheit. Ja, er reiste viel herum …“
    „Immerhin kam er bis nach Cleveland“, sagte Randy. „Wenigstens eine kleine Weile.“ Dann fuhr er fort: „Wie war er? Ich meine persönlich.“
    „Das ist eine schwere Frage. Rastlos – wenn ich mich auf ein Wort beschränken müßte.“
    „Ich meine – ehrlich? Unehrlich? Ein netter Kerl? Ein Schuft?“
    „Er hatte von allem etwas – je nachdem. Seine Persönlichkeit veränderte sich manchmal. Aber später … später

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