Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene
mi c h frag e n muß, ob der freundli c he, alte Kel l ner, der m ir me i nen K a ffee bringt, se i ne Jugend d a m it verbracht hat, Bab y s auf Ba j onette zu spi e ßen oder Juden in die Gask a mmern z u schi c ken. E s gibt D i nge, die sind zu abscheulich, um ve r zieh e n werden zu k ö nn e n. Dennoch b i n i c h der Ansi c ht, daß ni e m a nd, der heute na c h Deu t schland k o mmt, auch nur für e in e n M o ment ann e hmen k a nn, daß e t w a s Derart i ges i n di e s e m L a nd j e w ieder ges c h e hen k ö nnte. Es k a m mir so vor, a l s w är e n die Deuts c h e n a uf d e m besten Weg, die n e u e n Am e rikaner z u w erden - reich, ehrgeiz i g, fleißig, g e sundhei t sbe w ußt und ihres Stel l en w ertes in der Welt g e w iß. Und w ie ich m ir H a m b urg so ansah, w ollte i c h me i n S c hicksal gern i n ihre Hände leg e n - auf j eden Fall w ürde ich es lieber i hnen anvertrau e n a ls den e n, die Großbritanni e n w ä hrend der letzten vierzig Jahre i n e i nen e inz i g e n R a mschladen v er w a ndelt haben.
Eins hatte sich ni c ht ver ä ndert: Die Frau e n rasieren si c h bis h e ute nicht die A c hs e ln. Das hat mich s c hon i mmer g e w undert. A lle s i nd sie so s c hön und el e gant, und dann heben sie die A r me, und da hängt dieses Büschel St a h l w olle. I ch w eiß, e i n i ge L e ute halt e n das für natür l ich, aber das sind Steckrüben a uch, und trotzd e m hängt sich ni e mand Rüben unter die A c hse l n. Sollte si c h j edoch herausstell e n, daß die Vernachl ä ss i gung i h r er Sch a mhaare die s c hle c hteste Eig e nsch a ft i st, die die Deu t s c hen m it i ns letzte Jahrz e hnt di e ses Jah r hunderts nehm e n, dann habe ich ni c hts d a geg e n e i n z u w e nden, daß sie uns ins nä c hste Jahrtaus e nd führ e n. Allerdings w ird m a n uns da w o hl s o w ieso keine a ndere Wahl lassen.
A ll diese s c hl a nk e n, gut a ussehend e n Mens c h e n begann e n mich zu depri m ier e n, g a nz besonders, als i c h zufäll i g i n e i n e m S c hauf e nster me i n Spiegelbild erblickte und erkennen mußte, daß nun ich der Fet t w anst hier w ar. Nachd e m ich die ersten fünfund z w a n z ig Jahre me i nes Lebens a usges e hen habe, als st a mmte ich von einer Heus c hrecke ab, trifft mi c h bei ein e m so une r w arteten Anblick me i nes w o g e nden Wabbelspecks noch i mmer f a st der S c hlag. U nd j edes m al w ieder muß i c h m i ch davon abh a lten, d e m fe t t e n T y pen neben mir » G uten Morg e n« z u s a g e n, w enn ich e in e n F a h r stuhl mit Spiegel betrete. Einmal habe i ch es mit e i ner Diät versu c ht. Schon i n der ersten Woche habe ich vier P fund abg e n o mm e n, w a s m i c h zunä c hst ung e me i n g e freut hat, doch dann w urde m ir kla r , daß b ei ein e m so ras a nten T e m po innerhalb von nur ein e m Jahr ni c hts m e hr von mir übrig se i n w ürde. Daher w ar ich e i nige r maßen e r leichtert, als i c h in der z w e i ten Woche all m e ine P funde w ieder bei mir hatte (es handelte si c h um e i ne e i gens von mir zus a mm e ngeste ll te P izza- und Eiskr e m-Di ä t) und i c h mich nun mit d e m Ged a nk e n tröste, daß ich i m Falle e i ner globalen H ungersnot noch i mmer auf d e n Be i nen sein w erde, j a, ve r mutli c h sogar noch ein w e n i g T enn i s spiele, w enn ihr alle längst aus d e m letzt e n Loch pf e ift.
Den Na c h m i ttag w i d mete i c h der g e w al t ig e n Außenalster.
Ich w a nderte einmal g a nz um den See heru m . E i gen t lich wollte ich mi c h dort ni c ht den g a nzen Nachmitt a g a ufhalt e n, doch e s w ar so schön, daß ich mi c h ni c ht losreißen konnte. Unter dem mit Schö n w ette r w o lk e n be t upft e n H i mmel s c haukelt e n S e gel b oote auf dem Wasser, und un e n t w e gt schipperten die kle i n e n roten und w eiß e n A lsterd a m p fer z w is c hen den reich e n Vierte l n i m N o rden und dem geg e nüberlieg e nden Sta d tzentrum hin und her. Der See w ar umgeben v o n ein e m s c hmal e n P ark, in dem e s von Joggern und Liebespaaren w i mmelte. D a nn und w ann s t ieß ich auf eine von P ennern belagerte Bank, aber auch sie m a c hten e i n e n - i n Anbetracht ihrer Leb e ns w e i se - e r staunl i ch g e sunden und begütert e n Eindruck. Jeder von st ä mm i g e n Eich e n und d e m zitternd e n Laub der Weiden u m r a hmte Bli c k über den S e e bot eine rei z volle Aussicht auf das andere Ufer: auf die Spitze eines Fe r ns e h t u r
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