Striptease: Roman (German Edition)
Joghurt herum. »Sehen Sie sich das mal an.«
»Nicht nötig«, protestierte der Anwalt. »Ich glaube Ihnen auch so.«
Mordecai stieß sich mit beiden Füßen ab und rollte mit seinem Sessel vom Konferenztisch zurück. Er stand auf, als Shad gerade fündig wurde.
»Ha!«
»Mein Gott«, sagte Mordecai.
»Habe ich es Ihnen nicht gesagt? Ist das nun eine verdammte Kakerlake oder was?«
Das prähistorische Ungeziefer füllte völlig den Löffel aus. Shad hob ihn bis in Mordecais Augenhöhe an. Der Anwalt würgte angeekelt. Die Flügel etwas schief, kniete die Kakerlake in einer cremigen blauen Pfütze. Ihre mit Joghurt verklebten Fühler hingen leblos herab.
Shad war sehr stolz. »Nun?«
»Tun Sie es zurück«, krächzte der Anwalt.
»Stellen Sie sich nur mal vor«, fuhr Shad fort. »Sie sitzen am Frühstückstisch und -«
»Nein!«
»Da kommt es einem doch sofort hoch, nicht wahr?«
»Ja«, flüsterte Mordecai. Um sich wieder zu fangen, hielt er sich krampfhaft an der Tischkante fest. »Tun Sie es jetzt bitte wieder weg.«
Shad ließ das Insekt sorgfältig wieder im Joghurt versinken und rührte sacht um. Der knusprige Kadaver verschwand. »So«, sagte er. »Wo ist jetzt der Kühlschrank?«
»Beverly zeigt es Ihnen.« Der Anwalt fuhr sich mit einem Taschentuch über das Gesicht.
»Soll das heißen, daß wir ins Geschäft kommen?«
»Ja«, erwiderte Mordecai.
Die Zeiten waren hart, und eine Kakerlake war eine Kakerlake.
6. KAPITEL
Monique Sr. verkündete, daß Alan Greenspan am Tisch vierzehn ein Bier trank.
Orly klatschte in die Hände. »Siehst du! Noch ein Grund, um zu arbeiten.« Er wollte nicht, daß Erin den Abend freinahm. »Ein berühmter Komiker sitzt im Publikum. Die Chance solltest du dir nicht entgehen lassen.«
»Alan Greenspan«, sagte Erin freundlich, »ist Nationalökonom.«
»Genau der ist es.« Monique Sr. blieb bei ihrer Behauptung. »Sieh selbst nach. Corona aus der Flasche, keine Limone.«
»Abgesehen davon haben wir Dienstag«, nörgelte Orly. »Am Dienstag finden immer die Ölringkämpfe statt. Das ist einer unserer besten Tage.«
»Ich nehme an keinem Ringkampf teil«, erinnerte Erin ihn. »Nicht in Öl, nicht in Buttercreme, nicht in Schlamm. Für Ringkämpfe habe ich nichts übrig.«
Die nackten Ölringkämpfe waren eine Tradition des Eager Beaver, aber Erin weigerte sich, daran mitzuwirken. Ihrer Ansicht nach sollten professionelle Tänzerinnen sich nicht mit hemdlosen, halbsteifen Säufern in einem Whirlpool herumwälzen. Außerdem hatte Erin für Öl nicht viel übrig. Orly äußerte sich nur vage zum Fabrikat. An einem Tag sagte er, es sei Wesson, an einem anderen Tag beteuerte er, es sei Mazola. Erin hegte den Verdacht, daß es keins von beiden war. Einmal war ein Inspektor des Gesundheitsamtes aufgetaucht, um an Ort und Stelle eine bakteriologische Untersuchung durchzuführen. Erstaunlicherweise war nicht eine einzige lebendige Mikrobe im Ringkampfbecken gefunden worden. Das Wunder fand später am Abend des gleichen Tages seine Erklärung, als nämlich der Inspektor des Gesundheitsamtes mit vier seiner Kollegen erschien. Sie besetzten einen Tisch in der ersten Reihe und bekamen mit den besten Wünschen von Mr. Orly so viel Amaretto, wie sie trinken konnten.
»Der Dienstag ist ein wichtiger Abend«, sagte Orly. »Das heißt, wir brauchen unsere besten Tänzerinnen.«
»Bitte, Mr. Orly. Es ist etwas Persönliches.«
»Erzähl mal.«
»Ich treffe meinen Ex-Ehemann«, sagte Erin, »um mit ihm über weitere Sorgerechtsvereinbarungen für unsere Tochter zu reden.«
An dieser Stelle äußerte Urbana Sprawl ihre Meinung über Killian Grant und beschrieb ihn in so grellen Farben, daß Mr. Orly sofort anbot, ihn umbringen zu lassen.
Erin winkte ab. »Das ist nicht nötig.«
»Soll ich ihn verprügeln, ihn zum Krüppel schlagen lassen?« Orly deutete pantomimisch das Wählen einer Telefonnummer an. »So einfach geht das, wenn man die richtigen Leute kennt.«
»Danke, aber ich komme damit schon allein zurecht.« Erin ging aus Höflichkeit auf Mr. Orlys Mafianummer ein. Er sah etwa genauso sizilianisch aus wie David Letterman.
Urbana Sprawl drängte Orly, Erin im Namen ihrer kleinen Tochter den Abend freizugeben. Orly reagierte nicht im mindesten mitfühlend. »Schwöre, daß es wirklich nur um eine familiäre Sache geht. Daß du nicht ein Stück weiter die Straße runter einen Vorstellungstermin hast.«
»Sie haben recht«, erwiderte Erin spöttisch. »Ich
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