Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Streng vertraulich Kommissar Morry

Streng vertraulich Kommissar Morry

Titel: Streng vertraulich Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
Getty.
    „Ja — das heißt, nein.“
    „Was soll das heißen?“
    „Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir die alten Klamotten zu besorgen.“
    „Gut. Sie werden sofort aufbrechen und’ —.“
    „Hören Sie, Mr. Getty“, unterbrach Lee nervös. „Mir ist etwas schreckliches zugestoßen!“
    „Haben Sie einen Unfall gehabt?“
    „Man kann es so nennen — ich bin bestohlen worden!“
    „Ihr Pech“, sagte Getty.
    „Verstehen Sie doch — ich bin das ganze Geld los!“ schrie Lee.
    „Na und? Sie hätten besser darauf acht geben sollen. Oder wollen Sie mich bluffen? Wollen Sie auf billige Art und Weise von dem Vertrag loskommen? Ich warne Sie, Lee — so etwas können Sie mit mir nicht machen.“
    „Nein, nein! Ich stehe zu meinem Wort! Aber Sie müssen mir etwas leihen — ich habe nicht einen einzigen Cent in der Tasche! Ich kann nicht einmal das Hotel bezahlen.“
    „Sie machen mich krank“, sagte Getty.
    „Sie glauben mir nicht? Sie denken, ich lüge?“
    „Allerdings! Sie wollen sich nur noch ein paar Dollar ergaunern.“
    „Ich schwöre Ihnen, daß das nicht zutrifft! Es ist schlimm genug, daß ich das Geld eingebüßt habe und den Auftrag durchführen muß, ohne dafür belohnt zu werden.“
    Einige Sekunden war es am anderen Ende der Leitung still. Dann sagte Getty: „Ich schicke Ihnen einen Umschlag mit dreihundert Dollar. Mehr kann ich nicht für Sie tun."
    „Vielen Dank“, sagte Lee hastig. „Das wird mir über die Runden helfen.“
     
    *
     
    Lee bemerkte die mißtrauischen und feindseligen Blicke der wenigen Männer, die an der Theke des Lokals standen. Niemand sagte ein Wort. Das eisige Schweigen vermochte ihn nicht zu beeindrucken. Er setzte sich an einen Tisch. Der Wirt kam heran und fragte unwirsch: „Was wünschen Sie?“
    „Ein Bier — und einen Gin.“
    „Können Sie überhaupt zahlen?“
    Lee grinste. Die Frage und das Auftreten des Wirtes bewiesen, daß der vagabundenhafte Aufzug seine Wirkung nicht verfehlte.
    „Klar — oder dachten Sie, ich wollte schnorren?“
    Der Wirt wandte sich schweigend ab. Die Männer am Tresen sagten noch immer kein Wort. Aber sie hatten aufgehört, ihn anzustarren.
    Als der Wirt die Getränke brachte, fragte Lee: „Wie sieht es hier in West Lane mit Arbeit aus?“
    „Ich kann niemand gebrauchen“, erwiderte der Wirt.
    „Und sonst — gibt es nirgendwo etwas zu verdienen?“
    „Nein, ich glaube nicht.“
    „Schade — meine Kasse könnte eine kleine Aufbesserung gut vertragen“, meinte Lee, der sich genau an die Anweisungen hielt, die Getty ihm gegeben hatte.
    Der Wirt grinste gutmütig. „Das trifft wohl für jede Kasse zu“, meinte er.
    „Hm — ausgenommen die von McGraigh, was?“
    Das Grinsen verschwand aus dem Gesicht des Wirtes. „Kennen Sie ihn?“
    „Ich habe einiges von ihm gehört. Er ist reich, was?“
    „Das wird behauptet“, meinte der Wirt abwehrend.
    „Er soll Millionen haben“, murmelte Lee.
    „Wollen Sie für ihn arbeiten?“ fragte einer der Männer an der Theke. Die anderen lachten.
    „Warum nicht?“ fragte Lee und strich sich um das unrasierte Kinn. „Ihm wird es nicht schwerfallen, auf ein paar Dollar zu verzichten.“
    „McGraigh hält nicht viel von Landstreichern“, sagte ein anderer Mann an der Theke.
    „Dann weiß er nicht, wie amüsant sie sein können“, erklärte Lee und leerte mit einem Schluck das Ginglas.
    „Vielleicht sollten Sie mal versuchen, um die Hand von McGraighs Tochter anzuhalten“, witzelte der Wirt. „Die bringt die richtige Mitgift in die Ehe.“
    Die Männer an der Theke lachten wiehernd.
    „Außerdem ist sie schön — sehr schön“, sagte der Wirt, plötzlich seltsam ernst.
    Die Männer an der Theke waren ruhig. Es schien so, als würde sie der Gedanke an das Mädchen in den Bann schlagen. Lee mußte plötzlich an Patricia denken.
    Sie hatte ihn durchschaut — und sie hatte ihn gewarnt. Er hatte ihre Warnungen in den Wind geschlagen und war dabei gründlich reingefallen. Warum nur hatte er mit dem Geld protzen und die Brieftasche öffnen müssen?
    Es gab kaum einen Zweifel: das Mädchen, das sich Patsy nannte, hatte ihn dabei beobachtet. Nur so ließ sich das verheißungsvolle Lächeln erklären, mit dem sie ihn rasch aus seiner Reserve gelockt hatte. Er hatte sich wie ein Gimpel gefangennehmen lassen!
    „Na?“ schreckte ihn die Stimme des Wirtes aus seinen Gedanken in die Höhe. „Wäre das nichts für Sie?“
    Lee erinnerte sich an seinen Auftrag. Er grinste.

Weitere Kostenlose Bücher