Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
nicht die Augen auf. Im Traum schien der farbige Vogelzug den gesamten Vormittag anzudauern. Schließlich entdeckte Erin ihre Tochter, die barfuß zwischen den Bäumen umherrannte. Angelas Augen waren freudig geweitet, und sie lachte, während sie dem kaleidoskopbunten Zug der Vögel folgte. Erin schlängelte sich unter dem schlafenden Fremden hervor und lief durch den Palmenhain hinter ihrer Tochter her. Im Traum schwankten die kahlen Stämme der Palmen und bogen sich bedrohlich, um ihr den Weg zu versperren. Angies Lachen schien immer mehr von weiter entfernt zu kommen. Erin erinnerte sich, wie sie atemlos stehengeblieben war und ihr Gesicht der Sonne zuwandte – der Himmel war leer, die Vögel verschwunden. Schweißgebadet war sie aufgewacht.
    Jetzt, in der Limousine, lieferte ihr der Beefeater’s keine weiteren Erkenntnisse über die Bedeutung des Traums, wappnete sie jedoch für einen Abend mit David Dilbeck. Erin war sich sicher, daß dem Kongreßabgeordneten keine Verbindung zum Mord an Jerry Killian nachgewiesen werden konnte und daß er daher von Al García nicht belangt werden könnte. Aber die Vorstellung, daß der arrogante alte Bock unbehelligt davonkäme, war für sie nicht zu ertragen, daher wollte sie ihn zerstören. Dilbeck würde kein physischer Schaden entstehen, er würde nicht mißhandelt oder gar getötet werden – nur vernichtet. Das schien das mindeste zu sein, was sie tun konnte, und sie mußte es alleine tun. Es war reine Frauenarbeit.
    Sie leerte das Martiniglas und begann sich für den Kongreßabgeordneten zurechtzumachen. Sie entschied sich für einen Spitzen-BH und einen dazu passenden Tanga, das Modell mit den roten Seepferdchen. Auch ihre Schuhe waren leuchtendrot. Ein weinrotes Minikleid vervollständigte die Verpakkung. Als Halsschmuck wählte sie zwei lange Ketten künstlicher Perlen. Während Erin sich anzog, bemerkte sie, daß der haitianische Chauffeur Pierre sie im Rückspiegel beobachtete. Sie streckte ihm die Zunge heraus.
    »Entschuldigung«, sagte er und schaute sofort weg.
    Erin zog auf einen der Klappsitze um und legte dem Fahrer die Hand auf die Schulter. »Sie sprechen Englisch?«
    »Zuweilen«, sagte er.
    Erin schenkte ihm eine Cola aus der Minibar ein. Dankbar nahm Pierre das Glas an.
    »Gibt es in diesem Wagen ein Telefon?« erkundigte sie sich.
    Der Chauffeur deutete mit einem Kopfnicken auf einen Mobilempfänger unter dem Armaturenbrett. Erin drehte sich um, knipste die Innenbeleuchtung an und öffnete ihre Handtasche. Sie schrieb etwas auf ein Stück Papier und reichte dieses Pierre. Ohne einen Blick darauf zu werfen, verstaute er die Notiz in seiner Brusttasche.
    »Das ist eine Telefonnummer«, erklärte sie ihm. »Es ist möglich, daß heute abend irgend etwas passiert. Ungefähr gegen elf.«
    »Es wird nicht das erste Mal sein«, meinte Pierre.
    »Ich habe volles Verständnis, wenn Sie mir nicht helfen können«, sagte Erin zu ihm. »Nur müßte ich das jetzt wissen.«
    »Sie überschätzen meine Loyalität.«
    »Ein Job ist ein Job«, sagte Erin. »Ich möchte Ihre Position nicht in Gefahr bringen.«
    Vor ihnen tauchte das Wachhäuschen von Turnberry Isle auf. Pierre ließ die Scheinwerfer aufleuchten und rollte auf das Tor zu. Ohne sich umzudrehen, sagte er: »Aber ein Telefonanruf könnte doch von wer weiß wo erfolgen, nicht wahr?«
    Sie lächelte. »Sie sind ein anständiger Kerl, Pierre.«
    »Oui« , antwortete er und tippte mit einem Finger gegen den Mützenschirm.
     
    Congressman David Lane Dilbeck glänzte vor Aufregung und von einer dünnen Schicht Vaseline. Er zog seine Garth-Brooks-Kluft an, wienerte seine Stiefel, tupfte sich etwas Designer-Cowboy-Cologne auf, zupfte einige störrische Nasenhärchen aus...
    Die Tänzerin hatte am Vormittag angerufen und eine interessante Bitte geäußert. Eigentlich war es sogar ein wenig beängstigend. Nicht alle Männer hätten sich dazu bereit erklärt.
    Aber Dilbeck war sofort einverstanden, weil er eine allmählich wachsende fleischliche Verbindung mit der Frau spürte. Irgend etwas knisterte zwischen ihnen, eine Verheißung auf Lust. Beim erstenmal hatte sie sich zunächst so unnahbar gegeben, rein geschäftsmäßig. Aber im Verlauf des weiteren Abends hatte Dilbeck ein Nachlassen ihrer ablehnenden Haltung beobachtet, erste Spuren der Zuneigung gar. Die Zeichen waren kaum wahrnehmbar, sicher, aber sie hatte immerhin seine Hand mit einem ihrer Stöckelschuhe mißhandelt.
    Doch auch dies erschien später,

Weitere Kostenlose Bücher