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Streng vertraulich

Streng vertraulich

Titel: Streng vertraulich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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fröhlich auf ex hinunter. »Junge«, sagte ich, »heute abend kannst du was erleben.« Dann ging ich zur Sperrholzwand hinüber und betätigte die Feuersirene.
In der Bar lief keiner zum Ausgang. Eigentlich tat niemand auch nur einen Schritt. Die Leute drehten nur den Kopf herum und sahen mich an. Sie schienen leicht genervt zu sein.
Aber im ersten Stock konnte niemand wissen, ob es wirklich brannte oder nicht. In Kneipen riecht es immer nach Rauch.
Eine ziemlich dicke Frau, die sich eine ziemlich kleine Decke um den nackten Körper gewickelt hatte, und ein drahtiger Typ mit weitaus weniger um dem Leib kamen zuerst herunter. Sie warfen nur einen flüchtigen Blick in den Raum, bevor sie wie Kaninchen in der Jagdsaison durch die Tür nach draußen hüpften.
Als nächstes kamen zwei Jugendliche. Ungefähr sechzehn Jahre, beide leichte Akne. Hatten wahrscheinlich mit Mr. und Mrs. Smith unterschrieben. Sie drückten sich an der Wand entlang, als sie von der letzten Stufe gesprungen waren, und starrten uns alle mit bebendem Brustkorb an.
Dann war plötzlich Simone da, sie sah sehr verstimmt aus und hielt nach jemand Ausschau, der für die Aufregung verantwortlich war. Ihre Augen wanderten von Blondie zu den Landeiern und blieben schließlich auf mir ruhen, moi. Ich schaute sie nur kurz an, denn mein Blick blieb an einem Punkt genau hinter ihrer Schulter haften.
Jenna Angeline.
Angie löste sich von meiner Seite und verschwand um die Ecke, sie begab sich auf die andere Seite der Sperrholzwand. Den Blick auf Jenna Angeline gerichtet, wartete ich, bis sie mich endlich ansah. Ihren Augen schrieen vor Resignation. Uralte Augen. Braun, stumpf und zu erschöpft, um noch Angst zu zeigen. Oder Freude. Oder Leben. Ganz kurz veränderten sie sich, und ich wußte, daß sie mich erkannt hatte. Nicht mich persönlich. Sondern was ich darstellte. Ich war nur eine andere Form von Bulle oder Geldhai oder Vermieter oder Chef, und ich war gekommen, um über ihr Leben zu bestimmen, egal, wie sie das fand. Sie hatte schon recht.
Angie hatte die Hauptleitung gefunden, und die Alarmsirene verstummte innerhalb einer Sekunde.
Jetzt befand ich mich im Zentrum der Aufmerksamkeit und wußte, daß ich auf Widerstand treffen würde, mindestens von Seiten der Geschwister Angeline. Außer den beiden, dem Barkeeper und einem dicken bis fetten Typ der Sorte ehemaliger Footballspieler rechts von mir waren alle anderen hinter einer Dunstwand verschwunden. Der Footballspieler beugte sich auf Zehenspitzen vor, und Blondie hatte die Hand unter dem Tresen. Keine der Angeline-Schwestern machte den Eindruck, als würde sie sich ohne Hilfe eines Kranes von der Stelle bewegen.
Meine Stimme klang laut und rauh, als ich sagte: »Jenna, ich muß mit Ihnen reden.«
Simone ergriff den Arm ihrer Schwester und sagte: »Komm, Jenna, wir gehen.« Dann führte sie sie zur Tür.
Ich schüttelte den Kopf und stellte mich in den Türrahmen. Die Hand hatte ich schon in der Jacke, als der Footballspieler in Aktion kam. Noch so ein Held. Wahrscheinlich Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr. Seine rechte Hand bewegte sich auf meine Schulter zu, sein Mund stand offen, und eine schroffe Stimme bellte: »Hey, Arschloch, laß die Frauen in Ruhe.« Bevor er jedoch meine Schulter berührte, war meine Hand schon aus der Jacke hervorgeschnellt, hatte seinen Arm zur Seite geschlagen und ihm die Pistole gegen die Lippen gedrückt.
Ich fragte: »Wie bitte?« und stieß die Mündung hart gegen seine Oberlippe.
Er sah die Pistole an. Und sagte nichts.
Mein Kopf blieb starr, ich sah nur die Leute in der Bar an, sah jedem in die Augen, der meinem Blick nicht auswich. Ich spürte Angie neben mir, ihre Waffe in der Hand, die Atmung flach. Sie befahl: »Jenna, Simone, ich möchte, daß ihr euch in euer Auto setzt und nach Hause nach Wickham fahrt. Wir bleiben hinter euch, und wenn ihr versucht abzuhauen, das könnt ihr mir glauben, unser Auto ist mit Sicherheit schneller als eures, und dann müssen wir uns irgendwo in einem Graben unterhalten.«
Ich sah Simone an. »Wenn ich Ihnen weh tun wollte, wären Sie schon längst tot.«
Simone äußerte sich in einer Körpersprache, die nur eine Schwester verstehen kann, denn Jenna legte ihr eine Hand auf den Arm. »Wir machen, was sie sagen, Simone.«
Hinter mir öffnete Angie die Tür. Jenna und Simone gingen an uns vorbei nach draußen. Ich sah den Footballspieler an und schob ihn mit der Pistole zurück. Ich spürte sein Gewicht gegen meinen Arm, die

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