Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
Vom Netzwerk:
den Geschworenen einen Börsenmakler vorführen, der durch ein Gewalttrauma stumm und völlig hilflos geworden war. Ein Börsenmakler, der noch telefonieren konnte, war als Kläger bei weitem nicht so bemitleidenswert. Mordecais Plan verlangte, daß der arme Mr. Guber schwieg.
    Der Anwalt beschloß, zu visuellen Hilfsmitteln zu greifen. Er besorgte sich eine Landkarte des Broward County und befestigte sie an einem Stativ. Mit farbigen Nadeln markierte er die Position jeder Synagoge von Tamarac bis nach Hallandale. Mordecai wollte Paul Guber und seine Kumpel vor dieser Karte versammeln. Entweder würde dadurch ihre Erinnerung aufgefrischt, oder es half ihnen, sich auf eine plausible Geschichte zu einigen. Synagogen in den reichsten Gegenden wurden durch glänzende grüne Nadeln markiert – Mordecais raffinierte Art und Weise, auf einen angemessen betuchten Beklagten hinzuweisen.
    Die Landkarte wurde in Paul Gubers Krankenzimmer gebracht, und seine Freunde drängten sich zu beiden Seiten des Bettes. Mordecai hielt sich im Hintergrund und wartete. Die Männer betrachteten blinzelnd die Karte. Sie murmelten. Sie deuteten. Sie massierten sich vor Konzentration das Kinn. Es war eine furchtbare Szene. Nach einer Stunde befahl Mordecai ihnen allen, nach Hause zurückzukehren und über die Angelegenheit nachzudenken.
    Vor dem Krankenzimmer fragte Pauls Verlobte: »Was bedeutet das?«
    »Es bedeutet, daß ich allmählich das Interesse verliere«, erwiderte der Anwalt.
    Als er wieder in seinem Büro eintraf, schien Mordecais Sekretärin erleichtert zu sein, ihn zu sehen, was ungewöhnlich war. Sie führte ihn in den Konferenzraum, wo ein neuer Klient wartete. Mordecai mußte allen Mut aufbringen, um die Hand des Mannes zu schütteln.
    »Ich bin Shad«, sagte der Mann. »Wir haben miteinander telefoniert.«
    Der Mann war breitschultrig, unruhig und unbehaart. Er trug ein ärmelloses T-Shirt, Fallschirmspringerhosen und schwarze Westernstiefel. Er hatte den Händedruck eines Berufsringers.
    Mordecais Sekretärin verschwand. Der Anwalt nahm am Tisch Platz und bedeutete Shad mit einer Handbewegung, sich ebenfalls zu setzen.
    »Haben Sie einen Kühlschrank?« fragte Shad.
    »Wie bitte?«
    Shad öffnete eine braune Einkaufstüte und holte den Plastikbeutel mit dem unbeschädigten Folienverschluß hervor. Er hielt ihn dramatisch hoch, damit Mordecai ihn betrachten konnte. Dann griff Shad erneut in die Tüte und präsentierte den Becher Delicato Fettarmer Fruchtjoghurt. »Blaubeergeschmack«, erläuterte er dazu und nahm den Deckel ab.
    »Ach ja«, sagte Mordecai. »Sie sind der Mann mit dem Insekt.«
    »Mit der Kakerlake«, korrigierte Shad mit Nachdruck. Er schob den Joghurtbecher über den Tisch. Mordecai untersuchte ihn zögernd und fand nichts.
    »Ist es da drin?« Er starrte die makellos cremige Oberfläche an.
    »Na klar«, sagte Shad. »Und zwar ein Riesending.«
    Mordecai hielt den Becher aus gewachster Pappe gegen das Licht. »Ich wünschte, ich könnte es sehen.«
    Shad reichte ihm einen Löffel und sagte: »Gute Jagd!«
    Der Anwalt zögerte. »Zuerst sollten wir vielleicht ein paar Fotos machen.« Er meldete sich per Sprechanlage bei seiner Sekretärin und bat sie, die Kamera hereinzubringen. Sekunden später rief sie zurück und antwortete, daß kein Film eingelegt sei.
    »Hoffentlich haben Sie einen Kühlschrank«, sagte Shad.
    »Natürlich haben wir einen.«
    »Und ich hätte gerne eine Quittung.«
    Mordecai war pikiert. »Sie trauen mir nicht?«
    »Noch nicht«, antwortete Shad.
    »Keine Sorge. Wir schließen einen Vertrag.«
    »Trotzdem hätte ich gerne eine Quittung. Das da ist meine Zukunft.« Er deutete auf den Joghurtbecher. »Das ist meine Altersversorgung.«
    Mordecai erläuterte nun die üblichen Vereinbarungen in solchen Fällen. Als er auf das Erfolgshonorar zu sprechen kam, sah er, wie Shad zusammenzuckte.
    »Vierzig Prozent? Soviel bekommen Sie?«
    »Das ist Standard, Mr. Shad. Sie können sich informieren.«
    »Vierzig verdammte Prozent?«
    »Die meisten Anwälte verlangen das gleiche Honorar.«
    »Tatsächlich?« Shad senkte den Kopf und beugte sich über den Tisch. »Ich kannte mal einen Kerl. Der hat einen Rattenfall für dreiunddreißig Prozent plus Spesen übernommen.«
    »Nun«, sagte Mordecai ungerührt, »meine vierzig schließen alle Nebenkosten ein.« Er wollte eigentlich nichts über den anderen Fall hören, aber er mußte trotzdem darüber Bescheid wissen. »Wenn Sie von Ratten

Weitere Kostenlose Bücher