Streng vertraulich
sauber war.
Ich warf noch einen letzten Blick darauf und fuhr heim.
12_____
Als ich zu Hause ankam, rief ich Angie quer über die Straße zu: »Schon gehört?«
»Ja.« Ihre Stimme klang schwach und ruhig. »Ich habe Cheswick Hartman angerufen. Hat er…?«
»Ja. Danke. Paß auf, ich dusche jetzt zuerst mal, ziehe mich um und esse eine Kleinigkeit. Dann komme ich rüber, ja? Hat jemand angerufen?«
»Massenweise«, antwortete sie. »Aber die können warten. Patrick, ist alles in Ordnung?«
»Nein«, gab ich zurück, »aber ich arbeite dran. Bis später, in einer Stunde ungefähr.«
Die Dusche war heiß, doch ich drehte sie noch heißer, der Wasserstrahl pochte auf meinen Kopf, kleine Kügelchen hämmerten auf meinen Schädel. Wenn ich auch in Sünde lebe, bin ich doch immer noch irgendwie katholisch und reagiere auf Schmerz und Schuld immer mit Tätigkeiten, die sich mit den Worten »brennen«, »reinigen« und »glühen« in Verbindung bringen lassen. Eine von mir selbst aufgestellte theologische Gleichung lautet: Hitze = Erlösung.
Gut zwanzig Minuten später stieg ich aus der Dusche und trocknete mich langsam ab; in der Nase hatte ich noch immer den penetranten Geruch von Blut und das bittere Aroma von Kordit. Irgendwo in diesem Wasserdampf, sagte ich mir, war die Antwort, die Erlösung, das Rettungsseil, das notwendig war, um um die nächste Ecke zu gehen und dies alles hinter sich zu lassen. Aber als sich der Dampf auflöste, blieb nichts zurück als ich, mein Badezimmer und der Geruch von etwas Brennendem.
Ich wickelte mir das Handtuch um die Hüfte und ging in die Küche. Dort stand Angie an meinem Herd und war dabei, ein Steak zu verbrennen. Angie kocht ungefähr einmal pro Schaltjahr und selbst dann erfolglos. Wenn es nach ihr ginge, würde sie ihre Küche gegen einen Schnellimbiß tauschen.
Instinktiv zog ich das Handtuch über meine Narbe, stellte mich hinter sie, griff ihr um die Taille und schaltete die Flamme aus. In meinen Armen drehte sie sich um und drückte ihre Brust an meine, und die Tatsache, daß ich sie losließ und nachsah, ob der Rest des Herds noch heil war, sagt wohl alles über meinen Geisteszustand.
Sie fragte: »Was habe ich falsch gemacht?«
»Ich denke, der erste Fehler war, den Herd anzustellen.«
Sie gab mir einen Klaps auf den Hinterkopf. »Für dich koche ich so schnell nicht wieder.«
»Angeblich ist ja auch nur einmal im Jahr Weihnachten.« Ich wandte mich ihr zu und bemerkte ihren Blick, ungefähr so wie man ein am Rande des Schwimmbeckens balancierendes Kind ansieht. Ich sagte: »Aber vielen Dank für den guten Willen. Ehrlich.«
Sie zuckte mit den Achseln und starrte mich immer noch an, ihre karamelbraunen Augen blickten fragend und waren ein wenig feucht. »Soll ich dich in den Arm nehmen, Patrick?«
Ich antwortete: »O ja.«
Sie fühlte sich an wie alles, das gut ist. Sie fühlte sich an wie der erste warme Frühlingswind, wie ein Samstagnachmittag, wenn man zehn Jahre alt ist, und wie ein frühsommerlicher Abend am Strand, wenn der Sand kalt ist und die Wellen die Farbe von Scotch annehmen. Ihre Umarmung war kräftig, ihr Körper üppig und weich, ihr Herz schlug schnell an meiner nackten Brust. Ich konnte ihr Shampoo riechen und ihren Nackenflaum an meinem Kinn spüren.
Ich löste mich zuerst. »Also…«, sagte ich.
Sie lachte. »Also…«, sprach sie mir nach. »Du bist ganz naß, Scooter. Mein Hemd ist ganz durchweicht.« Sie trat einen Schritt zurück.
»Kann vorkommen, wenn man geduscht hat.«
Sie machte einen weiteren Schritt nach hinten und sah dabei zu Boden. »Ja, also…«, fing sie wieder an, »da drüben ist ein Haufen Nachrichten für dich. Und…«, sie ging an mir vorbei, nahm das Steak und trug es zum Mülleimer. »Und… und ich kann immer noch nicht kochen.«
»Angie«, begann ich.
Sie stand immer noch mit dem Rücken zu mir. »Du bist heute morgen fast gestorben…«
»Ange…«
»Das mit Jenna tut mir wirklich leid, aber du bist fast gestorben.«
»Ja.«
»Ich wäre nicht…« Die Stimme versagte ihr, ich hörte, daß sie tief einatmete, bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte. »Und ich wäre nicht besonders gut damit zurechtgekommen, Patrick. Ich denke nicht gerne darüber nach, es hat mich ein bißchen… umgehauen jetzt.«
In meinem Kopf hörte ich Jennas Antwort auf meine Bemerkung, daß Angie mich brauchte. »Dann bleiben Sie besser bei ihr.« Ich ging zu ihr und legte ihr die Hände auf die Arme.
Sie senkte den Kopf und schmiegte sich an
Weitere Kostenlose Bücher