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Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Titel: Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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bliebenen Z w i sch e nraum i n mir m it gut e m deuts c h e m Bier. Nachdem ich e i n halbes Buch geles e n h a tte, erhob ich m i c h kurz na c h Mitte r nacht von me i n e m T isch, ni c kte w ürd e voll den sechs türkis c hen K e llnern z u, die seit Stund e n auf diesen M o m ent g e w artet hatt e n, und ließ m i c h von e i n e m w i nz i gen Lift i m Zei t lup e nt e m po i n den vier t en Sto c k tragen. Oben a ngek o mmen mußte i c h e t w a eine halbe S tunde mit me i n e m S c h l üssel a uf das S chlüsse l loch e i nstech e n, bis ich d a nn une r w artet ins Z i mmer s t ürz t e, die T ür m i t ein e m Fußtri t t schloß, mi c h einiger Klei d ungsstü c ke entledigte (einer So c ke, ein e m h a lben H e m d) und mi c h a ufs Bett w a rf, w o i c h a uf der Stelle in e i nen ti e f e n, zufriedenen und aller Wahrs c heinlichkeit nach g e sc h w ätzigen S c hl a f sank.
    Die Sonne w eckte mi c h. Sie schien so heiß und hell a ufs Bett, daß an Schl a f ni c ht m e hr z u denk e n w ar. A lso stolperte i c h z um Fenster. Draußen w artete e i n herrl i cher Morg e n, viel z u s c hön, um vers c hlaf e n z u w erden. Die Bahnhofshalle und die Kir c hen-Allee dahinter erstr a hlt e n i m Sonn e nli c ht, daß m ir die Augen schmerzten. Ich hatte e i n e n Kater, an d e m die Wiss e ns c h a ft i hre hel l e Freude gehabt hä t te, doch na c h z w ei T assen sta r k e m K a ffee auf der sonnig e n T errasse des P opp, nach einer H a ndvoll A spir i n und z w e i Z i garetten fühlte i c h mi c h so w eit i n der L a ge, e i nen g e mä ß igt e n Sp a ziergang zum Elbeufer zu un t ernehm e n. A l s ich dort ank a m, sah i c h nicht viel m e hr a l s Kräne, W e rften und d e n breiten, träg e n Fluß. Mir k a m e n die Worte Konrad A denaue r s in den Sinn: » An der E lbe kann man P reußen rie c hen . « Ich roch ni c h t s als toten Fis c h, j edenfal l s glaube i c h, daß es toter F i sch w ar. Viellei c ht w aren es auch die P reußen.
    In den dreißiger Jahren arbeiteten 100000 Mensch e n i m Ha m bu r ger Haf e n, heute sind es knapp 1200. Dennoch ist er, nach Rotterda m , noch i mmer der z w ei t größte U m s c hlagh a f e n Europas, mit ein e m Handelsvolum e n, das d e m Öste r reichs en t spricht. No c h bis vor ein i gen Woch e n hä t te ich hi e r das interess a nte S c hauspiel verfo l gen können, w ie Fra c hts c h i ffe a chtern Getreide en t laden, um e s kurz darauf w i eder in i hre vorderen Laderäume z u s c haff e n. Auf diese Weise entlockten sie der so ung e me i n w ohltät i gen EG b e trächtli c he Extra-Zus c hüsse. M i t ihrer V orliebe für groben Unfug hat die EG j ahrelang S o ndersubv e nti o n e n an Sped i teure gez a hlt, die in ein e m der Mitgliedsl ä nder produziertes Getreide von e in e m a nderen L a nd des G e m e i ns a m e n Marktes a us reexportierten, so daß diese nur m H a m bu r g ein e n Z w is c h e nst o p einleg e n mußten, um i h r e Fracht sinnlos z u en t - und w ieder z u verladen, und s c hon konnt e n sie e i n Ver m ö g e n kassieren. Mit dieser klein e n L i st bereicherten s i ch ein i ge Spediteure um s a ge und s c hreibe 100 Millionen Mark, bevor die Bürokraten der EG erkannt e n, daß sie das Geld nutzbring e nder ausgeben k ö nnt e n - für si c h selbst z um Be i spiel -, und diesen P raktiken e i n e n Ri e gel vorschoben.
    Ich w a nderte ein paar H und e rt Meter l a ndein w är t s z ur R e eperbahn. Die sündige M e ile w irkte en t täus c h e nd fade. Natürli c h ze i gen sich sündige Orte bei T agesli c ht nie v o n ihrer aufr e gendsten Seite. Ich kann mich daran erinnern, d a ß ich selbst in Las V e gas da c hte, w elch einen ha r m l o sen Eindruck d i e ganze Szenerie doch bei Kaffee und Ku c hen macht. All der Lä r m und all die Lichter, die m i t der A benddämme r ung here i nbrechen, erlöschen, sobald die Wüstensonne aufg e ht, und sofort w irkt alles nichtss a g e nd und erinnert an eine Fi l mkul i sse. Doch au c h w enn m a n das berücksi c ht i gte, machte die Reeperbahn e in e n a usgespr o chen zahm e n E i ndru c k, besonders na c h einer Stadt w ie Amsterd a m . I ch hatte eine s c hmale F ußg ä ngerstraße e r w artet, an der sich zu beiden Seit e n Bars, Sexshops, P eepsh o w s, Striptease-L o kale und a ll d i e anderen Dinge dr ä ng e n, die ein e n eins a m e n Se e m a nn w ieder a ufri c ht e n. Doch dies hier unterschied sich k a um v o n e i ner no r ma l en Stad t straße.

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