Streng vertraulich
Bevor sie loslegten, konnte ich zwei Schüsse abgeben, die in der Vordertür steckenblieben. Aus den Mündungen brachen Feuerzungen hervor. Angie tauchte nach links ab und versteckte sich hinter einer umgestürzten Badewanne. Ich sprang in die Luft, da ich keine Deckung hatte, und als ich schon fast wieder auf der Erde war, schoß eine Kugel über meinen linken Bizeps hinweg und warf mich herum. Ich fiel hin und drückte wieder ab, doch war das Auto schon auf der anderen Seite und wendete gerade zum nächsten Angriff.
»Los, komm!« rief Angie.
Ich rappelte mich hoch und erkannte, wo sie hinwollte. Zwanzig Meter vor uns befanden sich zwei höhere, intakt aussehende Mietshäuser, die eng zusammenstanden. Dazwischen war eine dunkelblaue Gasse. An ihrem Ende leuchtete trübe eine gelbe Straßenlaterne, doch war die Gasse viel zu schmal für ein Auto. Zwischen den beiden Gebäuden stachen Umrisse von mißgebildeten Metallklötzen hervor.
Ich rannte über die offene Fläche und hörte links von mir den Motor näher kommen. Blut lief mir wie warme Suppe über den Arm. Ich war angeschossen worden. Angeschossen. Als sie wieder losfeuerten, sah ich ihre Gesichter, und eine Stimme, die ich bald als meine erkannte, sagte immer wieder das gleiche: »Scheißnigger, Scheißnigger.«
Wir erreichten die Gasse. Ich schaute mich um. Das Auto war im Schutt steckengeblieben, aber so wie sie es von innen hin- und herschaukelten, würde es sicher gleich weitergehen. Ich sagte zu Angie: »Lauf weiter!«
»Warum?« fragte sie, »wir können sie doch einzeln wegpusten, wenn sie hier reinkommen.«
»Wieviel Schuß hast du noch?«
»Keine Ahnung.«
»Eben«, entgegnete ich. »Hinterher geht uns die Munition aus, wenn wir sie wegpusten.« Ich kletterte über einen umgekippten Müllcontainer. »Vertrau mir!«
Als wir das Ende der Gasse erreicht hatten, blickte ich mich um und sah das Scheinwerferlicht nach links schwenken und dann auf uns zukommen. Die Straße am Ende der Gasse bestand aus verblichenem, gelbem Kopfsteinpflaster. Als wir in sie einbogen, hörten wir den Motor näher kommen. Das gelbe Licht der Straßenlaterne, das wir eben gesehen hatten, war im Umkreis von zwei Häuserblocks das einzige. Angie kontrollierte ihre Pistole. »Noch vier Schuß.«
Ich hatte noch drei. Sie konnte besser schießen. »Die Straßenlaterne«, befahl ich ihr.
Sie drückte einmal ab und trat zurück, als das Glas auf die Straße herunterregnete. Ich lief auf die andere Straßenseite und versteckte mich im braunen Gestrüpp. Angie bückte sich gegenüber von mir hinter einem ausgebrannten Auto. Sie spähte über die geschwärzte Motorhaube und sah mich an, wir nickten uns zu, das Adrenalin setzte unglaubliche Energien in uns frei.
Das Auto rutschte um die Ecke und raste über das holprige Kopfsteinpflaster auf uns zu. Der Fahrer reckte den Kopf aus dem Fenster, er hielt Ausschau nach uns. Als der Wagen näher kam, wurde er langsamer, die Insassen versuchten herauszufinden, wo wir wohl sein könnten. Der Beifahrer mit der Schrotflinte wandte den Kopf nach rechts, blickte auf das ausgebrannte Auto, sah aber nichts. Er drehte sich wieder um und sagte etwas zum Fahrer.
Angie stand auf, nahm über die geschwärzte Motorhaube ihr Ziel ins Visier und knallte ihm zwei Kugeln ins Gesicht. Sein Kopf schlug zur Seite und prallte von der Schulter wieder ab. Der Fahrer sah ihn kurz an. Als er wieder in die andere Richtung blickte, lief ich mit ausgestreckter Waffe auf das Autofenster zu. Durch das offene Fenster sagte er »Warte!«, und seine Augen blickten groß und weiß, bevor ich abdrückte und sie ihm durch den Hinterkopf pustete.
Das Auto scherte nach links aus, rammte einen alten Einkaufswagen, der am Straßenrand stand, stieß ihn um und flog über ihn hinweg, bis es von einem Telefonmasten aus Holz aufgehalten wurde, den es auf einer Höhe von ungefähr ein Meter achtzig traf. Der Typ auf dem Rücksitz flog mit dem Kopf durch die Scheibe. Der Telefonmast wankte einen Moment in der duftenden Sommerluft, dann fiel er um und krachte auf die Beifahrerseite des Autos.
Langsam näherten wir uns mit gezückten Waffen, die wir auf das Loch in der Heckscheibe richteten. Als wir noch ungefähr einen Meter entfernt waren, öffnete sich quietschend die Tür, die untere Kante kratzte über den Bürgersteig. Ich atmete tief ein und wartete, daß sich ein Kopf zeigte. Das geschah auch, ihm folgte ein mit Glassplittern und Blut bedeckter Körper, der auf das Straßenpflaster
Weitere Kostenlose Bücher