Striptease: Roman (German Edition)
Rojos Hose lagen zerknautscht auf dem Wagenboden. Der Kongreßabgeordnete holte eine Handvoll Eiswürfel aus dem tragbaren Kühlschrank und packte sie sich auf die Stirn.
»Es ist so verdammt heiß«, sagte er.
Chris Rojo knurrte. »Das ist Florida, Mann.«
Auf dem Fahrersitz wandte der stumme Pierre den Kopf, um Anweisungen entgegenzunehmen.
»Ab in die Zivilisation«, befahl Rojo. »Aber dalli.«
Dilbeck sah die flachen braunen Felder mit neunzig Meilen in der Stunde vorüberfliegen, ein endloses Meer von hohen Halmen, das sich bis zum Horizont erstreckte. Er konnte nicht glauben, daß menschliche Wesen von morgens bis abends in einer derartig stickigen Hitze arbeiten konnten. Er hatte schon gehört, daß es schlimm war, aber, allmächtiger Gott, er hatte es sich niemals so schlimm vorgestellt.
»Wieviel haben Sie ihnen gezahlt?« fragte er Rojo.
»Den Mädchen? Ich hab’s Ihnen doch gesagt, Davey – fünfhundert pro.«
»Nein, ich meine den Wanderarbeitern.«
»Ach das.« Rojo hatte Mühe, seine Beine in die zerknautschte Hose zu bugsieren. »Mein Vater sagt, bis dreißig Dollar pro Tag. Es hängt davon ab, ob der Vorarbeiter gute Laune hat. Aber wenn man Unterkunft und Verpflegung, Schnaps und Zigaretten abzieht – wer weiß das schon? Und die medizinische Versorgung ist auch nicht billig.«
»Mein Gott«, sagte der Kongreßabgeordnete.
»Hey, sie kommen aber immer wieder her. Verglichen mit Santo Domingo ist das hier der reinste Club Mediterrané.«
»Und wie lange arbeiten sie?«
»Bis alles geerntet ist«, sagte Rojo. »Mein Vater sagt, ein guter Arbeiter schneidet eine Tonne Zuckerrohr pro Stunde. Können Sie sich das vorstellen? Eine ganze gottverdammte Tonne – erstaunlich, was ein Mensch schaffen kann, wenn er dementsprechend motiviert ist.«
David Dilbeck wandte sich vom Fenster ab und schloß die Augen. Es machte ihn benommen und verursachte ihm Übelkeit, nur daran zu denken.
Der Richter schrak zusammen, als Erin sich an seinen Tisch setzte.
»Sie erinnern sich an mich?« fragte sie. »Ich bin die unfähige Mutter.«
Der Richter griff linkisch nach seinem Glas Jack Daniel’s und leerte es. »Ich hatte gehofft, es wäre ein Freundschaftsbesuch«, sagte er.
Erin zwang sich ruhig zu bleiben. Sie hatte während ihrer Pause zwei Martinis getrunken – ein seltener Exzeß während ihres Dienstes. Das Problem war der Tod Jerry Killians. Auch eine nur andeutungsweise Verwicklung in einen Mord konnte ihre Chancen, Angie zurückzubekommen, völlig ruinieren. Bei seinem liebeskranken Bemühen, ihr zu helfen, war Killian vielleicht bei den falschen Leuten angeeckt. Wie weit hatte er seinen Geheimplan vorangetrieben? Hatte er tatsächlich versucht, Druck auf einen Angehörigen des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten auszuüben? Erin mußte mehr wissen, ehe sie Al García von ihrer eigenen Rolle als Beteiligte erzählen konnte. Der Richter war ihre deutlichste Spur, aber auch die riskanteste.
Erin täuschte einen Vorstoß in die zu erwartende Richtung an. »Ich würde Ihnen gerne meine Sicht des Falles darstellen.«
»Das haben Sie bereits getan«, erwiderte der Richter, »im Gerichtssaal.«
Eine Serviererin brachte einen frischen Drink, den der Richter sehnsüchtig betrachtete. Aber er trank nicht davon. Erin fragte sich, ob Shad ihn wie üblich präpariert hatte.
»Dank Ihnen«, sagte sie, »befindet sich meine Tochter in der Obhut eines unverbesserlichen Gauners.«
»Aus den Akten geht etwas Derartiges nicht hervor.«
»Die Akten wurden gesäubert, Euer Ehren. Darrell Grant ist ein bezahlter Informant des Sheriff’s Office, und Sie wissen das. Sein Vorstrafenregister wurde gelöscht.«
Als er nervös in der dunklen Nische herumrutschte, wirkte der Richter auch nicht annähernd so imposant wie im Gerichtssaal. Hier im Eager Beaver war er nur ein geiler alter Knacker mit unmöglichen Phantasien.
Erin sagte: »Mein Ex-Mann handelt mit gestohlenen Rollstühlen. Er benutzt unsere Tochter als Komplizin.«
Der Richter erwiderte, er bilde sich seine Meinung anhand der bekannten Fakten des Falls; so laute nun mal das Gesetz. »Aber es trifft auch zu, daß eine Entscheidung revidiert werden kann.« Er ließ die Eiswürfel im Uhrzeigersinn im Bourbon kreisen. »Würden Sie auf meinem Tisch tanzen?«
»So etwas tue ich nicht.«
»Die anderen tun es.«
»Ich nicht«, sagte Erin.
»Dann vielleicht etwas anderes?« Der Richter umklammerte das Glas mit beiden Händen, als sei es
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