Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene
nahm die Rechnung e ntg e g e n. Während sich die sympa t h i sche D a me dort m i t me i ner Kreditkarte zu s c haffen m a c hte, w arf i c h ein e n prüf e nden Blick auf das P apier und ste l lte ve r w undert f e st, daß m an m ir vier Frank e n für ein e n Orang e nsaft berechnete. Vier Frank e n sind eine Menge G e ld.
» E n t schuld i gen Sie, aber Sie berechnen mir hier vier Fr a nken für einen Or a ngensaft . «
» H aben S ie ke i nen Orangens a ft bestellt ? «
» D och, aber der Kellner hat mir ni c ht g e s a gt, daß ich d a für bezahlen muß. Ich dachte, der Saft g e h ö rt zum F r ühstück . «
» O h, ne i n, unser Orangens a ft ist e t w a s g a nz Bes o nderes. Er ist fris c h gepreßt und - « , sie b e nut z te ein deu t s c hes Wort, das ve r mutli c h so viel bedeutete w i e » v o ller ekl i ger roter Fasern « , und fuhr fort -
» d e sh a lb kostet er vier Fr a nk e n . «
» D as i st j a schön und gut, ab e r das hätte m a n mir sag e n müssen . «
»Aber, m e i n Herr, S ie hab e n den S a ft bestellt, und Sie haben ihn getrunken . «
» I c h habe i hn nicht get r unk e n. Er hat w ie E nt e nur i n g e sch m e c kt. Außerd e m dachte i c h, er w äre umsonst . «
Wir befanden uns in e i ner aus w e glos e n Si t uation. No r m a le r w e i se mache i c h w e gen e i ner solchen Lappalie ke i ne Sz e ne - i c h k o mme nach t s w ieder und w e r fe e i n e n S tein i ns F e nster -, aber di e s m al w ar ich e nts c hlossen, mi c h dur c h z usetzen, und w e i gerte mi c h, d en Beleg zu unters c hreiben, solange die vier Frank e n ni c ht v o n der Rechnung vers c h w unden w aren - und wenn sie mi c h deshalb ve r haft e n sollt e n. Ich g e st e he, für e i n e n M o m e nt sah ich mich s c hon h i nter Gittern, und je m a nd reichte mir me i n A b e ndess e n i n die Z e lle, und als i c h das Le i nen t u c h v o m T ablett hob, befand sich darunter nich t s als ein Glas pfirsichfarbener Orang e nsaft und eine zähe S c heibe S c hink e n. Schließli c h gab sie na c h und blieb dabei so liebens w ürdig, wie ich es ve r mutli c h nicht verdient ha t te. Doch das g ez w ung e n na c hsi c ht i ge Lä c heln, d a s sie mir bei der Rückgabe der Kreditkarte sch e nkte, ließ kein e n Z w e i fel, daß für mi c h i m Hotel Engel i n Vaduz nie mehr ein Z i mmer frei se i n w ürde. U nd da m an mir a uch i m Vaduze r hof ke i ne Unte r kunft g e w ä hren w ol l te, w ar klar, daß dies m e ine erste und letzte Nacht i n Liechtenste i n g e w e sen w ar.
Sonntags fuhr e n keine Busse, so daß mir nichts a nderes übrigblieb, als mi c h z u F uß a uf den Weg zum z e hn Kil o meter e n t fern t en Bu c hs zu m a c h e n. A ber das störte mi c h ni c ht, denn es w ar ein mak e lloser Frühlings m org e n. I m g a nz e n T al läuteten die Kirchengl o cken, als w äre gerade ein Kri e g zu E nde. Ich folgte der Straße ins N a chbardorf Scha a n, w o i c h i n ein e n Fel d w e g e i nbog und hoffte, er w ü rde m i c h an den Rhe i n führen. U nd so w ar e s a u c h. Er führte mi c h direkt a uf einen Kies w e g, der nur darauf w artete, mir auf dem letzt e n Kil o m eter den Weg a m U fer entl a ng z u einer Brücke zu weisen, die Lie c ht e nste i n mit der Sch w e i z verbindet. Zum e r sten Mal w ürde ich eine Gr e nze zu Fuß überqu e ren. Mitt e n auf der Brücke hatte m a n eine T afel a ngebracht, die den Ve r lauf der Grenze markierte. Nirgen d s w ar e i n Gr e nzposten z u seh e n. Weit und breit ke i ne Mens c h e nseele. A lso trat ich einmal über die Grenzlinie und sprang w ieder zurü c k. Und w eil es so schön w ar, hü p fte ich w o hl drei- oder vie r m a l von e i n e m Land i ns a ndere.
Buchs a uf der anderen Seite d es F l uss e s w ar nicht nur ve r schl a fen, es lag i m K o ma. Da m ir bis zur A nkunft me i nes Zuges z w ei Stund e n blieben, m a c hte i c h ein e n a usgiebig e n Stadt r un d gang. Er dauerte vier Minuten, mit P aus e n.
Ich g i ng zum Bahnhof, lös t e eine F a hrkarte na c h Innsbruck und su c hte das Bahnhofsc a fe auf. Es w ar g e schloss e n, aber ein Zei t ungski o sk h a tte geöffnet. Ich nutzte die Geleg e nhe i t und s a h mi c h na c h e t w as z um Les e n u m , d e nn Ziegle r s erbarmungsl o se Auflistung der P estopfer unter den e uropäischen Bauern des vierzehnt e n Jahrhunderts verlor al l m ä hlich ihr e n Reiz. Doch die einz i ge a m Kiosk erhält l iche L e ktüre i n e ng l is c her Sprache
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