Striptease: Roman (German Edition)
durch den Penis rechtfertigte. Die Frauen aus der Nachbarschaft hingegen bekräftigten, daß der Dahingeschiedene genau das bekommen hatte, was er verdiente – eine gerechte Strafe für jahrelanges Herumhuren, Gewalttätigkeiten in betrunkenem Zustand und allgemeines schlechtes Benehmen. Jesse James Braden, so sagten sie, hatte weder Respekt vor seiner Frau noch vor ihrem persönlichen Eigentum.
In diese aufgeregte Debatte drängte sich Al García um genau 18.47 Uhr. Er wollte eigentlich gar nicht dort sein. Viel lieber hätte er einem echten Kongreßabgeordneten der Vereinigten Staaten eine Falle gestellt – ihm seine Polizeimarke gezeigt, ihm seine Rechte vorgelesen und dem Bastard soviel Angst eingejagt, daß er sich in die Hosen machte. Er hatte die unbestimmte Ahnung, daß der Bursche zusammenbrechen und zu reden anfangen würde.
Statt dessen stand der Detective auf der Rasenfläche eines Vorgartens, die sich in nichts von Millionen anderer Rasenflächen in Vorgärten unterschied, außer daß der Mann, der sie gemäht hatte, mit weggeschossenem Penis tot zwischen den Bromelien lag. Die Sanitäter erklärten, Jesse James Braden sei innerhalb von drei Minuten verblutet. Es sei wie bei einem Feuerwehrschlauch, sagten sie, es laufe einfach heraus.
García hoffte, die Verhöre innerhalb einer Stunde abzuschließen, da die Zeugen sich in jedem Detail einig waren bis auf das, was Jesse James Braden als letztes von sich gab – eine kurze, aber wüste Schimpfkanonade. Seine Frau, nun in Handschellen, bestand darauf, García die Tomatensaftflecken auf ihren Autositzen zu zeigen, und verlangte, daß der Polizeifotograf davon ein Bild aufnahm, damit der Richter sehen konnte, was dieser wertlose Jesse getan hatte. Als Al García nach der Mordwaffe fragte, führte Mrs. Braden ihn in die Küche des Hauses; sie hatte die Pistole in den Kühlschrank gelegt, zu dem Schnaps ihres toten Mannes.
Die Arbeit des Detectives machte gute Fortschritte, bis Jesses von Trauer übermannter Bruder am Tatort eintraf und das Feuer mit einer 16-Gauge Schrotflinte eröffnete. Francis Scott Braden verfehlte Jesses Frau um sechs Meter, aber er erwischte einen Polizisten mit einem Streifschuß und zertrümmerte das Heckfenster von Al Garcías Caprice. Diese chaotische Unterbrechung bedeutete für García zwei Stunden zusätzlicher Papierkrieg, und er wurde wieder einmal daran erinnert, wie sehr er Familienmorde haßte. Das war keine Arbeit für einen Detective, sondern eher für einen Hausmeister.
García erhielt Shads Nachricht erst, als er wieder im Wagen saß und über die Interstate rollte, während der Wind durch die Fensterhöhle pfiff und seine Polizeiunterlagen durcheinanderwirbelte. Er fuhr mit dem Caprice so schnell er konnte und verfluchte den Samstagabendverkehr, weil er dadurch die große Show verpaßte: Erin, die ein furchtbares Unwetter herbeitanzte.
30. KAPITEL
Erin mixte sich aus der Minibar im Fond der Limousine einen Drink und dachte über einen Traum nach, den sie in der vergangenen Nacht gehabt hatte: In einem Wäldchen von Kokospalmen hatte sie sich mit einem Mann geliebt, der entfernte Ähnlichkeit mit Al García hatte. In dem Traum war es Tag gewesen, eine zitronengelbe Sonne stand hoch und brennend am Himmel. Der Mann war nackt gewesen, aber Erin hatte ein schwarzes Kleid getragen, das bis zum Hals hochgeschlossen war. Sie erinnerte sich, sich auf den Mann gesetzt und zu ihm gesagt zu haben, er solle leise sein und sich entspannen. Auf der rauhen Unterlage trockener Zweige und Äste hatte sie ihre Knie wundgescheuert. Im Traum war auch Musik erklungen, Linda Ronstadt sang »Carmelita«. Erin konnte sich nicht erinnern, zum Höhepunkt gelangt zu sein, aber sie entsann sich, wie sie sich umdrehte und den Mann sanft mit sich zog, als sei er nicht schwerer als ein Kind. Er legte den Kopf auf ihre Brüste und schloß die Augen und hatte geheimnisvollerweise keine Ähnlichkeit mehr mit Al García. Nun war es jemand anderer, ein Fremder, aber Erin stieß ihn nicht weg, sondern ließ ihn liegen. Im Traum war sie noch immer erregt. Vom Meer her wehte ein Wind durch das Wäldchen, und der porzellanartige Himmel füllte sich mit bunten tropischen Vögeln – Aras, Kakadus, Papageien und Flamingos. Erin erinnerte sich, den Mann auf die Stirn geküßt zu haben, um ihn zu wecken, damit er die leuchtenden Farben sehen konnte, wie sie durch den Himmel segelten. Der Mann bewegte sich und murmelte etwas auf spanisch, schlug aber
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