Streng vertraulich
wahrscheinlich nur hierher, weil Big Dan’s zu hatte. Ich sah wieder Angie an. Über sie machte ich mir keine Sorgen; ich machte mir Gedanken, was aus unserer Detektei werden würde, wenn meine Kollegin einer ganzen Barmannschaft in Lansington die Schwänze wegpustete. Ich war mir nicht sicher, ob uns Pastor Drummond mit offenen Armen empfangen würde.
Von innen war die Kneipe größer, als sie von außen wirkte. Links von mir befand sich kurz vor der Theke eine enge Treppe aus unbehandeltem Holz. Die Theke zog sich links über die Hälfte des Raumes hin. Ihr gegenüber standen ein paar Zweiertische vor einer dunklen Sperrholzwand. Hinter der Bar wurde der Raum breiter, ich konnte links Flipper und Videoautomaten und rechts einen Pool-Tisch erkennen. Ein Pool-Tisch. Klasse.
Die Bar war mittelvoll bis voll. So gut wie jeder trug eine Baseballkappe, auch die offenbar weiblichen Gäste. Einige hatten Cocktails vor sich, aber sonst hörte hier alles auf den Namen Budweiser.
Wir gingen auf die Theke zu, und die Leute wandten sich wieder ihrer Beschäftigung zu oder taten wenigstens so.
Der Barkeeper war ein junger, gutaussehender Typ mit blondgefärbtem Haar, aber wenn er hier arbeitete, mußte er ortsansässig sein. Er schenkte mir ein schwaches Lächeln. Dann warf er Angie eins zu, das im Vergleich dazu aussah, als seien seine Lippen explodiert. »Hi. Was darf’s sein?« Er stützte sich auf den Tresen und sah ihr in die Augen.
Angie antwortete: »Zwei Bud.«
»Gerne doch«, erwiderte Blondie.
»Das denke ich mir«, gab sie zurück und lächelte.
Das macht sie immer. Flirtet sich mit allen außer mir den Arsch ab. Wenn ich nicht vor Selbstvertrauen strotzen würde, würde es mich ärgern.
Heute abend hatte ich jedoch Glück. Das merkte ich in dem Moment, als das Lied von Bon Jovi zu Ende war. Während Blondie die Biere zapfte, sah ich zur Treppe hinüber. Als es in der Bar einen Moment lang so gut wie still war, konnte ich hören, daß sich oben etwas bewegte.
Blondie stellte die beiden Biere vor Angie, und ich fragte: »Gibt es hier einen Hinterausgang?«
Er wandte mir langsam den Kopf zu und sah mich an, als hätte ich gerade beim Einsteigen in den Bus gegen sein Knie gestoßen.
»Ja«, antwortete er ganz langsam und nickte in Richtung des Pool-Tisches. Durch den Rauch im hinteren Teil sah ich die Tür. Er blickte wieder Angie an und fragte aus dem Mundwinkel heraus: »Wieso, willst du uns hier überfallen?«
»Nein«, erwiderte ich. Ich blätterte die Karten in meiner Brieftasche durch, bis ich die richtige gefunden hatte. »Ich habe vor, Sie wegen Verletzung der Bauvorschriften vorzuladen. Wegen Verletzung einer ganzen Menge von Vorschriften, Sie Witzbold.« Ich warf die Karte auf die Theke. Darauf stand: Lewis Prine. Staatlicher Bauinspektor. Lewis hatte einmal den Fehler gemacht, mich unbewacht in seinem Büro zu lassen.
Blondie ließ den Blick von Angie, obwohl es ihm offenbar schwerfiel. Er machte einen Schritt zurück und begutachtete die Karte. »Haben Sie nicht immer so Dienstmarken?«
So eine hatte ich auch. Das gute an Dienstmarken ist, daß sie für ungeübte Augen fast alle gleich aussehen, deshalb muß ich nicht fünfzig davon mit mir herumtragen. Ich hielt sie ihm vor die Nase und steckte sie dann zurück in die Tasche. »Sie haben also nur diese eine Hintertür?« fragte ich.
»Ja«, bestätigte er nervös. »Warum?«
»Warum? Warum? Wo ist der Inhaber?«
»Ha?«
»Der Inhaber. Der Inhaber.«
»Bob? Der ist schon nach Hause.«
Meine Glückssträhne hielt an. Ich fragte: »Mein Sohn, wie viele Stockwerke gibt es hier?«
Er sah mich an, als hätte ich gerade gefragt, wie hoch die atmosphärische Dichte auf dem Pluto sei. »Stockwerke? Ahm, zwei. Zwei Stockwerke. Oben ist die Pension.«
»Zwei«, wiederholte ich voller Empörung. »Zwei Stockwerke, und nur einen Notausgang im Erdgeschoß.«
»Ja«, bestätigte er.
»Ja? Wie sollen denn die Leute aus dem ersten Stock rauskommen, wenn es brennt?«
»Aus dem Fenster?« schlug er vor.
»Aus dem Fenster.« Ich schüttelte den Kopf. »Wie wäre es denn, wenn ich Sie jetzt mit nach oben nehmen würde und zugucke, wie Sie landen, wenn ich Sie aus so einem Scheißfenster schmeiße? Aus dem Fenster! Mannomann.«
Angie schlug die Beine übereinander, nahm einen Schluck Bier und genoß die Szene.
Blondie stotterte: »Ahm, tja…«
Ich hakte nach: »Tja was ?« Dann warf ich Angie einen Blick zu, jetzt ging es los. Sie hob die Augenbrauen und kippte ihr Bier
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