Streng vertraulich
Freiheitsberaubung, Belästigung und gesetzeswidriger Inhaftierung, daß Sie noch vor Gericht stehen, wenn Sie die Zwanzig schon erreicht haben.« Er wandte sich mir zu: »Sind dir deine Rechte vorgelesen worden?«
»Ja.«
»Natürlich haben wir ihm seine Rechte vorgelesen, verdammt noch mal«, fiel Ferry ein.
»Sind Sie immer noch da?« fuhr Cheswick ihn an und griff nach seiner Aktentasche.
Geilston mischte sich ein: »Komm schon, Kollege.«
Ferry wehrte sich. »Nein, verflucht noch mal. Nur weil…«
Cheswick sah die beiden teilnahmslos an, Geilston legte die Hand auf Ferrys Arm. »Mit dem legen wir uns nicht an, Ferry.«
Cheswick ergänzte: »Hören Sie auf Ihren Kollegen, Detective.«
Ferry gab zurück: »Wir werden uns wiedersehen.« Professor Moriarty zu Sherlock Holmes.
Cheswick erwiderte: »Ja, und zwar bei Ihrer gerichtlichen Vernehmung. Fangen Sie jetzt schon an zu sparen, Detective. Ich bin teuer.«
Geilston zog noch einmal an Ferrys Arm, dann verließen sie das Zimmer.
Ich fragte: »Was ist los?«, da ich dachte, er habe mir etwas Privates mitzuteilen.
»Och, nichts«, entgegnete er. »So zeige ich ihnen nur, wer hier der Boß ist. Da krieg’ ich ‘ne Latte von.«
»Klasse.«
Er sah mir ins Gesicht, auf das Blut. »Nicht unbedingt ein guter Tag für dich heute, hm?«
Ich schüttelte langsam den Kopf.
Seine Stimme verlor die Unbeschwertheit. »Bist du in Ordnung? Wirklich? Ich habe bruchstückweise gehört, was passiert ist, aber nicht alles.«
»Ich möchte einfach nur nach Hause, Cheswick. Ich bin müde und voller Blut, ich habe Hunger und nicht gerade die beste Laune.«
Er klopfte mir auf den Arm. »Also, ich habe wenigstens gute Nachrichten vom Staatsanwalt. Soweit er weiß, liegt nichts gegen dich vor. Du kannst dich als entlassen betrachten, weitere Ermittlungen sind anhängig, verreise nicht einfach, blablabla.«
»Und meine Waffe?«
»Die behalten sie leider. Ballistische Untersuchungen et cetera.«
Ich nickte. »Schon verstanden! Können wir jetzt?«
»Wir sind schon weg«, antwortete er.
Er führte mich durch den Hinterausgang, um der Presse auszuweichen, dann erzählte er mir von dem Fotografen. »Ich habe mich beim Polizeihauptmann rückversichert. Der Mann hat definitiv die Bilder von dir geschossen. Er hat Verbindungen zu beiden Zeitungen.
Ich erklärte: »Ich hab’ gesehen, wie sie ihn weggescheucht haben, aber ich habe es nicht richtig geschnallt.«
Wir gingen über den Parkplatz auf seinen Wagen zu. Er hatte mir die Hand auf den Rücken gelegt, als sei er bereit, für mich in die Bresche zu springen oder mich einfach nur zu halten. Eins von beiden. Er fragte mich: »Bist du in Ordnung, Patrick? Vielleicht schaust du besser im General Hospital vorbei und läßt dich kurz untersuchen.«
»Mir geht’s gut. Was ist mit dem Fotografen?«
»Dein Foto wird auf der Titelseite der News -Spätausgabe sein, die müßte jeden Moment herauskommen. Die Trib hat es angeblich auch genommen. Die Zeitungen sind doch verrückt nach solchen Geschichten. Ein Detektiv als Held, Schießerei…«
»Ich bin kein Held«, unterbrach ich ihn. »Mein Vater war einer.«
In Cheswicks Lexus fuhren wir durch die Stadt. Es kam mir seltsam vor, daß jeder wieder seinen Geschäften nachging. Irgendwie hatte ich erwartet, die Zeit sei angehalten worden, jeder sei an seinem Ort festgefroren, den Atem anhaltend, und warte auf weitere Neuigkeiten. Doch die Menschen aßen zu Mittag, telefonierten, sagten Zahnarzttermine ab, ließen sich die Haare schneiden, überlegten sich, was sie zu Abend essen sollten, arbeiteten.
Cheswick und ich diskutierten, ob ich in meinem gegenwärtigen Zustand in der Lage sei, selbst zu fahren, doch am Ende brachte er mich zurück zum Hamilton Place und sagte mir, ich könne ihn Tag und Nacht unter seiner Privatnummer anrufen, wenn ich seine Dienste in Anspruch nehmen müßte. Dann fuhr er die Tremont Street hinauf, während ich vor meinem Auto stand, den Strafzettel auf der Windschutzscheibe ignorierte und zum Boston Common hinüberblickte.
Alles ging wieder seinen gewohnten Gang, seitdem es vor vier Stunden passiert war. Die Absperrung war abgebaut worden, alle Fragen waren gestellt, die Namen aller Zeugen notiert worden. Blaumütze war in einen Krankenwagen getragen und fortgefahren worden. Jenna hatte man in einen Leichensack gesteckt und den Reißverschluß zugezogen. Dann war sie ins Leichenschauhaus gebracht worden.
Danach hatte jemand das Blut vom Beton gespritzt, bis alles wieder
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