Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Streng vertraulich

Streng vertraulich

Titel: Streng vertraulich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
Vom Netzwerk:
arbeite gerne. Ich muß mir nur über ein paar Sachen klarwerden, und dabei brauche ich deine Hilfe, Patrick, nicht deine Anmache.«
Ich hielt ihr die rechte Hand hin. »Die hast du.« Fast hätte ich wieder »Süße« ans Ende des Satzes gehängt, unterließ es aber, Gott sei Dank. Mama Kenzie hat vielleicht einen Dummkopf großgezogen, aber keinen Lebensmüden.
Sie ergriff meine Hand und schüttelte sie. »Ist Bubba vorbeigekommen ?«
»Ähem. Hat dir was mitgebracht.« Ich griff in meine Jackentasche und reichte ihr die .38.
Sie wog sie in der Hand. »Er ist manchmal so romantisch.«
»Außerdem hat er uns ein paar Granaten angeboten, falls wir in nächster Zeit irgendein Land überfallen wollen.«
»Die Strände von Costa Rica sollen schön sein.«
»Also Costa Rica. Kannst du Spanisch?«
»Ich dachte, du könntest es.«
»Ich bin durchgefallen«., entgegnete ich. »Zweimal. Das ist was anderes.«
»Du kannst Latein.«
»Gut, überfallen wir das alte Rom.«
Links von uns tauchte der Friedhof auf, und Angie stieß aus: »Du meine Güte!«
Ich sah hinüber, als ich auf die Hauptstraße abbog. Wir hatten eine für Putzfrauen übliche Beerdigung erwartet, eine Stufe höher als die für Obdachlose, aber hier standen überall Autos herum. Massen von aufgemotzten Schlitten, ein schwarzer BMW, ein silberner Mercedes, ein Maserati, ein paar RX-7 und eine ganze Schwadron von Streifenwagen, neben denen die Bullen standen und den Schauplatz der Beerdigung überwachten.
Angie fragte: »Bist du sicher, daß wir richtig sind?«
Ich zuckte mit den Achseln und parkte, vollkommen durcheinander, auf dem Rasenstreifen. Wir stiegen aus dem Porsche und gingen über den Rasen, wobei wir mehrere Male anhalten mußten, weil Angie mit den Absätzen im Boden steckenblieb.
Mit seinem Bariton rief der Pfarrer den Herrn unseren Gott an, sein Kind, Jenna Angeline, mit der Liebe eines Vaters zu einer wahren Tochter im Geiste in sein himmlisches Königreich aufzunehmen. Er hielt den Kopf beim Sprechen gesenkt und schielte auf den Sarg, der auf metallenen Schienen über dem tiefen, schwarzen rechteckigen Loch stand. Doch war er der einzige, der den Sarg ansah. Alle anderen waren zu sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu mustern.
Die Gruppe auf der nach Süden gerichteten Seite des Sarges wurde von Marion Socia angeführt. Er war größer, als er auf dem Foto gewirkt hatte, sein Haar kürzer, in kleinen Locken kräuselte es sich auf seinem riesigen Kopf. Auch war er dünner, das kommt wahrscheinlich vom hohen Adrenalinausstoß. Seine schmalen Hände zuckten die ganze Zeit, als greife er nach dem Abzug einer Pistole. Er trug einen schlichten schwarzen Anzug mit einem weißen Hemd und einer schwarzen Krawatte, aber es war ein teurer Stoff, wahrscheinlich Seide.
Die Jungen hinter ihm waren genauso gekleidet, doch waren die Anzüge nicht von gleicher Qualität; je weiter sie von Socia und dem Grab entfernt standen, desto einfacher wurden ihre Anzüge. Es standen mindestens vierzig Leute da, straff formiert hinter ihrem Anführer. Es sah verdächtig nach spartanischem Drill aus. Außer Socia sah keiner viel älter als siebzehn aus, einige von ihnen hatten bestimmt noch nicht einmal eine Erektion gehabt, so jung wirkten sie. Alle starrten über das Grab hinweg in die Richtung, in die auch Socia blickte, in ihren Augen war keine Bewegung oder Rührung zu erkennen, sie blickten ausdruckslos, klar und zielgerichtet.
Das Ziel ihrer Aufmerksamkeit stand auf der anderen Seite des Grabes gegenüber von Socia. Ein schwarzer Junge von Socias Größe, jedoch mit kompakterem Körperbau, so jung und straff, wie nur Männer unter fünfundzwanzig aussehen. Er trug einen schwarzen Trenchcoat über einem bis oben zugeknöpften dunkelblauen Hemd, aber keine Krawatte. Seine schwarze Hose hatte eine Bügelfalte, in den Stoff waren hellblaue Pünktchen gewebt. Im linken Ohr trug er einen goldenen Ohrring, sein Haar war so geschnitten, daß es vom Hinterkopf nach vorne flacher wurde. Die Seiten waren ganz kurz geschoren, und in den Flaum waren parallele Streifen rasiert worden. Der Hinterkopf war ebenso kurz geschnitten, und auch da war etwas reinrasiert. Von hier sah es aus wie der Umriß von Afrika, ich konnte es jedoch nicht genau erkennen. Er hielt einen schwarzen, nach unten gerichteten Regenschirm in der Hand, obwohl sich kein Wölkchen am Himmel zeigte. Hinter ihm stand eine zweite Armee: ungefähr dreißig Mann stark, alle sehr jung und nicht ganz so formell

Weitere Kostenlose Bücher