Streng vertraulich
konnte hören, daß der Pastor Delia aus dem Zimmer drängte. Der Notarzt fragte: »Sind Sie fertig?« Es klang, als hätte er gleich noch einen Termin. Ein wahrer Gnadenengel. Ich nickte und drehte mich auf den Rücken. Dann setzte ich mich auf. Sozusagen. Ich umschlang meine Knie mit den Armen und saß dort, hielt mich selbst mit schwindelndem Kopf fest. Vor mir führten die Wände einen psychedelischen Tanz auf, und mein Mund fühlte sich an, als sei er gefüllt mit blutigen Centmünzen. Ich sagte: »Autsch.«
»Sie können sich aber gut ausdrücken«, bemerkte der Notarzt. »Außerdem haben Sie eine leichte Gehirnerschütterung, ein paar wackelige Zähne, eine aufgeplatzte Lippe, und neben dem linken Auge bekommen Sie eine Riesenbeule.«
Klasse. Morgen früh werden Angie und ich ein Gesprächsthema haben. Die Ray-Ban-Zwillinge. »Ist das alles?«
»Das ist alles«, gab er zurück und ließ das Stethoskop in seine Tasche fallen. »Ich würde Ihnen ja raten, mit mir zum Krankenhaus zu fahren, aber Sie sind aus Dorchester, deshalb nehme ich an, Sie fahren auch diese scheiß Machotour und kommen nicht mit.«
»Hmm«, erwiderte ich. »Wie bin ich hierhergekommen?«
Hinter mir antwortete Pastor Drummond: »Ich habe Sie gefunden.« Er trat mit meiner Schrotflinte und meiner Magnum in der Hand vor mich. Dann legte er die Waffen behutsam auf die Couch gegenüber von mir.
»Tut mir leid mit dem Teppich«, sagte ich.
Er zeigte auf die Kotze. »Pater Gabriel, wenn der betrunken war, machte das auch ständig. Wenn ich mich richtig erinnere, war das der Grund, warum wir das farbige Muster gewählt haben.« Er lächelte. »Delia macht Ihnen gerade das Bett fertig.«
»Vielen Dank, Pater«, entgegnete ich, »aber ich glaube, wenn ich zum Schlafzimmer hochgehen kann, dann schaffe ich es auch über die Straße in meine Wohnung.«
»Dieser Räuber ist vielleicht immer noch da draußen.«
Der Notarzt hob seine Tasche hoch, die neben mir stand, und verabschiedete sich: »Schönen Abend noch.«
»Hat mich auch wirklich gefreut«, brachte ich hervor.
Der Notarzt zog ein Gesicht und winkte uns zu, bevor er durch die Seitentür verschwand.
Ich streckte die Hand aus, Pater Drummond ergriff sie und zog mich hoch. Ich erklärte: »Ich wurde nicht überfallen, Pater.«
Er hob die Augenbrauen: »Ein wütender Ehemann?«
Ich sah ihn an. »Pater«, flehte ich, »bitte. Sie müssen damit aufhören, sich an meinem Lebenswandel zu ergötzen. Es hat was mit dem Fall zu tun, an dem ich arbeite. Glaube ich.« Ich war mir nicht mal sicher. »Es war eine Warnung.«
Er brachte mich zur Couch. Das Zimmer wackelte wie das Achterschiff der Titanic. Er entgegnete: »Keine schlechte Warnung.«
Ich nickte. Falsche Bewegung. Die Titanic kippte um, der Raum glitt zur Seite. Pastor Drummonds Hand drückte mich wieder auf die Couch zurück. Ich wiederholte: »Ja. Keine schlechte Warnung. Haben Sie die Polizei gerufen?«
Er sah mich überrascht an. »Sie wissen doch, daß ich nicht mal dran gedacht habe.«
»Gut. Ich möchte nämlich nicht die ganze Nacht lang Anzeigen ausfüllen.«
»Aber Angela hat es vielleicht getan.«
»Sie haben Angie angerufen?«
»Sicher hat er mich angerufen.« Sie stand in der Tür. Ihr Haar war durcheinander, unordentliche Strähnen hingen ihr in die Stirn; dadurch sah sie noch verführerischer aus, so als sei sie gerade eben aufgewacht. Sie trug eine schwarze Lederjacke über einem bordeauxroten Poloshirt, das lose über einer grauen Jogginghose und weißen Turnschuhen hing. In der Hand hielt sie eine riesige Tasche, die sie auf den Boden fallen ließ, als sie zur Couch herüberging.
Sie setzte sich neben mich. »Sehen wir nicht wunderbar aus?« fragte sie und hob mein Kinn mit der Hand an. »Junge, Patrick, mit wem bist du zusammengestoßen ? Mit einem wütenden Ehemann?«
Pater Drummond kicherte. Ein sechzigjähriger Priester, der sich ins Fäustchen lachte. Nicht mein Tag heute.
»Ich glaube, es war ein Verwandter von Mike Tyson«, gab ich zurück.
Sie sah mich an. »Wie? Hast du keine Hände mehr?«
Ich stieß ihre Hand weg. »Er hatte eine Uzi, Ange. Wahrscheinlich hat er mich damit geschlagen.«
»‘tschuldigung«, lenkte sie ein. »Ich bin ein bißchen nervös. Ich wollte dich nicht ärgern.« Sie sah sich meine Lippe an. »Das kommt aber nicht von einer Uzi. Deine Schläfe vielleicht. Aber die Lippe nicht. Sieht mir wie ein Schlag mit einem Schlagring aus, so wie die Haut aufgerissen ist.«
Angie, die Fachfrau für
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