Streng vertraulich
erwiderte ich.
Er bot an: »Ich hab ein paar Granaten für dich dabei.«
Ich dachte an den Krawattenknoten und versuchte gleichmäßig weiterzuatmen. »Granaten?« wiederholte ich.
»Klar«, bestätigte er. »Hab ein paar Hammer dabei, da wüßten die Jungs Bescheid.«
Ganz langsam sagte ich: »Bubba, würden die nicht auch, sagen wir mal, den halben Häuserblock hier in Schutt und Asche legen?«
Er dachte kurz drüber nach. »Ja, und ?« fragte er. Er faltete die Hände hinter dem Kopf. »Also, hast du Interesse oder was?«
»Später vielleicht«, bot ich an.
Er nickte. »Cool.« Dann griff er abermals in seine Jacke, und ich erwartete, daß er jetzt eine Panzerbüchse oder ein paar schottische Breitschwerter hervorzaubern würde. Er warf vier Granaten aufs Bett. »Für den Notfall«, erklärte er.
»Yeah«, erwiderte ich, als hätte ich verstanden, »die kann ich wahrscheinlich gut gebrauchen.«
»Das siehst du ganz richtig«, antwortete er. Dann stand er auf. »Du schuldest mir also das Geld für zwei Knarren, okay?«
Ich beobachtete ihn im Spiegel und nickte. »Ich kann dir das Geld heute nachmittag geben, wenn du es dringend brauchst.«
»Nee. Ich weiß ja, wo du wohnst.« Er grinste. Bubbas Grinsen ist bekannt dafür, daß es monatelange Schlaflosigkeit auslösen kann. Er fügte hinzu: »Ruf mich an, wenn du was brauchst, egal welche Uhrzeit.« An der Schlafzimmertür blieb er stehen. »Gehen wir bald mal einen trinken?«
»Oh«, erwiderte ich, »auf jeden Fall.«
»Okay«, er winkte und ging.
Jedesmal, wenn Bubba weg war, fühlte ich mich so, als wäre ich nur knapp einer Explosion entgangen.
Ich band die Krawatte richtig und ging zum Bett herüber. Neben den Granaten lagen die Pistolen, eine .38 Smith und eine nickelüberzogene Browning Hi-Power neun Millimeter. Ich zog meine Anzugjacke über und ließ die Browning in den Pistolenhalfter gleiten. Die .38 steckte ich in die Jackentasche und begutachtete mich im Spiegel. Die Schwellung im Gesicht war abgeklungen, meine Lippen waren schon fast geheilt. Die Haut um das Auge war gelb geworden, und die Kratzer im Gesicht gingen langsam in Rosa über. Ich war noch kein Traummann, brauchte aber auch nicht mehr am Wettbewerb für den Elefantenmann teilzunehmen. Ich konnte mich in der Öffentlichkeit sehen lassen, ohne Angst haben zu müssen, man würde mit dem Finger auf mich zeigen und verstohlen kichern. Und falls doch, war ich ja gut gerüstet: Ein Kichern und dein letztes Stündlein hat geschlagen!
Ich warf einen Blick auf die Granaten. Keine Ahnung, was ich damit machen sollte. Ich hatte Angst, daß sie, war ich einmal aus dem Haus, vom Bett fallen und das ganze Haus dem Erdboden gleichmachen würden. Deshalb hob ich sie behutsam hoch und legte sie in den Kühlschrank. Wenn einer mein Bier klauen wollte, würde er sehen, daß ich es ernst meine.
Angie saß bei sich auf der Treppe, als ich vor ihrem Haus hielt. Sie trug eine weiße Bluse und eine schwarze, an den Knöcheln spitz zulaufende Hose. Sie sah wie die Traumfrau aus, ich hielt jedoch den Mund.
Sie stieg ein, und wir fuhren eine Zeitlang, ohne ein Wort zu sagen. Ich hatte absichtlich eine Kassette von Screaming Jay Hawkins eingelegt, aber sie blinzelte noch nicht einmal. Angie mag Screaming Jay ungefähr genauso, wie sie gerne »Süße« genannt wird. Sie rauchte und schaute sich Dorchester an, als sei sie gerade erst hergezogen.
Als wir in Mattapan ankamen, war die Kassette gerade zu Ende, und ich sagte: »Diesen Screaming Jay, den könnte ich glatt noch mal hören. Hey, ich könnte ja den Eject-Knopf rausreißen, dann hör ich ihn in alle Ewigkeit!«
Sie kaute an den Fingernägeln.
Ich warf Screaming Jay raus und legte dafür U2 ein. Normalerweise haut das Angie aus den Socken, aber heute hätte ich genausogut Al Bano und Romina Power spielen können; sie saß da, als hätte sie heute morgen Valium im Kaffee gehabt.
Als wir auf dem Jamaica Plain Parkway waren und die Jungs aus Dublin gerade »Sunday Bloody Sunday« sangen, sagte Angie: »Ich denk’ grad so über einiges nach. Gib mir Zeit.«
»Kein Problem.«
Sie wandte sich mir zu und klemmte sich das Haar hinters Ohr. »Hör einfach nur ‘ne Zeitlang auf mit dem ›Süße‹ und den Einladungen zum Duschen und so weiter.«
»Alte Gewohnheit!« erklärte ich.
»Ich bin keine Gewohnheit«, gab sie zurück.
Ich nickte. »Touche. Willst du vielleicht ‘ne kleine Pause einlegen?«
»Auf keinen Fall.« Sie schlug das rechte Bein über das linke.
»Ich
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